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16. Linien- und Schulbusse[369]

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Linienbusse müssen bei Anfahrt zu einer Haltestelle am Fahrbahnrand entlang fahren. Daher trifft den Busfahrer bei Berührung mit einem nur 20 cm von der Gehwegkante stehenden Fußgänger nur eine geringfügige Haftung.[370]

Der Fahrer eines Schulbusses muss beim Anfahren einer Haltestelle mit „schiebenden“ Kindern rechnen. Beim Anfahren eines Kindes im Bereich einer Schulbushaltestelle kann es gerechtfertigt sein, ein Mitverschulden des Kindes völlig zurücktreten zu lassen.[371] Das von einem Schulbus erfasste Kind erleidet einen „Schulunfall“, der unter die gesetzliche Unfallversicherung fällt (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII). Fahrer und Halter können sich i.d.R. nicht auf den Ausschluss nach § 636 RVO/§ 104 f. SGB VII berufen, da sie nicht in den Gesamt-Betrieb Schule eingegliedert sind.[372]

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Stürzt ein Omnibusfahrgast beim Ein- oder Aussteigen, ist zu prüfen, ob der Unfall auf eine mit dem Bus als Verkehrsmittel verbundene oder eine hiervon unabhängige, ggf. in der Person des Geschädigten begründete Gefahr zurückzuführen ist.[373]

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Grundsätzlich obliegt es dem Fahrgast, für seine Standsicherheit und Standvermögen beim Einsteigen in den Bus und bei der Fahrt selbst zu sorgen. Daher braucht der Busfahrer vor dem Anfahren sich nur zu vergewissern, ob ein Fahrgast Platz oder Halt im Wagen gefunden hat, wenn nicht eine erkennbar schwere Behinderung des Fahrgastes ihm die Überlegung aufdrängt, dass dieser andernfalls beim Anfahren stürzen werde.[374] Wenn ein gebrechlicher und/oder gehbehinderter Fahrgast sich nicht sofort nach dem Einsteigen einen festen Halt verschafft, so könnte dies als ein „haftungsausschließendes Mitverschulden“ anzusehen sein.[375]

Verkehrsgerechtes Verhalten des Fahrers schließt seine eigene Haftung aus, § 18 StVG. Der Halter muss den Beweis dafür erbringen, dass der Unfall für den Fahrer durch höhere Gewalt verursacht wurde (§ 7 Abs. 2 StVG). Höhere Gewalt liegt gegenüber Insassen regelmäßig nicht vor, insbesondere dann nicht, wenn der Fahrer möglicherweise den Gegenverkehr nicht vorausschauend beobachtet und wegen eines abbiegenden Kfz den Bus stark abgebremst hat. Stürzt deshalb ein Fahrgast, der wegen Annäherung an eine Haltestelle seinen Sitzplatz verließ, so haftet der Halter ihm unter Berücksichtigung des Mitverschuldens im Rahmen des StVG zu 50 %.[376]

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Nach § 20 Abs. 5 StVO ist Linien- und Schulbussen das Abfahren von gekennzeichneten Haltestellen zu ermöglichen. Der Vorrang eines vom rechten Seitenstreifen anfahrenden Busses bei Abgabe von Lichtzeichen besteht auch dann, wenn der Bus infolge eines auf der rechten Fahrspur vor ihm befindlichen Hindernisses genötigt ist, auf die linke neben ihm befindliche zweite Fahrspur auszuscheren.[377]

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An öffentlichen Verkehrsmitteln und an Haltestellen darf, auch im Gegenverkehr, nur vorsichtig vorbeigefahren werden.[378] Wenn Fahrgäste auf der Fahrbahn ein- oder aussteigen, darf rechts nur mit Schrittgeschwindigkeit und solchem Abstand vorbeigefahren werden, dass eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist. Bei Schulbussen ist i.d.R. ein Anhalten geboten, § 20 StVO.

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§ 20 Abs. 1 StVO ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB für alle Fußgänger, die im räumlichen Bereich eines an einer Haltestelle haltenden Linienbusses, einer Straßenbahn oder eines gekennzeichneten Schulbusses unachtsam die Fahrbahn überqueren. Es kommt nicht darauf an, ob sie als Fahrgäste ein- oder aussteigen. Kraftfahrer, auch solche im Gegenverkehr zur Bushaltestelle, müssen deshalb bei hinreichenden Anzeichen, dass ein Fußgänger die Fahrbahn überqueren will, ihre Geschwindigkeit so stark reduzieren, dass die Gefahr eines Zusammenstoßes weitestgehend vermieden wird.[379]

Die besonderen Pflichten des Kraftfahrzeugführers aus § 20 StVO ergeben sich jedoch nur, wenn Omnibusse sich einer Haltestelle nähern, dort halten oder abfahren.[380]

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Der Abstand beim Vorbeifahren an einem in Gegenrichtung haltenden Bus muss mindestens 2 m betragen, ggf. ist mit Anhaltegeschwindigkeit vorbeizufahren.[381] Der Fahrer kann davon ausgehen, dass ausgestiegene Fahrgäste seinen Vorrang beachten, wenn der Bus/die Bahn vor einem Fußgängerüberweg hält und die ihn sichernde Bedarfsampel für Fußgänger Rot zeigt. Dies gilt aber nicht, wenn ein links neben ihm in der linken Spur Fahrender trotz Grünlichts aus nicht erkennbaren Gründen anhält.[382]

1. Kapitel Die Haftung des Kraftfahrzeughalters und -führersV. Verhalten im Straßenverkehr › 17. Fußgänger

Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden

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