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16 Fast vergessen

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Paris, März 1997

Endlich war es soweit! Endlich würde sich zeigen, ob meine DMSO–DiI–Kristalle funktionierten! Wochenlang hatte ich das Problem begrübelt, und jetzt würde ich bald wissen, wie viel der neue Lösungsansatz wert war!

Schon nervös, legte ich den Rattensäugling auf sein Eisbett, um mit der Präparation des Gehirns zu beginnen. Seit November des vergangenen Jahres arbeitete ich als Gastwissenschaftler am Hôpital de la Salpêtrière, um die Technik der Schicht–spezifischen organotypischen Langzeitgewebekultur des früh postnatalen Rattencortex zu erlernen. Ein ganzes Sabbatjahr hatte ich mir für meine jüngsten wissenschaftlichen Pläne genommen (die erste Hälfte dieses Jahres hatte ich an der University of Washington in Seattle verbracht, wo ich mich mit einem anderen Projekt befasst hatte). Kurz zum Hintergrund meines Aufenthaltes in Paris:

In der oben angesprochenen Kulturtechnik wird die Großhirnrinde (Neocortex) der neugeborenen Ratte in „dicken“ Scheiben (100 bis 200 Mikrometer) in eine Langzeitkultur genommen, um Faktoren zu identifizieren, die die Reifung des Gehirns beeinflussen. (Resultierende Befunde wären wichtig, neue Therapiestrategien zu entwickeln bei Schizophrenie, bei Zuständen nach Schädel–Hirn–Trauma, aber auch zur Behandlung von Rückenmarksverletzungen und einigen anderen Pathologien des Nervensystems.) „Organotypisch“ nennt man diese Kulturen, da abgesehen davon, dass der Cortex in Scheiben präpariert wird, dessen Zellarchitektur unverändert bleibt. Die Großhirnrinde ist derweil nicht ein „homogener Mischmasch“, sondern hochorganisiert aus sechs Schichten bestehend, die jeweils unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Manche Schichten, zum Beispiel, sind dafür verantwortlich, verschiedene Großhirnareale miteinander zu verbinden, andere Schichten senden ihre Nervenausläufer in tiefer gelegene Hirnareale wie das Rückenmark, um ihre Befehle dorthin zu leiten. Das Labor, in dem ich dieser Zeit als Gastwissenschaftler arbeitete, hatte eine Technik etabliert, diese Schichten separat voneinander in organotypische Zellkultur zu nehmen, sodass spezifisch die Faktoren untersucht werden konnten, die die Reifung der unterschiedlichen Schichten bestimmen. Und genau diese Technik hatte ich erlernen wollen.

Und ich hatte sie erlernt. Bereits im Dezember. Nun wollte ich das Projekt weiter voranbringen. Der Grund war, dass selbst die einzelnen Schichten des Cortex keinen „homogenen Mischmasch“ darstellten. In jeder Schicht gab es Zelltypen mit unterschiedlichen Aufgaben. Und ich wollte herausfinden, ob man diese Zelltypen spezifisch untersuchen konnte. Als „proof of principle“–Experiment hatte ich eine Schicht ausgesucht (die Nummer fünf), die u.a. einen Nervenzelltyp besaß, der seine Ausläufer in das Rückenmark sendete. Vom Versuchsdesign her war ich so vorgegangen, Rattenneugeborenen unmittelbar nach der Geburt ein Kristall des neuronalen Tracers DiI in das Rückenmark zu implantieren, die Tiere noch eine Woche leben zu lassen, und danach das Gehirn in „Scheibenkultur“ zu nehmen. Eine Woche Überlebenszeit der Tiere würde genügen für den Tracer, sich über die in das Rückenmark projizierenden Fortsätze in den Zellkörpern eben dieser Neurone in Schicht fünf anzureichern. Ich hatte den Tracer DiI gewählt, weil er in der Zellmembran der Nervenzellen akkumulierte. Würden die so markierten Zellen in Scheibenkultur Fortsätze auswachsen, würde der Tracer in diese mitgenommen werden und könnte spezifisch diese Fortsätze identifizieren, also von denen anderer Zelltypen unterscheiden. Und dann würde es losgehen zu untersuchen, welche Faktoren das Wachstum dieses Zelltyps beeinflussten!

Die ersten Ergebnisse waren vielversprechend gewesen, die anvisierten Zellkörper in den Kulturen spezifisch markiert. Wuchsen diese Zellen aber Fortsätze aus, nahmen sie den Tracer nicht in dem Maße mit, um die neuen Fortsätze eindeutig sichtbar zu machen. Meine Vermutung war, dass die eine Woche Überlebenszeit, die die Tiere nach der DiI–Implantation gehabt hatten, nicht genügt hatte, hinlängliche Mengen Tracer anzureichern. Die Überlebenszeiten waren aber nicht signifikant zu verlängern, da man in jenen Jahren Hirnrinde jenseits des neunten postnatalen Tages nicht in Kultur nehmen konnte. Ich musste somit eine Lösung finden, die Aufnahme des Tracers innerhalb der ersten postnatalen Woche zu effektivieren.

Nach etlichen frustranen Versuchen glaubte ich, diese Lösung gefunden zu haben: DMSO (Dimethylsulfoxid) war bekannt, die Effektivität neuronalen Tracings zu erhöhen. Ich wollte also DiI–Kristalle in einer DMSO–Lösung homogenisieren und hernach das DMSO–DiI Gemisch re–kristallisieren und die so erhaltenen Kristalle in das Rückenmark neugeborener Ratten implantieren. Nach einigem methodologisch nervigen Hin und Her hatte ich schließlich kristallähnliche DMSO–DiI–Brocken hinbekommen, die sich zur Implantation eigneten. Und heute war der Tag! Der achte postnatale Tag meiner ersten DMSO–DiI–Versuchsserie! Endlich würde ich es wissen! Bald. Hoffte ich.

Unterdessen hatte ich das Gehirn präpariert. Gespannt legte ich die Hirnscheiben in das zweite Schälchen, das zur Schichtpräparation (ebenfalls auf Eis!). Durch das Präparationsmikroskop rasterte mein Blick gierig über die Oberfläche der Scheibe, die ich zur Präparation positioniert hatte.

Da! Da war sie, meine Schicht fünf!

Ich atmete auf, denn ich hatte den Eindruck, dass das blasse Rot in dem mich interessierenden Zelltyp stärker war, als in den vorangegangenen Versuchen (richtig leuchtete DiI erst unter dem Fluoreszenzmikroskop). Vibrierende Spannung durchflutete mich. Fokussiert atmete ich durch. Das Mikroskalpell näherte sich der Grenze zwischen Schicht fünf und Schicht sechs. Seine Spitze setzte zum Schnitt an. Da tippte mich jemand an die Schulter.

Leicht verärgert, denn ich wurde nicht gerne gestört bei meinen Versuchen, drehte ich mich um. Chantal, eine Wissenschaftlerin des Labors, stand hinter mir. Mit ernstem Gesicht winkte sie mich zu sich. Widerwillig erhob ich mich von meinem Laminar Flow Hood. Mit nahezu entsetzt aufgerissenen Augen sagte Chantal:

„Magnolia hat angerufen!“

„Und?“, wunderte ich mich. (Meine Frau hatte mich in meinem Sabbatical begleitet, war aber im Februar nach Mainz zurückgekehrt, da sie unser „Nest“ für die Zeit nach meinem Sabbatical hatte vorbereiten wollen. Sie war mit unserem ersten Kind schwanger [inzwischen im fünften Monat] und nervös geworden, hatte es nicht mehr in Paris ausgehalten, lieber die Geburt und das Kinderzimmer vorbereiten wollen. Ich nahm an, dass die Mutterhormone bei ihr übergeschäumt waren. Und jetzt wunderte ich mich:)

Warum dieser Ausdruck des Entsetzens in Chantals Augen? War doch normal, dass Magnolia mich im Labor anrief. Jeden zweiten Tag in der Regel. Warum jetzt dieser „mimische Aufstand“? Oder hatte sie einen Unfall gehabt?!

Chantal, eine zierliche Frau mit langen schwarzen Locken und riesigen dunklen Mandelaugen, wirkte noch hibbeliger als sonst. Sie rang nach Fassung (was bei ihr nicht viel bedeutete, weil sie immer nach Fassung rang) und erläuterte armefuchteln:

„Magnolia hat eine Appendizitis, muss operiert werden!“

„Fuck!“, schoss es aus mir heraus.

Und das Kind?, dachte ich. Aufgeregt fuhr Chantal fort:

„Sie macht sich Sorgen, dass dem Kind was zustößt bei der OP!“ Ich hörte wie betäubt zu, als Chantal zappelig ergänzte: „Die Ärzte meinen zwar, das sei so schlimm nicht, aber eben schon riskant.“

„Fuck!“, wiederholte ich mich.

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, schaute auf den Boden, auf meine Schuhe, drehte mich hektisch um, fixierte mein Präparationsschälchen, das im Abzug stand (das Eis schmolz!), und wandte mich erneut Chantal zu. Nasezuckend erklärte sie:

„Sie soll gleich operiert werden. Wenn ...“

„Ich muss sie sprechen!“, unterbrach ich Chantal, und wollte in unser Büro stürmen (ich saß mit Chantal in einem Zimmer), aber Chantal schüttelte den Kopf, packte mich am Arm und sagte:

„Das geht nicht. Sie hat schon aufgehängt. Musste weg. Wie gesagt, die wollen sie gleich operieren!“

Ich überlegte: Das Experiment konnte ich nicht liegen lassen. Ich hatte nur noch einen Monat in Paris. Und ein paar Daten würde ich schon brauchen, um den neuen Ansatz zu untermauern. Wenn er denn geklappt hatte! Auf jeden Fall aber musste ich ihn bestätigen. Und wenn ich jetzt ginge, wäre es vielleicht vorbei mit der Geschichte! Und alle Mühe umsonst!

Unschlüssig presste ich die Lippen zusammen.

Doch ich konnte Magnolia nicht allein lassen! Das war wichtiger! Was wäre, wenn wir das Kind bei der Operation verlören? Und ich wäre nicht da, wenn sie aufwachte! Nicht auszudenken! Meine Backenzähne knirschten. Ich musste sofort los! Ja. Sofort! Bis aufs Äußerste gespannt sah ich Chantal an.

„Kannst du mir einen Gefallen tun?“, sagte ich gepresst.

„Klar. Was?“, zuckte sie die Schultern.

Ich zeigte mit dem Daumen hinter mich auf den Laminar Flow Hood und erläuterte:

„Könntest du das bitte aufräumen? Ich muss sofort los zu Magnolia und möchte hier keinen Saustall hinterlassen.“

„Aber selbstverständlich!“, schüttelte sie ihren Kopf, und ergänzte lächelnd: „Hau ab! Ich bring das schon in Ordnung.“

„Danke!“, lächelte auch ich, und gab ihr im Vorbeigehen einen Klaps auf die Schulter.

Meine Schritte beschleunigten sich. Ich eilte in unser Büro. Dort schnappte ich mir meinen Mantel und sah mich um.

Meine Sachen brauch ich heut nicht! Ich drehte mich um und hetzte aus dem Raum. Der Aufzug wäre zu lahm!

Ich stürmte die Treppen hinunter. Unten stieß ich mit der Wucht meines Laufs die Tür auf und rannte über den Parkplatz zu meinem „Spider“. Außer Atem stieg ich ein, knallte die Tür zu, und fuhr los.

Geschwindigkeitsbeschränkungen sind dir heute egal! Ich beschleunigte. Scheißegal! Und drückte das Gaspedal herunter.

Froh, die überaus hektische und mir viel zu langsam erscheinende Fahrt durch den Pariser Mittagsverkehr überlebt zu haben, hatte ich es auf die Autobahn geschafft.

Hoffentlich hält mich keiner an!, dachte ich.

Ich drückte das Gaspedal durch. Zunächst sprudelten meine Gedanken derart wild durcheinander, dass sie nicht wirklich als Gedanken zu bezeichnen waren (Magnolia! Das Kind! Das Experiment! Mist!). Aber ich konzentrierte mich auf die Straße, darauf, nicht aus den Kurven getragen zu werden, keine anderen Wagen zu rammen, und brauste, lediglich eine Art Flimmern wahrnehmend – und eben den Verkehr.

Bei Château–Thierry wurde ich ruhiger. Mir fiel auf, dass ich nicht wusste, in welches Krankenhaus ich zu fahren hatte. Ich war einfach auf die A4 in Richtung Saarbrücken gerast, von dem aus es über Kaiserslautern nach Mainz ging. Diese Strecke war ich oft genug gefahren. Ich reduzierte meine Geschwindigkeit und kramte mein Handy aus der Manteltasche.

Zuerst rief ich meine Schwiegermutter an. Keiner da oder ihr Handy war abgestellt. Ich probierte es bei meinem Schwiegervater. Auch nichts.

Waren die wieder golfen?! Dekadentes Pack!

Ich atmete durch und versuchte es bei der Großmutter meiner Frau. Die wusste immer über alles Bescheid und mit der verstand ich mich auch. Besser auf jeden Fall, als mit meinen Schwiegereltern. Schließlich nahm sie ab (dreimal hatte ich es versuchen müssen!). Sie klang besorgt und erklärte, dass Magnolia in der Chirurgie des Universitätsklinikums der Johannes Gutenberg–Universität operiert würde.

Beruhigend. Da war sie in guten Händen!

Ich beschleunigte. Die Fahrt war Horror. Ich spürte unklaren Schmerz und hatte Angst, dass meiner Frau oder unserem Jungen etwas passierte. Dass es ein Junge würde, wussten wir inzwischen. Wir hatten sogar schon einen Namen: Max. Oft, in Arbeitspausen oder abends bei einem Wein, hatte ich mir vorgestellt, wie es werden würde, wenn Max da wäre. Ich hatte keine konkrete Vorstellung gehabt – die Erfahrung, Vater zu sein, war mir neu –, aber mich gefreut. Und nun sah ich alles bedroht. Als ehemaliger Mediziner wusste ich natürlich – im Stile eines Halblaien – was alles bei dieser Operation schiefgehen konnte, insbesondere mit dem Kind. So malte ich mir die grausigsten Komplikationen aus. Oder „an“, im Sinne von „an“denken, denn bevor ich mir eine Komplikation zu Ende ausmalen konnte, hüpfte mein Sinnen panisch zur nächsten, sodass ich mir die vorherige eben nur „an“– und nicht „aus“gemalt hatte.

Ich hatte Reims passiert, die Landschaft rauschte wie ein flirrender Tunnel an mir vorbei, da hielt ich es nicht mehr aus.

Ich muss mit jemandem sprechen! Aber mit wem?

Seltsamerweise schoss mir Lily in den Kopf, eine Freundin aus Seattle, die ich vor kurzem, bei meinem Aufenthalt in den Staaten, gesehen hatte. Ich zückte mein Handy. Im Tippen der Nummer fiel mir ein, dass Lily eventuell noch im Bett lag. Die Zeitverschiebung! Aber das ist egal. Die Nummer ist gedrückt! Und Lily nahm ab.

Sie klang müde, gähnte, wurde indes schnell munter, als ich ihr mein Leid klagte. Sie kannte meine Frau. Wir waren einige Male miteinander Essen gewesen, hatten uns blendend verstanden. Jetzt war auch Lily besorgt. Sie versuchte mich allerdings zu beruhigen, meinte, sie würde sämtliche Daumen drücken, die sie habe, und von denen habe sie eine Menge, mehr als genug! Also könne gar nichts schiefgehen. Ich nahm ihr das nicht so recht ab, aber beruhigte mich.

Das Telefonat zeigte Wirkung: Mir ging es besser und ich hatte das Gefühl, die Sache würde gutgehen und nichts bliebe von ihr, als eine kleine Narbe oberhalb der rechten Leiste meiner Frau. Und irgendwann würde Max fragen, woher sie denn diese Narbe habe. Ich lächelte und dachte:

Wahrscheinlich würde er sich zusammenphantasieren, die Mama sei dereinst Piratin gewesen!

Die gute Stimmung hielt bis Kaiserslautern. Ab da schüttelte mich die Angst wieder. Ich konzentrierte mich, keine der Streckenangaben, die auf deutschen Autobahnen alle fünfhundert Meter rechts der Fahrbahn stehen, zu verpassen. Diese Suche nach Zahlen gab mir Ruhe und ich hatte nicht so viel Zeit, meine Befürchtungen in irreale Höhen zu treiben.

Zitternden Knies entkuppelte ich den Wagen, riss die Handbremse hoch, und stoppte den Motor. Ich war angekommen. Ich atmete durch, zog den Zündschlüssel ab, stieg aus, und eilte nach drinnen.

Meine Frau musste schon fertig sein im OP. Berta, ihre Großmutter, hatte mir die Station genannt, auf die Magnolia nach dem Eingriff gebracht würde.

Auf Station fragte ich eine Schwester, die ich beim Einbiegen auf den Flur angerempelt, ja, fast umgestoßen hatte, wo meine Frau liege. Die Schwester erkundigte sich, sich ihren Kittel zurecht rückend, wie sie heiße. Magnolia Zucker, ließ ich sie genervt wissen.

„In der Siebzehn“, lächelte die Dame.

Ich stand schon vor dem Zimmer! Ich hakte nicht weiter bei der Schwester, die mich aufmerksam ansah, nach, wie die Operation gelaufen sei – ich hatte Angst! –, sondern tat einen Schritt auf die Tür zu und klopfte leise.

Keine Antwort.

Mich schwach fühlend schob ich die Tür auf. Meine Frau lag bleich im Bett und schlief. Ich schlich zu ihr und blieb vor ihr stehen. Ihre Lippen waren trocken, farblos, wunderschön. Vorsichtig legte ich ihr meinen linken Zeigefinger auf den Mund. Sie öffnete die Augen, schnaufte tief – ich hatte den Eindruck, erleichtert – und lächelte. Ich hätte springen können vor Freude, denn mir war in diesem Augenblick klar, dass alles gutgegangen war. Doch ich riss mich zusammen und sagte:

„Wie geht’s?“

„Müde halt, aber gut“, sagte sie matt.

„Und Max?“

„Alles in Ordnung!“, strahlte sie.

Nun hielt mich nichts mehr! In heftigem Schwung beugte ich mich zu ihr herunter und umarmte sie – und sie schrie auf vor Schmerz. (Ich hatte vergessen, dass sie frisch operiert war!) Entsetzt fuhr ich zurück, hob ihre Decke hoch, um nachzusehen, ob ich etwas kaputt gemacht hatte (blödsinnigerweise, im Grunde). Sie fasste zärtlich meine Hand und sagte:

„Nichts passiert. Hat nur ein bisschen weh getan.“ Sie lächelte und ergänzte: „Komm!“

Ich zog einen Stuhl ans Bett, setzte mich, und beugte mich vorsichtig über sie. Unsere Lippen lagen ruhig und trocken aufeinander. Ich spürte ihre Wärme und inhalierte ihren nach Medikamenten riechenden Atem. Das müsse von der Narkose sein, dachte ich, aber ich genoss ihn wie einen linden Wind, der zart über meine Wangen streichelte. Wir verharrten, Lippe auf Lippe, und waren glücklich. Unverhofft betraten meine Schwiegereltern das Zimmer. Unsere Lippen lösten sich voneinander.

Rubicon, 2017

Zugegeben: Mir hatte es Mühe bereitet, diese Szene zu schreiben. Nach allem, was geschehen war. Doch ich hatte sie geschrieben. Danach hatte ich aber einen „Krug“ Champagner benötigt, um wieder zu Sinnen zu kommen. Und danach hatte ich mir einen neue Kiste „Krug“ besorgt, denn diese Flasche war meine letzte gewesen.

Die Methode Cortés

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