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Abschalten

»Nora war dein Name, stimmt‘s? Komm ma her!«

Der Typ, der sich mir vorhin als Rob vorgestellt hatte, zog mich auf seinen Schoß. Ich wehrte mich nicht. Dafür war ich schon zu vollgedröhnt. Er reichte mir ein Glas mit bernsteinfarbener Flüssigkeit und ich nahm es dankbar entgegen. Gierig trank ich davon. Das leere Glas, in dem sich nun nur noch zwei Eiswürfel klackernd hin und her bewegten, stellte ich hinter uns auf den Tresen.

Rob schlang den Arm um meine Taille und winkte seine beiden Freunde zu uns. Ein Pärchen. Emma und Mike hießen sie, glaube ich. Sie waren die letzten Stunden nonstop auf der Tanzfläche gewesen und hatten sich zu Electro-Beats bewegt. Nun waren sie verschwitzt und Emmas Make-Up verschmiert, doch ihre Augen waren wach und zeigten die größten Pupillen, die ich je gesehen hatte. Sie wollten weitertanzen. Wir waren einfach alle viel zu gut drauf und hatten viel zu viel Energie, um still sitzen zu bleiben.

»Willste noch‘n bisschen was, Baby?«, raunte mir Rob ins Ohr und ich nickte. Mir war durchaus klar, dass er mit mir flirtete, aber nichts war umsonst und mir war es egal. Hier in diesem düsteren Club störte es niemanden, dass man sich einfach mal vor aller Augen was reinzog. Rob zauberte ein Tütchen Stoff hervor. Emma kramte einen kleinen Spiegel aus ihrer Handtasche und Rob präparierte eine schöne Linie weißes Pulver. Er reichte mir den Spiegel und ein kleines Röhrchen. Ich sog alles ohne zu zögern rein. Rob sniefte ebenfalls eine riesige Portion weg und reichte alles an Emma weiter, die sich dann auch noch etwas gönnte. Mike verzichtete kopfschüttelnd. Er hatte bereits genug, sagte er. Wir alle hatten bereits mehr als genug. Das sagte mir mein Verstand. Aber der hatte keine Priorität mehr. Ich fühlte mich wohl hier. Ich konnte mich dunkel daran erinnern, schon früher manchmal an diesem Club vorbeigelaufen zu sein. Früher hatte ich wegen der seltsamen Gestalten und der lauten Musik, die man selbst draußen hören konnte, Angst gehabt. Jetzt war das anders. Die düstere Stimmung, das Strobolicht, der Kerl hinter mir, das schöne Gefühl in meinem Kopf, meine tauben Glieder, all das war wie eine warme Decke, die mich einhüllte und alles, was mich traurig machte, einfach draußen ließ. Außerhalb der Decke. Ich hatte ein Lächeln im Gesicht und saß mit geschlossenen Augen einfach nur da. Der Flash kam und ich war glücklich.

Einige Minuten später – oder waren es Stunden? – verließen wir den Club und fuhren weiter. In den nächsten Club? Kneipe? Disko? Tankstelle? Es war mir egal. Doch leider ließ der Rausch langsam nach und trübe Stimmung machte sich breit. Ich brauchte dringend demnächst Nachschub, sonst wäre die Party für mich vorbei. Ich kuschelte mich in den Rücksitz und überlegte, ob ich kurz die Augen schließen sollte, aber ich bezweifelte, dass das klappen würde. Zu viel Kokain zum Schlafen, zu wenig, um ekstatisch zu sein. Mike saß vor mir, lenkte mit einer Hand und stellte das Radio alle paar Sekunden auf einen anderen Sender. Neben ihm auf dem Beifahrersitz saß Emma, die ständig an ihm herumfummelte. Wahrscheinlich würden sie gleich während der Fahrt noch vögeln. Ich grinste und musste kichern. Rob neben mir lachte mit.

»Was is so lustig?«, fragte er und legte eine Hand auf meinen Oberschenkel.

»Nichts«, gab ich zu, denn es war ja auch absolut gar nichts wirklich lustig. Eigentlich war das alles wirklich schlimm und traurig und echt bitter.

Aber es war mir egal.

Noch.

Ich drehte meinen Kopf und lehnte meine Stirn gegen die kühle Scheibe. Was genau machte ich hier eigentlich? Was war nur los mit mir? Und warum dachte ich genau jetzt darüber nach? Ich brauchte dringend noch ‚ne Line, um wenigstens noch ein paar Stunden Ruhe zu haben. Morgen würden mich die störenden Gedanken noch früh genug in den Wahnsinn treiben. Und das schlechte Gewissen. Und natürlich Jan. Nein! Da war er wieder. Kaum ließ die Dröhnung nach, war er wieder da. Ich fuhr mir resignierend mit dem Handrücken über die Augen und seufzte. Hatte ich wirklich nur diese eine Wahl? Konnte ich ihn denn nur vergessen, indem ich mir selbst so schadete?

In diesem Moment hörte ich die quietschenden Reifen eines nahenden Autos und schaute auf. Darauf folgten Schreie und einen Knall.

Dann war da nichts mehr.

Geballte Ladung Liebe - Katharina Wolf Sammelband

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