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Kühe oder Schafe und Ziegen?
ОглавлениеDie Frage, wie viel gutes, fruchtbares Land zum Weiden und Heumachen verfügbar war, spielte sicher eine bedeutsame Rolle, wenn ein grönländischer Bauer seine Möglichkeiten überdachte. Kühe brauchen mehr Schutz und besseres Winterfutter als Schafe oder Ziegen, aber sie liefern auch mehr Nahrungsmittel pro Weidefläche als Schafe. Allerdings bedeutet die zusätzlich nötige Fürsorge auch sehr viel mehr Arbeit. Der isländische Historiker Axel Kristínsson merkt an, dass Islands Bauern, die von der Weidewirtschaft lebten, stets abzuwägen hatten, ob die in Kühe investierte Arbeit die Nachteile eines Besitzes aufwiegen konnte, der kleiner war als die großen Weideflächen, die man für die Schafhaltung brauchte. So lange es genügend von dem gibt, was Kristínsson »search-and-destroy pasture« nennt, kommen Schafe und Ziegen mit weitaus spartanischeren Bedingungen zurecht als Kühe, und geben dem Bauern Zeit, der seine Grünfutterfelder nicht düngen und kein Heu oder große Mengen von anderem Winterfutter einlagern muss.17
Es gab und gibt viel »search-and-destroy«-Gelände in Grönland, und das nordische Vieh war nicht wählerisch. Vor allem Schafe und Ziegen sind gefräßige Tiere. Sie vertilgen mit Begeisterung Baumsämlinge, bevor diese groß genug werden können, um die Blätter zu liefern, die die Bauern sammelten und zusammen mit Heide und Seetang als Winterfutter trockneten. Das Salz im Seetang mögen Rinder ebenso wie Ziegen – es ist verblüffend, dass isländische Schafe an der Küste frischen Seetang fressen, obwohl sie doch nur ein paar Schritte höher auch grünes Gras finden würden. Untersuchungen zu Seetang fressenden Schafen auf der Orkney-Insel North Ronaldsey zeigen, dass die Tiere dort eine besondere Darmflora entwickelt haben, und auch die Radioisotopen-Analysen der Knochen und der Wolle dieser Tiere sind unverwechselbar.18 Man kann sicher davon ausgehen, dass die grönländischen Schafe ebenso anpassungsfähig waren.