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Blanche hielt den Luftballon und einen Hasen aus Stoff in der Hand. Um ihre roten Lippen spielte sich ein Lächeln, während sie am Pier entlang schlenderten, wo sich gerade ein Jahrmarkt befand. Tate rümpfte die Nase. „Hätte ich meine Dienstwaffe dabei, hätte ich die Dinger locker alle weg gepustet.“
Blanche lachte, dabei verirrten sich dunkelblonde Strähnen in ihrem Gesicht. „Weißt du denn nicht, was man über Jahrmärkte sagt?“
„Man darf gerne seine eigenen Waffen mitbringen?“
„Tate.“ Sie stieß ihn lachend an. „Nein. Das allesamt Betrüger sind.“
Sie sah sich um, als wolle sie sicher gehen, dass sie keiner der nahe liegenden Stände gehört hatte.
Tate lachte auf. „Siehst du. Und du hast schon an meiner Zielsicherheit gezweifelt.“
Blanche schüttelte den Kopf. „Was das betrifft... also vorgestern, das war wirklich keine Glanzleistung.“
„Bitte?“ Tate sah sie entrüstet an. „Ich hätte dich treffen können.“
„Du hättest ihm ins Bein schießen können. Den Rest hätte ich dann gemacht.“
„Was denn? Damit du die Lorbeeren einsammeln kannst?“
„Oh.“ Blanche rollte mit den Augen. „Du hast ein ziemlich großes, ziemlich männliches – also, krankhaftes, Ego. Das weißt du, oder?“
„Na, ich bin eben der Größte“, sagte er scherzhaft großspurig.
Blanche schmunzelte. Sie erreichten einen Steg und spazierten gemütlich bis ans Ende. Dann lehnte sich Blanche über die Holzbalustrade der Brücke und blickte über das Wasser. Tate lehnte sich neben sie, mit dem Rücken an das Holz und legte den Kopf in den Nacken. Über ihnen kreisten einige Möwen. Blanche stieß ihn mit der Schulter an. Sie warfen sich einen Blick zu, dann lächelte sie. „Danke. Der Tag war wirklich schön.“
„Ich habe ihn auch sehr genossen.“
Blanche nickte. Dann wurde ihr Gesichtsausdruck nachdenklich. „Tate, versteh mich nicht falsch. Aber ich... ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Du bist so“, sie schien nach den richtigen Worten zu suchen, „sprunghaft? Woher kam dieser Sinneswandel?“
Tate drehte sich herum und kratzte sich am Hals. „Ich weiß nicht. Schätze, ich habe eingesehen, dass ich mich benommen habe, wie ein Idiot.“
„Und jetzt?“
„Sag du es mir?“ Tate zuckte die Schultern.
Blanche schmunzelte und streckte die Hand nach seinem Hemdkragen aus. „Ich glaube, ich hätte nicht minder Lust auf einen Nachtisch, bei dir zu Hause.“
„Warum bei mir?“
Blanche sah ihn schief an und schien schon wieder ein ungutes Gefühl zu bekommen. „Wieso nicht?“
Tate wurde rot und kratzte sich am Kopf. „Chaos.“
Sie lachte laut auf. „Gut, also zu mir.“
Blanche und Tate verbrachten die nächsten zwei Wochen gemeinsam. Mal waren sie bei ihr und wenn Tate aufgeräumt hatte, auch mal in seiner Wohnung. Hin und wieder kochte sie sogar für ihn, wenn er nach seinem Dienst noch zu Besuch zu ihr kam. Immer noch beschlich Tate immer wieder das schreckliche Gefühl, alles zu vermasseln. Er wollte es nicht kaputt machen, denn er mochte Blanche wirklich gerne. Sie war eine tolle Frau. Eigentlich genau der Typ, auf den er so stand und das nicht zuletzt, weil sie wirklich unglaublich gut aussah.
Aber sie war auch taff, stark, selbstständig und entschlossen. Letzteres führte hin und wieder zu kleinen Auseinandersetzungen, doch Tate gab sich Mühe, es daran nicht scheitern zu lassen. Als er sich mit den anderen zum monatlichen Pokerabend traf, war auch Gage aufgefallen, dass Tate in letzter Zeit auffällig häufig auf Achse war. Während alle anderen bereits in dieser Runde ausgestiegen waren, lugte Gage grinsend über seine Karten. „Du bist ziemlich schlecht im bluffen, weißt du?“
Tate schnaubte. „Du kannst von Glück reden, dass die letzte Karte kein Pick war.“
„Tatsächlich? Denn, wenn ich richtig rechne...“
Gareth schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Lass das mit dem rechnen lieber.“
Dale begann zu lachen. Gage lüpfte eine Braue. „Weißt du“, er erhöhte seinen Einsatz, „Aleah hat in letzter Zeit ziemlich häufig mit Blanche telefoniert.“
„Ehrlich?“ fragte Tate unverfänglich und ging mit. Dann nickte er Gage zu. „Zeigen.“
Gage kräuselte die Lippen und legte nicht mehr als einen Drilling auf den Tisch. Tate grunzte. „Flush.“
„Ah.“ Amaury lachte auf. „Wusste ich es doch.“
Gareth sah Gage kopfschüttelnd an. „So viel zum Thema bluffen, Junge. Was war das denn für ne Nullnummer?“
Gage schüttelte den Kopf und schob seine Karten zu dem restlichen Stapel. Dann beugte er sich vor und sah Tate wissend an. „Ihr datet euch wieder, stimmt´s?“
Tate zog eine Braue hoch. „Und das will sie Aleah erzählt haben?“
„Nein. Aber, dass sie verdächtig häufig nicht kann und am gleichen Tag im Kino war, wie du. Sonst nichts.“
Tate schmunzelte.
„Ehrlich?“ Dale sah ihn lachend an. „Also doch.“
„Abwarten. Es ist... locker. Wir wollen nichts überstürzen.“
„Ihr oder du?“ Dale mischte die Karten.
Aleah steckte den Kopf zur Tür herein. „Ist das wahr?“
Tate grunzte. „Aleah.“
„Ich wusste, da ist was im Busch“, trällerte sie. „Als ich sie zum Lunch getroffen habe, hat sie richtig gestrahlt.“
Tate holte tief Luft. „Mach keinen großen Wirbel darum.“
Aleah seufzte. „Keine Bange. Aber lass dir eines gesagt sein.“ Sie hob den Zeigefinger. „Spiel nicht mit ihr, oder dich trifft eine volle Wallung Hormone.“
Gage lachte. „Oh Mann, glaub mir, das willst du nicht.“
Er ging rasch in Deckung als eine Zeitung durch die Luft sauste. Amaury und Siljan lachten laut los. Es klingelte an der Tür. Dale sah auf die Uhr. „Das ist sicher Buck.“
„Ich gehe schon!“ rief Aleah, als sie bereits den Flur durchquerte. „Oh, Hi“, hörte man sie aufrufen.
Gleich darauf ertönten zwei weitere weibliche Stimmen und dazwischen Buck.
„Oh, mein Gott, Aleah. Sieh dich an“, ertönte Morgans Stimme. „Wow.“ Sie kicherte. „Du siehst aus, als würdest du fast platzen.“
Gage rollte mit den Augen und flüsterte. „Wisst ihr, was mir blühen würde, wenn ich so was sagen würde? Selbst nur im Spaß!“
„Ich bitte dich, Morgan hat das Feingefühl eines Ochsen. Das kannst du kaum vergleichen“, bemerkte Tate trocken. Siljan kicherte. Dann kamen Aleah, Buck, Morgan und Blanche in die Küche dazu. Blanche schmunzelte. Gage sah die Neuankömmlinge schief an. „Buck, deine Großzügigkeit in allen Ehren, aber diese hübschen Damen müssen dich doch ein Vermögen gek...Ah!“
Dale kniff ihn in den Arm. „So begrüßt man keine Damen.“
„Ach, war doch nur ein Witz.“ Gage rieb über die Stelle, an der er gekniffen wurde.
Morgan winkte ab. „Mach dir nicht die Mühe, Dale. Der Wurm wird es beim nächsten Training spüren.“
„Mal im Ernst, was treibt euch her?“ wollte Gage nun wissen.
Blanche zuckte die Schultern. „Wir waren in der Gegend und haben Buck am Shop getroffen. Der steckte uns dann, dass es hier gratis Bier gäbe.“
„Gratis Bier?“ Siljan schnaubte. „Nicht nur das.“
„Zufällig, ja?“ Gage sah Blanche misstrauisch an. Dann sah er zu Tate. Tate ahnte schon, was Gage dachte. Aleah bot den beiden Mädels Getränke an. Während sich Morgan zum Pokern dazu setzte, zogen sich Blanche und Aleah ins Wohnzimmer zurück. Erst einige Zeit später, als die Spieler eine Pause machten, gesellten sich auch die beiden anderen Damen mit nach draußen. Siljan war verrückt genug, den Grill noch mal anzuwerfen und Würstchen zu machen. Der Rest der Runde saß um den Gartentisch versammelt.
Blanche hatte sich gleich neben Tate gesetzt, doch es erleichterte ihn, dass sie keine offenen Anwandlungen andeutete. Wieder bekam er dieses seltsame Gefühl in der Brust, welches Beklemmungen in ihm auslöste. Als er aufstand und in die Küche ging, um sich was zu Trinken zu holen, folgte ihm Blanche. Tate holte eine Flasche Bier aus dem Kühlfach, dann nickte er Blanche zu. „Auch?“
„Nein, Danke.“ Sie lächelte und ging auf ihn zu. Gerade als sie die Arme um ihn legen wollte, wich er zurück und griff nach dem Flaschenöffner.
„Was hatten Morgan und du geplant?“ fragte er unverbindlich.
Blanche räusperte sich. „Eigentlich wollten wir in ne Bar. Football.“ Sie zuckte lächelnd die Schultern.
„Du und Football?“ Tate grinste. „Könnte mir gefallen.“
„Ja?“ Grinsend ging sie auf ihn zu.
Doch Tate zog sich erneut zurück und sah zu Tür. Blanche runzelte die Stirn. „Was ist?“
„Nichts, ich... finde es nur etwas unpassend.“
Blanche sah ihn mit hoch gezogener Braue an. „So, wie Gage mich eben schon angesehen hat, weiß er es bereits. Und Dale und Siljan haben ziemlich breit gegrinst, bei seinem Kommentar.“ „Ja, nur... trotzdem.“
Blanche reckte das Kinn. „Schämst du dich dafür?“
„Nein.“ Tate schnaubte. „So ist das nicht.“
„Wie dann?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
Tate atmete schwer. „Mach jetzt bitte keine Szene deswegen?“
„Szene?“ zischte Blanche und sah Tate entrüstet an. „Du sagst mir grade, dass ich dir gut genug für nette Abende bin, du aber vor unseren Freunden so tun willst, als sei nichts. Wirklich nett, Tate.“
Tate grunzte.
„Was denn?“ fuhr sie ihn an. „Sie wissen es doch schon. Was ist dein Problem, Tate?“
„Das ist mein Problem, Blanche. Genau das!“ Er deutete auf sie und schüttelte den Kopf.
Blanche stieß den Atem aus. „Du bist wirklich ein mieser Arsch.“
Wütend schnappte sich ihre Tasche. Aleah kam gerade langsam herein und sah die beiden fragend an. „Was ist los?“
„Nichts.“ Blanche schluckte und gab ihrer Freundin einen Kuss auf die Wange zum Abschied.
„Gehst du schon?“ Aleah sah zu Tate. „Aber was ist denn passiert?“
„Das, was wohl zu erwarten war.“ Blanche stampfte in den Flur.
Hinter sich warf sie die Tür zu. Aleah sah Tate fassungslos an. „Was hast du getan?“
„Wieso denn ich?“ Er schnaubte. „Immer bin ich der Sündenbock. Ich hab echt die Schnauze voll.“
Er stellte seine Flasche weg und schnappte sich seine Jacke. Aleah stieß den Atem aus. „Tate, warte... Tate!“
„Tate?“ Gage folgte ihm zur Tür hinaus.
Kaum das Tate seinen Wagen erreichte, holte ihn Gage ein. „Halt mal, was wird das?“
„Wieso bin ich eigentlich immer der Arsch?“
„Weil du dich grade benimmst wie einer. Was war denn das grade, mit Aleah?“
„Was das war? Sie kennt Blanche gerade mal ein Jahr und macht sich jetzt nicht mal mehr die Mühe, sich meine Seite anzuhören. Nein, sie schiebt mir gleich den schwarzen Peter zu. Nein danke.“
„Warte... was? Was ist denn los, Mann?“
„Vergiss es einfach.“ Tate stieg in seinen Wagen. „Tut mir leid. Ich bin raus für heute.“
Mit diesen Worten warf er die Wagentür zu und fuhr los. Gage konnte ihm nur wie vom Donner gerührt nach sehen. So aufgewühlt hatte er seinen Freund schon lange nicht mehr erlebt. Eigentlich hatte er wirklich die Hoffnung, dass es mit Blanche für Tate wieder Bergauf gehen würde. Das Tate mit dem Kapitel seiner Vergangenheit abschießen würde. Dass er die Sache mit Carly vergessen würde. Als sie damals verschwunden war, hatte das zweifellos etwas in Tate zerbrochen. Und langsam machte sich Gage wirklich Sorgen, ob das je wieder heilen würde.