Читать книгу Kuss der Wölfin Sammelband 2 | Teil 4 & 5 | Krieger der Dunkelheit & Im Schatten des Mondes - Katja Piel - Страница 12

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Kapitel 4

Riley hielt seine Karte vor den Scanner, schob die schwere Stahltür auf und betrat die Tiefgarage. Hinter sich hörte er, wie sie sich wieder schloss. Er ging auf seinen Audi zu, den er mit seiner Fernbedienung von Weitem öffnete. »Keine Bewegung!« Erschrocken schnappte er nach Luft, wirbelte herum und legte seinen Arm um den Nacken des Angreifers, der sich mit einer geschickten Bewegung aus seinem Zugriff wand und nun breitbeinig vor ihm stand. »Gute Reflexe, Kumpel.«

»Grüß dich, Tamus. Kannst du dich nicht ganz normal nähern?« Riley grinste angespannt und gab ihm einen Klaps auf die Schulter. »Normal ist ja langweilig«, erwiderte Tamus breit grinsend. »Lange nichts gehört. Ist Anna wieder in Deutschland?« »Seit ein paar Wochen. Ist ruhig seitdem. Wieso bist du nicht vorbeigekommen? Sie hätte sich sicher gefreut.« Tamus zuckte mit den Schultern. »Nee, ist ok. Ich hatte da noch eine Verabredung in Kanada. Außerdem waren Rosa und Mattis da.« Tamus öffnete die Beifahrertür und ließ sich in das weiche Leder sinken. Riley warf einen Blick auf seinen Freund. Mit seinen rotblonden Haaren und den vielen Sommersprossen entsprach er nicht dem sexy Mann von Welt, aber er musste etwas Außergewöhnliches an sich haben, denn die Frauen standen auf ihn. Charisma? Vielleicht lag es auch daran, dass er ein Gestaltwandler war, so wie Anna. Tamus und er kannten sich schon lange. Vor über fünfzehn Jahren hatte Tamus ihm den Arsch gerettet, als Riley auf der Jagd nach Werwölfen gewesen war. Zunächst hatte Riley ihn einfach umnieten wollen, weil er zwar von dem Abkommen mit den Wulfen wusste, aber noch zu jung war, um einen Gestaltwandler von einem Werwolf zu unterscheiden. Aber Tamus hatte ihn angefleht, ihn am Leben zu lassen, und ihm den Unterschied erklärt. Man könne es an den Augen sehen. Und Riley verdankte ihm sein Leben. Seitdem waren sie die besten Freunde, die sich auch schon das eine oder andere Häschen im Bett geteilt hatten. Alle paar Wochen machten sie gemeinsam einen drauf. »Was wollen wir unternehmen?«, fragte Riley, schnallte sich an und manövrierte den Wagen aus der Parklücke. »Hab Lust auf ein paar Guinness und Gequatsche, alter Freund. Wir haben uns lange nicht gesehen und du musst mir alles erzählen.«

»Dann gehen wir zum Pub ein paar Straßen weiter. Ist heute After Work Party. Da gibt’s ein paar Bürohäschen zum Gucken und Happy Hour. Hmmm«, machte Riley. »Ja - und kurze Röckchen mit Strapsen«, sagte Tamus. Riley hielt seine Karte an den Leser neben der Schranke und wartete, bis sie sich öffnete. »Logo, mit Strapsen. Was denkst du denn?« Sie grinsten anzüglich und Riley lenkte den Wagen die Rampe hinauf ins Freie.

Sie hatten Glück und bekamen in der Nähe einen Parkplatz. Vor dem Pub standen bereits Banker, IT-Verkäufer und Sekretärinnen unter Heizpilzen, rauchten und unterhielten sich lautstark gegen die Musik an, die von innen kam. »Coole Weiber«, raunte Tamus ihm zu. Riley nickte, obwohl die Frauen hier ihn wenig faszinierten. Es war ein anderes Gesicht, das er seit Wochen nicht mehr aus dem Kopf bekommen konnte. Das würde er Tamus natürlich niemals erzählen. Diese Augen, der Körper, die Lippen. Ihre ganze Art hatte ihn fasziniert, magisch angezogen. Normalerweise gab es kaum Frauen, die nicht auf Riley standen. Mit seinen fast schwarzen, raspelkurzen Haaren, den smaragdgrünen Augen und den Grübchen, die entstanden, wenn er lächelte, bekam er jede Frau ins Bett. Nur bei dieser einen schien sein Charme abzuprallen. Und nun war sie wieder in Deutschland und er hier, und wenn er Pech hatte, würde er sie niemals wiedersehen. Vor einigen Tagen hatte er im verschlüsselten Venatio Computernetzwerk nach ihr gesucht und sie tatsächlich gefunden. Er hatte ihr eine Nachricht übermittelt, aber sie hatte nicht darauf reagiert.

Riley schnappte nach Luft, als Tamus ihm in die Rippen boxte. »Ey, Mann. Du hörst mir gar nicht zu«, rief er ihm laut zu. Sie waren mittlerweile im Pub angekommen und kämpften sich durch die Menge in Richtung Bar. »Ja, wie denn auch? Ist dir die Geräuschkulisse aufgefallen?« Riley quetschte sich neben ihn an die Bar. »Zwei Bier«, bestellte Tamus und wandte sich an ihn. »Komm schon. So laut ist es wohl auch nicht. Jetzt erzähl doch mal. Wie sieht sie mittlerweile aus, die Anna?« Riley hob die Schultern. Wie hatte sie ausgesehen? Als ob er sich noch an Anna erinnern konnte, wo doch da …

»Danke. Hier, dein Bier. Komm lass uns erstmal anstoßen, und dann suchen wir uns einen Platz.« Tamus reichte ihm einen Krug und prostete mit seinem zu. Schließlich nahm er einen großen Schluck. »Tut verdammt gut, dich wieder zu sehen, Riley«, sagte er und ließ seinen Blick über die Menge schweifen. »Ich glaube, wir kriegen hier keinen Platz. Bleiben wir einfach hier stehen, was meinst du? Und jetzt erzähl doch endlich mal. Wie geht es ihr? Und Rosa und Mattis. Ich will alles wissen.«

Tamus fragte und redete in einer Tour und plötzlich wollte Riley nur nach Hause. Die Leute gingen ihm auf die Nerven. Die Gesichter waren nichtssagend, die Musik langweilig. Genervt trank er von seinem Bier, hätte lieber ein Glas Rotwein gehabt, würde lieber vorm Kamin liegen mit ihr. Sie kennenlernen, mit ihr reden, sie streicheln…

»Sag mal, Riley. Was ist eigentlich los mit dir? Du bist so still«, unterbrach Tamus seine Gedanken. Riley versuchte sich an einem Lächeln. »Nichts. Alles gut. Du wolltest wissen, wie es Anna geht? Wir haben uns nicht lange gesehen, es war alles sehr hektisch. Sie hat einen Freund.« Tamus hob interessiert die Braue, eine stumme Aufforderung, weiter zu erzählen. »Rosa geht es gut und Mattis habe ich gar nicht kennengelernt. Ist das ihr Freund?«, fragte er. »Ob sie mittlerweile zusammen sind, weiß ich nicht. Mattis war jedenfalls damals auch bei den Wulfen in Deutschland. Die Drei hingen ein paar Mal miteinander ab ... Das Bier treibt. Ich bin mal kurz auf der Toilette.«

Riley folgte ihm mit den Augen und beobachtete, wie eine dickliche junge Frau etwas Bier auf sein Hemd schüttete. Sie war knallrot angelaufen, die anderen Leute, die mit ihr am Tisch standen, lachten laut, sogar so laut, dass Riley es hören konnte. Tamus lächelte freundlich, winkte ab und redete noch ein paar Worte mit ihr. Schließlich kämpfte er sich durch die Menge weiter zu den Toiletten durch. Riley trank von seinem Bier und hing seinen Gedanken nach, bis Tamus wiederkam.

»Ach du Scheiße. Guck mal da, das Mädchen da vorne, das dich vorhin bekleckert hat. Sie wird von ihren Freundinnen geärgert. Echt mies,« stellte Riley fest und deutete mit dem Krug auf einen Stehtisch, an dem mehrere Leute standen. Die kleine, dickliche, junge Frau von vorhin saß auf einem Hocker, fühlte sich sichtlich unwohl, hatte den Blick gesenkt und war knallrot im Gesicht. Tamus sah lange zu ihr hinüber. »Ich finde sie hübsch. Es war ihr total unangenehm. Die Deppen an ihrem Tisch haben sich über sie lustig gemacht.« Riley starrte ihn ungläubig an. Fast erwartete er, Tamus würde lachen oder genau das Gegenteil sagen, aber er sah noch immer zu ihr hinüber. »He, Tamus, alles klar? Was ist passiert da oben in Kanada? Stehst du jetzt auf Speck auf den Rippen? Dir konnten die Frauen nie dürr genug sein.« Langsam drehte sich sein Kumpel um. »Sie hat etwas tief in sich. Etwas, das mich…«, er kratzte sich an der Nase, nahm noch einen Schluck und sah Riley aus seinen grünbraunen Augen an. »Was mich fasziniert.« Plötzlich stand die Frau auf, knallte ihr Glas auf den Tisch und quetschte sich durch die Massen. Riley konnte Tränen in ihrem Gesicht glitzern sehen.

***

Seit einigen Wochen war Mandy nun nicht mehr zur Arbeit erschienen. Auch telefonisch war sie nicht mehr erreichbar. Keine SMS, kein Anruf, kein gar nichts. Tessa sah bei ihr zu Hause vorbei, doch sie war nicht da. Sie rief in Krankenhäusern an, doch Mandy war nicht eingeliefert worden. Sie gab eine Vermisstenmeldung auf, doch niemand meldete ihr einen Fund. Mandy war ihre beste Freundin und außer Tessa hatte Mandy niemanden. Nicht mal mehr Verwandte lebten.

Wenn sie nun in irgendeinem Keller vor sich hin vegetierte? In der Gewalt eines gewalttätigen Irren? Veronika, die Inhaberin des Call Centers »Call 4u«, war natürlich stinksauer, denn Mandy hatte sich auch hier nicht gemeldet.

Schließlich bekam Tessa die Mail, dass man sich heute Abend zum After Work im Pub’nTasty treffen würde. Janice und Ronny hatten so lange auf sie eingeredet, bis Tessa nachgegeben hatte. Und jetzt wäre sie am liebsten woanders, denn wenn sie geglaubt hatte, man hätte sie mitgenommen, um sie kennenzulernen, hatte sie sich getäuscht. Sie war wohl dazu da, um die anderen besser aussehen zu lassen. Auf ihre Kosten wurden dämliche Witze gemacht. Natürlich zu Beginn nicht gegen sie direkt. »Guckt mal, die da hinten. Die ist so schlank wie ein Reh, oder wie heißt schon wieder das graue Tier mit dem Rüssel?« Tessa konnte darüber nicht lachen.

Sie schob ihr Bierglas hin und her und wollte gerade aufstehen, um auf Toilette zu gehen, als neben ihr jemand vorbei huschte und Bier auf sein Hemd kam. Sie hob die Hand und verschüttete einen großen Schwall auf ihr eigenes T-Shirt. »Mist!«, rief sie aus, spürte, wie die Hitze in ihren Kopf stieg und blickte den Typen an, als erwartete sie gleich einen Anschiss. Ihre Kollegen lachten so laut, dass Mandy sich am liebsten die Ohren zugehalten hätte. »Oh Fuck! Sorry, tut mir leid«, stammelte sie und wollte mit einer Serviette das Malheur an seinem Hemd beseitigen. »Hey, kein Problem. Ist doch nur Bier. Kann man ja waschen.« Er funkelte sie an, zwinkerte und lächelte. Hübscher Kerl. »Ja aber das klebt doch wie verrückt«, sagte Tessa und hatte das Gefühl, ihr Kopf würde gleich platzen, so rot musste sie sein. Das Gelächter schwoll an und der hübsche Kerl starrte mit einem bösen Blick zu ihren Kollegen hinüber. »Kein Ding, ehrlich nicht. Tut nicht weh, ich kann noch stehen, also alles okay«, sagte er freundlich, drehte sich um und kämpfte sich durch die Menge zu den Toiletten. »Hey Tess. Magst du ein T-Shirt von mir?« Ihre blonde, gutaussehende Kollegin stieß ihr in die Seite, so dass sie sich wieder zu ihnen umdrehte. »Ach, so ein Mist aber auch. Das wird dir ja nicht passen«, sagte sie hochmütig, und wieder lachte der ganze Tisch. Tessa hob den Blick, weil sie das Gefühl hatte, jemand starre sie an. Als sie den Blick des Schwarzhaarigen sah, blickte sie schnell weg. Tessa rutschte unruhig hin und her. Ihr wurde heiß und ein eindeutiger Geruch verriet ihr, dass ihr Deo versagt hatte. »Sag mal, riecht ihr das?«, rief Ronny lautstark in die Runde. Dann schnüffelte er wie ein Hund an ihr, schreckte zurück und hielt sich die Nase zu. »Äääh, Tessa! Ist ja ekelhaft! Hast du keine Dusche zu Hause?«

Heiße Tränen stiegen ihr hoch und liefen die Wangen hinab. Sie wusste, wenn sie jetzt aufstünde, würde der Hocker zunächst an ihr hängenbleiben, also rutschte sie hin und her. »Mann, jetzt halt ruhig, dein Gestank ist ja widerlich.« Ronny entfernte sich demonstrativ von ihr. »Ihr seid so scheiße und armselig!«, schrie sie in die Runde, hob sich aus dem Hocker und drängelte sich durch die Menge. Das laute Gelächter verfolgte sie bis auf die Straße. Tränen rannen ihr übers Gesicht, so dass sie blind über den Gehweg stolperte. Es war ihr egal, dass sie dabei immer wieder jemanden anrempelte und wüste Beschimpfungen erntete. Sie wollte nur weg. Nach Hause.

»Hey. Alles klar?« Tessa sah nicht auf, hielt den Kopf gesenkt und wollte weitergehen, doch jemand hielt sie am Arm fest. »Lass mich los. Sofort.« Mutiger als sie war, versuchte sie sich loszureißen, doch ihr Arm steckte in dem Griff fest wie in einem Schraubstock. Sie blinzelte, blickte auf und staunte.

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