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Heute

Das Jod brannte auf seiner Haut. Aber klang es seltsam, dass er das Gefühl hatte, sich daran zu gewöhnen?

„Brewster.“ Dale kam mit einem breiten Grinsen durch den Vorhang, der die Behandlungskabine abschirmte, herein gestampft. Er musterte Tate amüsiert.

„Du hast echt ein Faible für scharfe Geschosse, was?“ „Leck mich.“

„Ja, ja.“ Dale reckte seine Arme und setzte sich auf einen Stuhl, der neben der Liege stand. „Ich habe vergessen dir Blümchen mitzubringen. Sei mir nicht böse, ja?“

Tate schnaubte. „Bist du gekommen, um mich aufzuziehen? Schenk dir das.“

„Hey.“ Dale lachte. „Wer will denn gleich so grimmig sein? Du hast Blanche echt den Arsch gerettet.“ Er hustete. „Auch wenn sie es nicht zugeben würde.“

„Wie geht es ihr?“

„Sie ist etwas... nun ja.“ Dale verzog das Gesicht. „Angepisst.“

„Angepisst?“

„Sie ist der Überzeugung, sie hätte das alleine hinbekommen.“

Tate schüttelte den Kopf. Das sah Blanche ähnlich. Sie hatte sich nie gerne etwas sagen lassen, geschweige denn, dass sie je um Hilfe bitten würde. Stures Frauenzimmer. Seit sie vor einem Jahr beim FBI angefangen hatte, trieb sie Tate regelmäßig zur Verzweiflung. Dale grinste. „Sie ist immer noch sauer, was?“

Tate schnaubte. „Ich habe ihr nie versprochen, der Mann für den Rest ihres Lebens zu sein.“

„Ja, aber weißt du, so sind Frauen eben.“ Dale zuckte die Schultern. „Ich hab dir ja gesagt, es ist eine miese Idee sich mit jemandem einzulassen, mit dem man arbeitet. Egal welche Regeln man vorher fest steckt. Und ganz besonders, wenn man, nun ja, nicht gewillt ist, sich auf eine Beziehung einzulassen.“

„Und dieser Ratschlag, von einem alten Hasen wie dir.“ Tate sah ihn schnaubend an und musste doch schmunzeln.

Dale arbeitete mit seinen fünfunddreißig Jahren schon eine ganze Weile beim FBI. Er hatte wirklich reichlich Erfahrungen. Nicht nur beruflich, sondern auch mit Frauen.

„Tja, das lässt sich eben nicht leicht trennen. Deswegen hat mein Partner damals gewechselt.“

Dale hatte Tate schon oft von seinem Fehltritt erzählt, welcher der Gleiche war, wie der, den auch Tate mit Blanche gemacht hatte. Er hätte sich nie darauf einlassen dürfen.

„Naja, zumindest sind wir dem Kartell einen Schritt näher gekommen.“

„Hat man sie schon verhört?“

Dale rümpfte die Nase. „Ja. War aber bisher weniger informativ als gehofft.“

Tate schnaubte und rutschte von der Liege. Vorsichtig zog er ein frisches T-Shirt an. „Ist sie auch noch hier?“

Dale sagte einen Moment nichts. Dann zuckte er die Schultern. „Wie gesagt, sie war etwas angepisst.“

„Versteh“, grunzte Tate und nickte seinem Kollegen und Freund zu. „Lass uns verschwinden.“

Dale fuhr Tate nach Hause. Als sie seine idyllisch wirkende Wohnung, in einem Zweifamilienhaus erreichten, begleitete Dale Tate noch hinein. Er ließ sich im Wohnzimmer auf die Couch sinken und sah sich in dem leicht chaotischen Raum um. Auf dem Schreibtisch, der gleich am Fenster stand, lagen Stapelweise Akten, Ordner und andere Papiere. Über dem Bürostuhl hingen Jacken und ein Pullover und auch auf der Couch hatten sich ein paar Kleidungsteile verirrt.

„Sag mal, hast du mal über eine Haushälterin nachgedacht?“ Dale sah Tate grinsend an.

Dieser schnaubte. „Damit sie in meinen Unterlagen herum wühlen kann?“

„Du brauchst ein Arbeitszimmer.“

„Nein, ich brauche ein Zimmer zum Pokern und Billard spielen.“

„Typisch Junggeselle.“ Dale grunzte. „Dann schaff dir eine Frau an, die das für dich erledigt.“

Tate schüttelte den Kopf. „Nein, danke.“

„Lass dich jetzt von dem Theater mit Blanche nicht unter kriegen. Die bekommt sich schon wieder ein.“

„Glaubst du allen Ernstes, sie wäre die typische Hausfrau, die einem die Sachen hinterher räumt?“ Tate warf ihm einen ironischen Blick zu.

Dale begann zu lachen. „Nein, stimmt. Sie würde sie dir nach werfen und schimpfen, bis du es selbst tust. Aber vielleicht brauchst du das ja auch.“

„Sicher“, grunzte Tate und holte Getränke aus der Küche, ehe er sich dazu setzte. „Wie dem auch sei. Das ist vorbei.“

Dale nickte. Als er Tate nun wieder ansah, hatte er einen seltsamen Ausdruck im Gesicht. „Hör mal, ich weiß, wie das ist. Bei mir ist das damals auch schief gegangen. Aber ich war ein Idiot, weißt du? Sie war eine tolle Frau.“

„Willst du mir grade eine Beziehung mit Blanche schmackhaft machen?“ Tate sah ihn schief an.

Dale seufzte schwer. „Blanche hat wirklich viel für dich übrig und ich weiß, dass sie dir auch nicht gänzlich egal ist. Du magst die Kleine, aber du hast Angst davor.“

„Dale, nicht wieder diese Leier.“ Tate winkte genervt ab.

„Tate.“ Dale stützte sich mit den Ellenbogen auf seine Knie. „Ich weiß, du willst nicht drüber reden, aber meinst du nicht, du müsstest die Vergangenheit mal ruhen lassen und dem Ganzen eine neue Chance geben?“

„Mit Blanche? Schlechte Idee.“

„Ich sehe doch, wie mies du drauf bist, wenn sie mit anderen Männern ausgeht. Und ich sehe, dass es dir nicht gefällt, wenn sie mit Siljan Quatsch macht.“

Tate brummte. Da hatte Dale leider recht. Tate würde es nie offen zugeben und hatte sich immer bemüht, sich genau das nicht anmerken zu lassen. Doch Dale war ein guter Beobachter, er konnte es vor ihm nicht verheimlichen. Tate schüttelte den Kopf. „Ich würde ihr bloß das Herz brechen.“

So wie er es schon Mal getan hatte. Nicht nur ihr, sondern auch sich selbst. Es war acht Jahre her, seit Carly verschwunden war. Tate hatte seit dem nie wieder etwas von ihr gehört. Er wusste, dass Avery überall nach ihr suchte, diese Suche jedoch erfolglos war. Und das hatte ihn zur Verzweiflung getrieben. Ebenso wie Tate.

Tate war viele Jahre wütend auf sich selbst gewesen. Als sie ihn damals anrief, während sie auf der Flucht war, war das für Tate völlig unerwartet gewesen. Und er wünschte sich, das Gespräch wäre anders verlaufen. Hätte er ihr bloß nicht gesagt, dass sie warten sollte. Dass sie zurückgehen sollte. Nun war sie seit acht Jahren verschwunden. Und Tate war das Gefühl nie losgeworden, mit Schuld daran zu sein. Er hatte sie im Stich gelassen, so wie er es schon mal getan hatte. Alles was er mitbekommen hatte war, dass Carly mit einer Frau unterwegs war, die als Gefährlich eingestuft wurde, weil man sie eines Mordes verdächtigte.

Carly musste ordentlich in der Scheiße gesteckt haben. Er fluchte innerlich. Hätte er doch damals seine verfluchte Klappe gehalten. Avery hatte sich danach zurückgezogen, selbst von seinem Vater Conleth, der viele Jahre sein bester Freund war. Auch dafür gab sich Tate die Schuld. Dale sah Tate seufzend an. „Tate, du musst das los lassen. Ich weiß, du willst auch nicht drüber reden...“

„Dann lassen wir das auch, ja?“ Tate stand auf.

Dale sah ihm eine Weile dabei zu, wie er begann seinen Schreibtisch zu sortieren. „Du musst sie echt gerne gehabt haben.“

„Dale.“ „Tate, es bringt nichts, sich daran fest zu klammern.“

„Ich will dir jetzt mal was sagen.“ Tate fuhr zu ihm herum, er haderte mit sich, dann schnaubte er. „Vielleicht verteilst du deine neunmalklugen Ratschläge erst dann, wenn du dein eigenes Liebesleben auf die Reihe bekommst.“

Dale schnaubte. Dann stand er nickend auf. „Ja, da hast du vielleicht recht.“

Tate fuhr mit einer Hand über seine Stirn, dann seufzte er. „Mann... scheiße, so hab ich...“

„Doch, genauso hast du das gemeint.“ Dale klopfte ihm auf die gesunde Schulter. „Ruh dich aus, Junge. Übermorgen musst du wieder fit sein.“

Tate grunzte. Nun hatte er ein schlechtes Gewissen. „Tut mir leid“, stieß er schließlich hervor.

Dale nickte. „Schon in Ordnung. Du hast recht.“ Dale zuckte die Schultern und grinste.

Tate kannte ihn lange genug, um zu wissen, dass Dale irgendetwas vorhatte. Dale verabschiedete sich. Doch ehe er ganz zur Tür hinaus war, sah er Tate noch mal an. „Steht der Pokerabend noch?“

„Klar.“

„Dann bis heute Abend.“

Tate nickte und sah Dale dabei zu, wie er zu seinem Wagen ging. Wieder schämte er sich dafür, dass er Dale so angefahren hatte. Es war nicht fair, ihm sein eigenes Unglück, in Sachen Liebe, vorzuhalten. Dale hatte bereits eine Scheidung hinter sich, und seine Ex Frau ließ ihn seine Kinder nur ein Wochenende im Monat sehen, da Dale einen zu gefährlichen Job ausübte, was totaler Quatsch war. Tate hatte Dale mit seinen Kindern gesehen. Er war ein großartiger Vater.

Seine spätere Freundin hatte ihn völlig über den Tisch gezogen. Und fortan führte Dale nur lockere Beziehungen, was Tate gut nachvollziehen konnte. Und genau so hatte Tate ihn kennen gelernt, als er vor drei Jahren zum FBI gekommen war. Wenn sie am Abend Poker spielten, würde er noch mal in Ruhe das Gespräch zu ihm suchen und hoffen, dass er seine aufrichtige Entschuldigung annahm.

Geschändete Seelen

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