Читать книгу Außensteuergesetz Doppelbesteuerungsabkommen - Katharina Becker - Страница 29
II. Sinn und Zweck der Vorschrift
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Nach der RegierungsBegr[10] zum AStG-Gesetzesentwurf von 1971 sollte mit § 1 als innerstaatliche Rechtsnorm die im MA und in allen modernen DBA vorgesehene Möglichkeit zur Gewinnberichtigung ausgefüllt werden. Der Gesetzgeber sah durch int verflochtene Unternehmen die Gefahr verursacht, dass diese durch die Vereinbarung von Bedingungen innerhalb ihrer gegenseitigen Geschäftsbeziehungen Gewinne in den ausl Unternehmenskreis abspalten könnten und damit die Gewinne der dt Besteuerung entziehen könnten. Die in solchen Fällen eintretende Minderung der dt Steuer führe zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem dt Markt, die nicht länger hingenommen werden könnten.[11] Der Gesetzgeber führt weiter aus, die Notwendigkeit, solche Gewinnverlagerungen zu korrigieren, sei im int Steuerrecht seit jeher anerkannt. So sähen das MA zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und ihm folgend alle modernen DBA Gewinnberichtigungen vor, wenn innerhalb international verflochtener Unternehmenskreise Geschäftsbedingungen vereinbart würden, die von dem zwischen fremden Dritten abwichen. Diese Sicherungsklauseln des int Vertragsrechts bedürften jedoch nach herkömmlicher Auslegung der Ausfüllung durch innerstaatliche Rechtsnormen, wie sie in vielen Ländern bereits bestünden.[12] Nach geltendem dt Steuerrecht könnten zwar gewisse Gewinnverlagerungen korrigiert werden, es fehle jedoch an einem umfassenden Rechtsmaßstab für eine Regulierung des Gesamtbereichs der int Gewinnverschiebungen. In Übereinstimmung mit dem Vorschlag der Steuerreformkommission führe der Gesetzesentwurf in Anlehnung an das MA in seinem § 1 eine Regelung für die Gewinnberichtigung bei int verbundenen Unternehmen ein. Damit werde das dt Steuerrecht an die Konzeption anderer moderner Steuerrechtsordnungen sowie des int Steuerrechts herangeführt.[13]
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Die im MA kodifizierte Sicherungsklausel, die eine Gewinnberichtigung ermöglicht, findet sich in Art 9 Abs 1 MA. Die Vorschrift beinhaltet Regelungen über die int Einkunftsabgrenzung unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes – Dealing-At-Arm`s-Length (vgl Art 9 MA Rn 27 ff). Das MA definiert in Art 9 Abs 1 zunächst die Voraussetzungen, unter denen verbundene Unternehmen iSd Abkommenrechts vorliegen; in einem zweiten Schritt wird mit dem Fremdvergleichsgrundsatz der Maßstab bestimmt, dessen Nichtbeachtung zu einer Verrechnungspreiskorrektur führt.[14] Der Fremdvergleichsgrundsatz dient mithin auf int Ebene als Maßstab für die Einkunftsabgrenzung zwischen int verbundenen Unternehmen.
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Der Fremdvergleichsgrundsatz soll durch Einf des § 1 auch im innerstaatlichen Recht abgesichert sein. Diese Auffassung vertritt jedenfalls die FinVerw.[15] Zu Recht wird in der Lit[16] darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber „dieses Ziel aber nur hätte erreichen können, wenn der Dealing-At-Arm's-Length-Grundsatz (vgl Art 9 MA Rn 27 ff) für alle Einkünftekorrekturvorschriften als einheitlicher Einkünftekorrekturmaßstab eingeführt worden wäre“. Neben der Einkünftekorrekturmöglichkeit in § 1 AStG existieren jedoch weitere Korrekturmöglichkeiten. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insb die verdeckte Gewinnausschüttung in § 8 Abs 3 S 2 KStG und die verdeckte Einlage (§ 5 Abs 6 EStG, § 6 Abs 1 Nr 5 und Abs 6 EStG iVm § 4 Abs 1 EStG). Die Unterschiede werden auf der Rechtsfolgenseite deutlich. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist regelmäßig mit dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) zu bewerten,[17] der jedoch regelmäßig dem Fremdvergleichspreis entspricht;[18] die Bewertung der verdeckten Einlage hat gem A 40 Abs 4 S 1 KStR[19] grds mit dem Teilwert zu erfolgen. Für § 1 AStG ist der Fremdvergleich maßgebend. Vor dem Hintergrund, dass die meisten Einkünftekorrekturen nach den Regelungen über die verdeckte Gewinnausschüttung und nach den Regelungen einer verdeckten Einlage vorgenommen werden,[20] hat der Gesetzgeber sein Ziel durch die Einf von § 1 AStG im Jahr 1972 weitgehend verfehlt.
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In diesem Kontext ist auch die neuere Rechtsprechung des BFH[21] von Bedeutung. In insgesamt drei Entscheidungen engte der BFH den Anwendungsbereich von § 1 ein. Seine Auffassung sieht der I. Senat des BFH durch Art. 9 MA entsprechenden Regelungen in den anzuwendenden DBA begründet. Danach ist eine Korrektur nach § 1 nur angezeigt, wenn der vereinbarte Preis seiner Höhe also seiner Angemessenheit nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhält. Dafür sollen nur die Geschäftsbedingungen in Frage kommen, welche die Qualität haben, die Verrechnungspreise im Fremdvergleich in der Höhe zu beeinflussen. In den entschiedenen Fällen stand die steuerrechtliche Behandlung von konzerninternen Darlehen, die jeweils ohne Besicherung gewährt wurden und in späteren Veranlagungszeiträumen teilwertberichtigt wurden, im Streit. Zwar erkannte der BFH, eine fehelende Darlehenssicherung, bzw die Risiken daraus gehörten zu den beachtenden Bedingungen iSv § 1; erforderlich sei aber, dass sie tatsächlichen Einfluss auf die Höhe der Leistungsbedingungen nehmen und dieses Erfordernis sei bei Leistungsbeziehungen im Unternehmensverbund durch einen bestehenden Konzernrückhalt nicht gegeben. Durch den Konzernrückhalt sei eine Kompensation – hier ein höherer Zins wegen der fehlenden Besicherung – entbehrlich, solange der beherrschende Gesellschafter die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft sicherstelle. Die Finanzverwaltung[22] hat auf zwei der Entscheidungen mit einem Nichtanwendungserlass reagiert.
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Einen weiteren, von Grund auf anderen Zweck hat die Vorschrift durch die innerstaatliche Umsetzung des AOA erfahren: Entsprach es bisher dem Grundsatz, dass grenzüberschreitende Innentransaktionen steuerlich unbeachtlich sind, wird nunmehr in § 1 Abs 5 mit den von der OECD übernommenen AOA-Regelungen eine bedeutsame Ausnahme davon geregelt.[23] Nach dem Gesetzesentwurf des BR[24] zum Jahressteuergesetz 2013 ist es notwendig, in § 1 die Rechtsgrundlage für die uneingeschränkte Anwendung des international anerkannten Fremdvergleichsgrundsatzes zu schaffen. Damit verfolgt der Gesetzgeber den Zweck, „die Besteuerung grenzüberschreitender Vorgänge im Hinblick auf die Gewinnabgrenzung bzw Gewinnverteilung klar und für alle Investitionsalternativen (Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Betriebsstätten) einheitlich zu regeln.“ Anzuwenden ist § 1 Abs 5 sowohl auf die Aufteilung der Gewinne zwischen einem inländischen Unternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte wie auch auf die Aufteilung der Einkünfte einer inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens.
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Die Geschäftsbeziehung einer Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft zu ihrem Gesellschafter oder Mitunternehmer wird dagegen nicht von § 1 Abs 5 sondern von § 1 Abs 1 S 2 erfasst, da sich in diesen Fällen – so wie bei sich nahestehenden Kapitalgesellschaften – selbstständige Rechtsträger gegenüberstehen.[25]