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A. Anspruch aus betrieblicher Übung

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Aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt sich kein Anspruch. Der Anspruch könnte sich aber aus betrieblicher Übung ergeben. Nach Ansicht des BAG ist unter einer betrieblichen Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer folgern dürfen, dass ihnen eine bestimmte Leistung auf Dauer zugewandt werden soll. In einem solchen Verhalten sei ein Vertragsangebot an die Arbeitnehmer zu sehen (sog. Vertragstheorie). Maßgeblich sei dabei nicht der Verpflichtungswille des Arbeitgebers, sondern dass die Arbeitnehmer als Erklärungsempfänger das Verhalten des Arbeitgebers gem. §§ 133, 157 BGB als Ausdruck eines Verpflichtungswillens verstehen durften. Daher muss im Wege der Auslegung ermittelt werden, ob die Arbeitnehmer davon ausgehen durften, die Leistung werde in Zukunft weiter gewährt, oder ob sie annehmen mussten, die Leistung werde nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur für eine bestimmte Zeit erbracht werden.[16]

Exkurs/Vertiefung: Gegenstand einer betrieblichen Übung können auch andere Vergünstigungen als Geldleistungen wie z. B. die Gewährung von zusätzlichem Urlaub zu speziellen Anlässen (z. B. Karneval, Pfingsten) sein.

Das Vertragsangebot des Arbeitgebers werde von den Arbeitnehmern konkludent angenommen. Auf den Zugang dieser Annahmeerklärung könne gem. § 151 S. 1 BGB nach der Verkehrssitte verzichtet werden.

Dabei geht das BAG in stetiger Rechtsprechung davon aus, dass für jährlich an die gesamte Belegschaft gezahlte Gratifikationen die Regel bestehe, dass durch dreimalige vorbehaltlose Zahlung eine betriebliche Übung begründet werde.[17]

Nach der in der Literatur[18] vertretenen sog. Vertrauenstheorie werde die Verpflichtung des Arbeitgebers durch das bei den Arbeitnehmern geweckte Vertrauen begründet. Gem. § 242 BGB dürfen die Arbeitnehmer darauf vertrauen, dass die Leistung auch in Zukunft weiter gewährt werde.

Der Streit über die dogmatischen Unterschiede in der Begründung braucht nicht entschieden zu werden, wenn beide Ansichten zu demselben Ergebnis kommen.

G gewährte der Belegschaft seines Betriebs seit dem Jahr 2009 jeweils 1000,– € Weihnachtsgeld, ohne dass er dabei Vorbehalte abgegeben hätte. Erst 2014 erfolgte eine einschränkende Erklärung anlässlich der Auszahlung. Schon 2010 war jedoch nach den Anforderungen, die das BAG stellt, eine betriebliche Übung entstanden. Nach der Vertrauenstheorie ergibt sich kein anderes Ergebnis.

Damit ist ein Anspruch des R auf Zahlung von Weihnachtsgeld i. H. v. 1000,– € entstanden.

Klausurenkurs im Arbeitsrecht I

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