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1.4.9. Humor bei Evagrios

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Ein anderer Aspekt, der die Lehre des Evagrios begleitet, ist der Humor. Dieser Aspekt gehört auch zur Arbeit mit dem Enneagramm oder ist zumindest bei einigen Enneagrammatikern ein bewusster Aspekt des Umgangs mit Menschen in ihrer Arbeit mit dem Enneagramm.

Wenn man die Beschreibungen einiger Erscheinungsmerkmale der Leidenschaften bei Evagrios liest, ist es viel leichter, wenn man sich vorstellt, dass das alles mit einer gewissen Leichtigkeit getragen wird. Auf ähnliche Weise beschreibt Zander, was Humor nach seiner Meinung bedeuten könnte, nämlich dass „aufgeklärter Spott den göttlichen Dingen besser bekommt als esoterische Anstauung“246. So finden wir bei Evagrios viele Beschreibungen des Mönches, die nicht so ernst erscheinen, obwohl die dahinter stehende Lehre doch für den geistlichen Weg des Mönches unverzichtbar ist. Bunge beschreibt diese Eigenschaft des Evagrios folgendermaßen:

[Es] bedarf wirklich keines besonderen Scharfsinnes, um in diesen, z.T. orts- und zeitgebundenen, manchmal recht humorvollen und gelegentlich fast karikaturistisch anmutenden Skizzen des Mönchs- und Eremitenlebens den allgemeinen menschlichen Untergrund wiederzuerkennen. Manche dieser Karikaturen werden den Leser unmittelbar zum Lachen reizen – und das ist eben ihr Sinn. Denn wer lacht, weiß sich ertappt und hat damit seine eigene Schwäche bereits erkannt.247

In der nachfolgenden Ausführung Bunges kann man deutlich erkennen, wie Evagrios eine Person beschreibt, die mit der Trägheit kämpfen muss: Es entsteht ein karikaturistisches Bild. In seinem Werk „Tractatus de octo spiritibus malitiae“ schreibt Evagrios Folgendes:

Das Auge des Überdrüssigen beobachtet häufig die Fenster und sein Geist stellt sich die Besucher vor. Die Türe hat geknarrt – und er ist aufgesprungen. Er hat eine Stimme gehört – und aus dem Fenster gespäht, und er geht von dort nicht weg, bis er, lahm geworden, sich setzt. Beim Lesen gähnt der Überdrüssige oft, und leicht versinkt er in Schlaf. Er reibt sich die Augen und streckt die Arme aus und wendet die Augen vom Buch ab; er starrt die Wand an, kehrt wieder ein wenig zur Lektüre zurück, und indem er (das Buch) durchblättert, vergeudet er seine Zeit mit den Schlussworten. Er zählt die Seiten, bestimmt die (Zahl der) Hefte, bemäkelt die Schrift und die Ausstattung, schließlich klappt er das Buch zu, legt den Kopf darauf und verfällt in einen nicht sehr tiefen Schlaf, denn der Hunger weckt schließlich seine Seele wieder auf, und sie geht (wieder) ihren eigenen Sorgen nach.248

Diese Leichtigkeit und der Humor können gerade für das Enneagramm sehr hilfreich sein, weil es dadurch nicht in die Gefahr der ‚esoterischen Anschauung‘249 gerät, sondern gnädig und menschlich bleibt. Für Thomas Laubach ist es dies, was Glaube und Humor verbindet: Sie machen es möglich, Distanz zur Welt zu haben, aber gleichzeitig in der Welt zu leben.250 In ähnlicher Weise schreibt Wilfried Härle:

Glaubende sind dessen gewiss, dass die Entscheidung über das Scheitern oder Gelingen ihrer Existenz letztlich nicht von ihren eigenen Anstrengungen und Bemühungen abhängt, sondern von dem, was ihnen von Gott her zugedacht ist und zuteil wird. Das nimmt dem eigenen Handeln nicht seine Wichtigkeit, wohl aber seine Verbissenheit und befähigt zu […] Leichtigkeit und Gelassenheit, ja zu dem Humor des Glaubens.251

Für die Seelsorge ist diese Eigenschaft wichtig. Denn nach John Reid gehört es zum Menschsein, Humor zu haben und über sich lachen zu können. Dies hilft, sich selbst gegenüber kritisch zu bleiben und sich davor zu hüten, sich zu wichtig zu nehmen und als unfehlbar zu betrachten. Humor richtet sich also gegen die Selbstgerechtigkeit.252

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