Читать книгу Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden - Kurt E. Böhme - Страница 116

b) Innerhalb geschlossener Ortschaften

Оглавление

255

Fußgänger müssen die Gehwege benutzen; dies gilt nicht, wenn diese unbegehbar sind.[393] Bei fehlendem Gehweg oder Seitenstreifen haben sie den linken oder rechten Fahrbahnrand einzuhalten (§ 25 Abs. 1 S. 3 StVO).

256

Der Fußgänger sollte die Fahrbahn an den dafür gekennzeichneten Stellen (Zebrastreifen) überqueren.[394] An Kreuzungen und Einmündungen sind stets die Fußgängerüberwege oder Markierungen an Lichtzeichenanlagen zu benutzen (§ 25 Abs. 3 StVO).[395] Hält sich der Fußgänger nicht daran und überquert die Straße 100 m von einer Ampel oder vom Fußgängerüberweg entfernt, trifft ihn ein Verschulden an einem von ihm erlittenen Unfall.[396] Benutzt er den Überweg bei “Rot“, trifft ihn ein eigenes Verschulden.[397] Fußgänger, die eine Fahrbahn überqueren wollen, haben sich stets sorgfältig davon zu überzeugen, dass die Fahrbahn frei ist. Sie dürfen nicht versuchen, noch kurz vor einem herannahenden Kraftfahrzeug die Fahrbahn zu überqueren. Ereignet sich ein Verkehrsunfall in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Überqueren der Fahrbahn, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Fußgänger entgegen § 25 Abs. 3 StVO ohne hinreichende Beachtung des Fahrzeugverkehrs auf die Fahrbahn getreten ist. Kommt es zu einem Zusammenstoß des querenden Fußgängers mit einem Kraftfahrzeug, indiziert dies ein Verschulden des Fußgängers.[398] Anders kann dies sein, wenn der Fußgänger im Schutze gleichgerichteten Verkehrs die Kreuzung überquert und bis zur Straßenmitte gelangt ist.[399]

257

Ein Fußgänger muss sich auch an einem durch Ampeln geschützten Übergang durch einen Blick nach den Seiten vergewissern, ob er die Fahrbahn gefahrlos überschreiten kann.[400] Während des Überschreitens der Fahrbahn muss er auf herannahende Kfz achten, u.U. stehen bleiben.[401]

258

Die Regelung des Verkehrs durch Polizeibeamte oder Lichtsignale ist auch von solchen Fußgängern zu beachten, die die Fahrbahn zwar außerhalb eines bezeichneten Übergangs, jedoch innerhalb des Kreuzungsbereichs überqueren. Dabei darf der Fußgänger bei Freigabe der Straße nicht sofort die Fahrbahn betreten, sondern muss noch auf den fließenden Verkehr achten.[402]

259

Die Führer von Fahrzeugen (mit Ausnahme von Schienenfahrzeugen) haben den Fußgängern, welche die Fahrbahn auf einem Fußgängerüberweg erkennbar[403] überschreiten wollen, das Überqueren zu ermöglichen. Sie dürfen deshalb nur mit mäßiger Geschwindigkeit heranfahren und müssen nötigenfalls anhalten (§ 26 Abs. 1 S. 2 StVO). Von dieser Verpflichtung ist der Fahrer nur dann befreit, wenn der Fußgänger deutlich zum Ausdruck bringt, dass er auf seinen Vorrang verzichtet.[404] An Fußgängerüberwegen darf nicht überholt werden, § 26 Abs. 3 StVO. Stockt der Verkehr, so dürfen Fahrzeuge nicht auf den Überweg fahren, wenn sie auf ihm warten müssten, § 26 Abs. 2 StVO.

Aufgrund dieser Sorgfaltspflichten des Fahrers wird ein Verschulden des Fußgängers beim Überqueren der Fahrbahn auf Zebrastreifen im Wesentlichen nur dann in Betracht kommen, wenn er seine dahingehende Absicht nicht erkennbar gemacht oder die Fahrbahn überaus unangemessen langsam überquert hat.[405]

260

Sonstige Fahrbahnen muss der Fußgänger zügig auf dem kürzesten Wege quer zur Fahrtrichtung überschreiten (§ 25 Abs. 3 S. 1 StVO).[406] Die Fahrbahn darf er erst betreten, wenn er sich davon überzeugt hat, dass er kein Kfz gefährdet oder auch nur in der Weiterfahrt behindert. Tritt er unvermittelt auf die Fahrbahn, so trifft ihn Alleinverschulden.[407] Umgekehrt ist der Fahrer trotz seines Vorrechts zur Rücksicht verpflichtet. Er muss Abwehrmaßnahmen ergreifen, wenn er ein fehlerhaftes Verhalten des Fußgängers bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen muss.[408] Das gilt auch für das Überschreiten von Einbahnstraßen. Benutzt der Fußgänger Verkehrsflächen, die auch dem Kraftverkehr dienen, hat er auf die von diesen ausgehenden Gefahren zu achten.[409] Stößt er beim Überschreiten der Fahrbahn mit einem PKW auf dessen rechter Seite zusammen, so spricht der erste Anschein für die Schuld des Fußgängers.[410] Wenn er mit gesenktem Kopf, ohne auf den Verkehr zu achten, die Straße betritt, oder wenn er trotz herannahender Fahrzeuge eine Ausfallstraße überquert oder zwischen stehenden Fahrzeugen die Fahrbahn betritt,[411] handelt der Fußgänger grob fahrlässig. Bei der groben Fahrlässigkeit des Fußgängers kann die Gefährdungshaftung des Halters entfallen.[412] Muss ein Fahrzeug bremsen, weil ein Fußgänger unvorsichtig die Fahrbahn betritt, und fährt ein anderer PKW auf, dann haftet der Fußgänger mit (20 %).[413] Ein Fußgänger geht bei Dunkelheit trotz herannahender Kraftfahrzeuge über eine Kreuzung; er überschreitet eine Sperrfläche der Straße; er steht am äußersten Rand der Bordsteinkante; er tritt bei Dunkelheit von einem Grundstück trotz Verkehrs auf die Fahrbahn, das alles sind Beispiele für fahrlässiges Verhalten.[414] Tritt ein Fußgänger bei Nacht auf die Fahrbahn, kann es geboten sein, dem Pkw-Führer eine längere Reaktionszeit und zusätzlich eine längere Blickzuwendungszeit zuzubilligen.[415]

261

Beim Überqueren von breiten Straßen ist es sachgemäß, dass der Fußgänger auf der Fahrbahnmitte innehält und den Weg erst fortsetzt, wenn dies ungefährdet geschehen kann.[416] Wenn es infolge plötzlichen Weitergehens des Fußgängers zu einem Unfall kommt, trifft den Kraftfahrer kein Verschulden. Die Betriebsgefahr des Pkw wäre u.U. mit 1/3 zu berücksichtigen.[417] Der Kraftfahrer sollte allerdings an einem vor ihm die Fahrbahn überquerenden Fußgänger nach Möglichkeit hinten vorbeifahren, wenn er nicht etwa damit rechnen muss, der Fußgänger werde stehen bleiben oder gar zurücktreten.[418] Gibt der Kraftfahrer verwirrende Warnzeichen (Lichthupe), kann das zu Fehlreaktionen des Fußgängers führen und ein Verschulden des Kraftfahrers begründen.[419] Auch kann der Kraftfahrer sich nicht darauf verlassen, dass ein Fußgänger bei Nacht auf der Mitte einer schmalen Straße anhält, um ihn vorbeizulassen.[420] Läuft ein Fußgänger kurz vor Erreichen des rechten Fahrbahnrandes zurück, so ist eine nicht erhöhte Betriebsgefahr nicht zu berücksichtigen.[421] Unterhält der Fußgänger sich während des Überschreitens des Fahrdammes mit anderen, ohne auf den Verkehr zu achten, so lässt er seine Verkehrssorgfaltspflicht außer Acht.[422] Überquert der Fußgänger unaufmerksam eine mehrspurige Fahrbahn, kann ihn bei einem Zusammenstoß mit einem Kfz ein Mitverschulden treffen.[423] Überschreitet der Fußgänger bei Dunkelheit eine Straße, so hat er auch nach Überquerung der ersten Fahrbahnhälfte die Entwicklung der Verkehrslage von links mitzubeobachten, wenn er entsprechend den Beleuchtungsverhältnissen und im Hinblick auf den Umfang des Straßenverkehrs mit der Gefahr rechnen muss, als Fußgänger auf der Fahrbahn nicht rechtzeitig erkannt zu werden.[424] Das Rechtsfahrgebot des Fahrverkehrs dient nicht dem Schutze des die Straße überquerenden Fußgängers.[425] Bei Dunkelheit ist „Fahren auf Sicht“,[426] bei Straßenglätte verminderte Geschwindigkeit[427] geboten.

262

Der Fußgänger muss stets mit der Möglichkeit rechnen, dass sich hinter den Fahrzeugen, die er sieht, weitere befinden, die er nicht wahrnehmen kann. Überschreiten der Straße kurz vor einem Fahrzeug stellt regelmäßig ein Mitverschulden dar.[428] Dagegen kann er, wenn er eine innerstädtische Straße überquert und den gegenüberliegenden Gehweg fast erreicht hat, darauf vertrauen, dass ein von rechts herannahender Fahrer ihm das gefahrlose Überqueren auch des Restes der Fahrbahn ermöglichen werde.[429]

Beim Vorhandensein eines Radweges zwischen Gehweg und Fahrbahn muss der Fußgänger die ihm beim Betreten der Fahrbahn obliegenden Sorgfaltspflichten schon beim Verlassen des Gehweges beachten.[430]

Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden

Подняться наверх