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Orientierung zum Reich der Franken

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Die anschließende Zeit von 715 bis 747 lässt sich insgesamt als Übergangsphase bezeichnen, in der das Papsttum verstärkt neue Orientierungen suchte und schließlich bei den Karolingern fand. Diese Neuausrichtung ergab sich auch aus den Streitigkeiten um die Verehrung der Bilder, der im Westen wie im Osten durch die Züge der Muslime umgestalteten politischen Landkarte (711 Überquerung der Meerenge von Gibraltar, 717 Schlacht um Konstantinopel, 732 Schlacht von Tours und Poitiers) sowie der Neutralisierung des Langobardenreiches und der Zusammenfassung päpstlicher Besitzungen und Herrschaftsrechte im Patrimonium Petri. Arabisch-muslimische Bedrohungen und die weiteren Konflikte zwischen Rom und Byzanz hingen zumindest mittelbar zusammen. Der im 8. Jahrhundert dominierende Bilderstreit war begleitet von Auseinandersetzungen um steuerliche Abgaben, da die byzantinischen Kaiser durch die arabischen Eroberungen im Osten wichtiger Einnahmemöglichkeiten beraubt worden waren. Als der Kaiser daher versuchte, die päpstlichen Patrimonien stärker zu belasten, weigerte sich Papst Gregor II. (715–731). Dieser Papst war auch ein wichtiger Kontrahent des Ostens im etwa gleichzeitig ausbrechenden „Bilderstreit“, der durch die muslimische Expansion im Osten eine gewisse Verschärfung erfahren haben könnte. Zwar war gerade im östlichen Bereich die Bilderverehrung schon länger kritisiert worden, aber Kalif Yazid II. hatte 723 für Christen im islamischen Machtbereich sogar ein striktes Bilderverbot ausgesprochen. Als der byzantinische Kaiser 725 nun versuchte, ein allgemeines Bilderverbot zu erreichen, stieß er auf den Widerstand Roms, das kurzfristig mit einer Loslösung vom Reich drohte. Die abweichende römische Position zur Bilderfrage war auch dem unterschiedlichen kulturellen Niveau und den Wirkungsbereichen der Christen im Westen geschuldet, denn gerade für die erst seit kurzem missionierten Völker des Nordens und Westens waren religiöse Bilder mit ihrer didaktischen Funktion zum besseren Kennenlernen des Glaubens vorzüglich geeignet. Entsprechend verteidigte Gregor II. die Bilderverehrung und soll dabei sogar den Kaiser selbst mit den Worten angegriffen haben, dass „der ganze Westen dem Apostelfürsten Treuebeweise liefere, und falls ihr Männer zur Zerstörung der heiligen Bilder herschickt, möchte ich euch lieber warnen: wir werden unschuldig sein an dem Blut, welches dabei vergossen werden wird […] ihr habt kein Recht, dogmatische Satzungen zu erlassen; euer Geist eignet sich nicht für die Lehre, er ist ungeschlacht und kriegerisch“. Der Kaiser soll darauf nur geantwortet haben: „Ich bin König und Priester“.50 Der Streit um die Bilder dauerte weiter an, vor allen Dingen blieben die Positionen im östlichen Reich widersprüchlich, denn das Mönchtum des Ostens war Bildern gegenüber Bildern aufgeschlossen. Dennoch ließ Kaiser Konstantin V. auf einem Konzil 750 die Bilderverehrung für das ganze Reich verbieten.

Trieb die neue Diskussion, welche viele Gemüter mehr erhitzte als frühere dogmatische Streitigkeiten, die Päpste in die Nähe der „westlichen Völker“? Diese Erklärung greift etwas zu kurz, denn hierfür waren weitere Gründe ausschlaggebend: So wurde diese Hinwendung auch dadurch gefördert, dass die Langobarden zu einer Quelle dauernder Sorge für das Papsttum wurden. Die schon unter Grimoald begonnene Einigungspolitik der langobardischen Teilherschaften erreichte zu Beginn des 8. Jahrhunderts unter König Liutprand I. (712–744) ihren Höhepunkt. In seine Herrschaftsausübung waren bereits viele Romanen eingebunden. Er versuchte, Italien durch die Unterwerfung der duces von Spoleto und Benevent sowie durch Angriffe auf Rom und Ravenna zu einen. Aber erst König Aistulf (749–756) konnte die byzantinische Herrschaft in Mittelitalien weitgehend beenden: 751 eroberte er Ravenna. Als er jedoch auch noch Rom unter seine Oberhoheit bringen wollte, kam es nach vorherigen Sondierungen zu einem offiziellen Hilfegesuch Papst Stephans II. an die Franken.

Bereits im Verlauf der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts war die byzantinische Staatsmacht in Person des Exarchen von Ravenna und seiner Beamten zunehmend ausgefallen. Zwar hatte der Exarch Eutychios in der Mitte des 8. Jahrhunderts mit Hilfe des Langobardenkönigs Liutprand seine Hoheit in Teilen Norditaliens nochmals geltend machen können, im römischen Dukat jedoch gab es keinen vom Exarchen eingesetzten dux mehr. Hier bestimmten nun Adel und Papst die Politik, sie waren die neuen Leiter von Heer und Verwaltung. Faktisch war damit der Papst der Regent Roms und des römischen Dukates, obwohl der Kaiser der Souverän blieb. Vor diesem Hintergrund ist der Wunsch nach territorialer Integrität der päpstlichen Herrschaft verständlich, die ab der Mitte des 8. Jahrhunderts sukzessive Wirklichkeit werden sollte.

Geschichte des Papsttums im Mittelalter

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