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Zwischen Rom, Byzanz und Franken: Die Päpste in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts Frankenreich

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Es ist zwar verlockend, aber zugleich verfälschend, die wichtigen Ereignisse von 754 als Anfang einer zielgerichteten Entwicklung bis zur Kaiserkrönung Karls des Großen zu interpretieren, denn ein Blick auf die stadtrömischen Verhältnisse und auf Byzanz zeigt, wie wechselhaft und verschlungen die Wege sein konnten. Besonders der lange Pontifikat Hadrians I. macht dies deutlich. Ein gescheiterter Eheplan, der die Heirat des Sohnes Kaiser Konstantins mit einer Tochter Pippins vorsah, führte in Rom zeitweise zu höchster Nervosität, insbesondere weil byzantinische Kräfte Pippin zum Eingreifen in den Bilderstreit gewinnen wollten. Es gab einige fränkische Theologen, welche die Positionen von Byzanz favorisierten, wie ein Streitgespräch 766 in Gentilly verdeutlicht. Allerdings konnte diese Theologie auf dem Konzil 769 in römische Vorstellungen „eingebunden“ werden.17

An Ostern (3. April 774) zog Karl der Große nach seinem militärischen Erfolg über das Langobardenreich in Rom ein und wurde dort mit den Ehren eines patricius empfangen. Er erneuerte den Freundschaftsbund seines Vaters und gab Garantien für die „Pippinische Schenkung“. Allerdings unternahm er nicht allzu viel, um diese zu erfüllen. Die Vita Hadrians I. im Liber pontificalis thematisiert Versprechungen, die jüngst eher als Wunschprogramm aus päpstlicher Sicht charakterisiert wurden.18 Warum aber hielt sich Karl nach seinen militärischen Erfolgen nicht an die im Liber pontificalis niedergelegten Versprechungen? Hinderten ihn die verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Langobarden, oder sind sie in der Vita Hadriani schlicht falsch aufgeschrieben worden?19 Weiterhin ist denkbar, dass sich Karls Interessen verschoben hatten, nachdem er 774 König der Langobarden geworden war; nur vorher hatte er sich als patrizialer Herr gegen die Langobarden abgegrenzt. Nach der Eroberung von Benevent behielt er sich dieses Gebiet sogar als König aller Langobarden vor. Die jüngeren Annexionen des Desiderius erstattete er, nicht aber Spoleto und Benevent, das seit langem unter langobardischem Einfluss gestanden hatte. Hadrian I. war enttäuscht, und dies zeigt, dass der Papst außerhalb Roms keine zu großen Handlungsspielräume besaß. Konflikte in Pisa, um das Herzogtum Spoleto, um Personalien im Kloster S. Vincenzo al Volturno oder in Benevent und Ravenna sind jüngst erneut umfassend mit dem Ergebnis untersucht worden, dass hier eher der Karolingerherrscher als der Papst die Entwicklungen beeinflussen konnte.20

Papst Hadrian I. bezeichnete den Karolinger 778 trotz seiner höheren Erwartungen in einem Brief als neuen Konstantin, „durch dessen Schenkung die Kirche erhöht worden sei“.21 Erst 781 trug Karl den päpstlichen Ansprüchen teilweise Rechnung, indem er die Herrschaft des damaligen Papstes Hadrian I. vor allem im Dukat von Rom, im Exarchat, in der Pentapolis sowie in der Sabina anerkannte. Dazu gewährte er einige Gebiete im südlichen Tuszien.22 Das Verhältnis verbesserte sich weiter, als Karl 780/81 erneut nach Rom zog und Hadrian I. am 14./15. April 781 seinem zweiten Sohn von Hildegard die Taufe auf den Namen Pippin spendete.23

In der Folgezeit beanspruchten die Karolinger allerdings Mitwirkung in theologischen Fragen. Zu den Auseinandersetzungen um die Bilderverehrung und um den sogenannten Adoptianismus (eine in Spanien aufgekommene Lehre, die davon ausging, dass Gottsohn von Gottvater adoptiert worden sei) ließ Karl Theologen aus seinem Reich Stellung beziehen. Die auf einer Synode in Frankfurt 794 gefassten Beschlüsse beschäftigten sich mit beiden Fragen.

In Byzanz hatte das zweite Konzil von Nizäa 787 den Bilderstreit beendet. Nach diesen Beschlüssen kam Bildern keine Anbetung (latreia), dafür aber Verehrung (proskynesis) zu. Die in Rom angefertigten Übersetzungen der Konzilsakten ins Lateinische verwischten aber diesen feinen Unterschied – was die sprachlichen Fähigkeiten des damaligen römischen Milieus kennzeichnet – und gaben auch damit den karolingischen Theologen Anlass zur Kritik, die eine solche mangelnde sprachliche Präzision sogar zunächst den Griechen selbst anlasteten. In den Libri Carolini, heute meist Theodulf von Orléans zugeschrieben, wurde eine eigenständige karolingische Position formuliert.24 Die entsprechenden Schriften ließen jedoch Raum, um nicht nur die Bilderfrage zu thematisieren, sondern um Byzanz zu verspotten und demgegenüber Rom und die Päpste hervorzuheben. Das war für den Papst insofern peinlich, als er zumindest durch seine Legaten an den Beschlüssen von Nizäa 787 mitgewirkt hatte. Deshalb bezog Hadrian I. eine eher vermittelnde Position, konnte aber das Konzil in Frankfurt 794 nicht verhindern, das präzise Beschlüsse zur Bilderverehrung fasste.25 Durch seine Theologen beanspruchte Karl somit in theologischen und kirchlichen Fragen Kompetenz und relativierte damit zugleich die Bedeutung Roms.

Geschichte des Papsttums im Mittelalter

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