Читать книгу Der Reisebericht des Hieronymus Münzer - Klaus Herbers - Страница 46
Über den Bananenbaum
ОглавлениеAm 19. Oktober, dem Tag des heiligen LukasLukas († um 80), Hl.1, betraten wir das Kloster des PredigerordensAlmería, OrtSan Domingo y la Santissima Trinidad, Kl.2. Sie waren sechs Brüder. Der König gab ihnen, wie ich schon sagte, ein hervorragendes Kloster, einen Ort mit wertvollen und ausgedehnten Gärten, mit vielen Palmen und Dattelpalmen. Die Anlage gehörte früher den reichsten SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) und genügt zu ihrem Lebensunterhalt. Außerdem verfügen sie über reichlich fließendes Wasser.
Als wir in das Kloster der FranziskanerAlmería, OrtSan Francisco, Kl.3 hineingingen, bemerkten wir, dass sie einen noch besseren, wenn auch nicht so ausgedehnten Platz erhalten hatten, ebenso mit vorzüglichem Wasser, das aus einer Röhre rann. In einem ihrer Gärtchen sahen wir jenen berühmten Baum aus Ägypten, der Bananen4 trägt. Es waren fünf oder 6 Bäume, einer von ihnen war 5 oder 6 Ellen lang, so dick etwa wie mein Bein unterhalb des Knies. Die Bäume haben sehr große Blätter, die etwa zwei Fuß oder mehr breit und zehn oder zwölf Fuß lang sind. Die Frucht wächst als Dolde, wie beim Rizinus, dem Fünffingerkraut und der Weintraube. Die Früchte sind groß und lang wie Gurken. Auf einer Dolde gibt es 30, 40 oder 50 Früchte, und wenn man sie mit einem Messer teilt, erscheint überall ein Kreuzeszeichen5. Wenn sie reif ist, ist die Frucht mild wie die Feige, aber dort reift sie nicht so gut wie in ÄgyptenÄgypten, L. oder in AfrikaAfrika, L.. Wir sahen auch in zwei anderen Häusern noch weitere Bäume dieser Art mit ihren doldenartigen Früchten. Ich glaube, dass sie eher zur Zierde als zur Nutzung gepflanzt werden, weil, wie ich bereits sagte, die Früchte nicht so gut reifen wie zum Beispiel die Datteln. Hätte ich es nicht mit meinen eigenen Augen gesehen, hätte ich nicht geglaubt, dass dieser Baum sogar in Europa wächst. Aber weil die Gegend sehr warm ist und nahe bei Afrika liegt, würden die Leute dort sehr schlecht leben, wenn das Wasser nicht aus den Quellen und Flüssen über Kanäle an die verschiedensten Orte geführt würde. Zwei Jahre lang gab es kaum Regen, aber schon vom siebten bis zum zehnten Oktober hatten ValenciaValencia, Ort, die Küste von GranadaGranada, Ort, KatalonienKatalonien, L. und KastilienKastilien, L. ertragreiche Niederschläge, für die sie Gott unendlich dankten. Oh, wie schön waren wohl erst diese Gärten zur Herrschaftszeit der SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime), die sehr begabt sind, um Gärten anzulegen, Früchte zu pflanzen und Aquädukte zu bauen. Wenn man dies nicht selbst sieht, ist es schwer zu glauben.
Am selben Tag verließen wir AlmeríaAlmería, Ort nach dem Mittagessen und sahen vor der Stadt eine hohe gemauerte Säule, an der 6 Christen aus Italien,Italien, L. die der Sodomie überführt worden waren, an den Füßen hingen. Zuerst hatten sie diese am Hals aufgehängt, wie wir es zu tun pflegen, dann jedoch an den Füßen. Vor dem Urteil schnitten sie ihnen die Geschlechtsteile ab und befestigten sie am Hals, denn die Spanier verachten dieses Laster sehr und bestrafen es äußerst hart6; dies zu Recht, denn es ist gegen die Natur und tierisch. Wir folgten einem sehr fruchtbaren Tal, und nach 5 Meilen schlugen wir das Nachtlager auf.
Am 20. Oktober brachen wir drei Stunden vor Sonnenaufgang auf, stiegen kontinuierlich 7 Meilen lang bei hellem Mondschein einige sehr unwegsame Berge hinan, und kamen schließlich zu einer schönen Burg, die FiñanaFiñana, Ort genannt wird. Dort führte uns der Kastellan, der aus der BiskayaBiskaya, L. stammte und sehr höflich war, zu den Befestigungen und zeigte uns einen äußerst schönen Straußenvogel mit üppigem grauem Gefieder. Ebenso präsentierte er uns einen weißen Bären, mit dem er die großen Hunde spanischer Rasse spielen ließ, um uns zu unterhalten. Er bat uns, 2 Tage zu bleiben, damit er für uns eine Wildschweinjagd organisiere, denn Wildschweine gibt es dort in den hohen Bergen in großer Anzahl, vor allem westlich des dortigen Schlosses. Er zeigte uns das große Geweih einer Bergziege, die man in der Volkssprache „Steinbock“ nennt und die er in jenen Bergen erjagt hatte; er erläuterte uns auch die Fenster der Mauren, die alle mit großen Fellen von Wildschweinen geschmückt waren.
Nachdem wir mit Essen und kaltem Getränk über die Maßen gestärkt worden waren, ritten wir durch eine unfruchtbare Ebene, etwa 4 Meilen lang, und kamen spät zu vorgerückter Nacht in die Stadt GuadixGuadix, Ort. Wir besichtigten sie früh am nächsten Morgen.