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4. Die gesetzliche Vermutung für einen Sachmangel beim Gefahrübergang

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§ 477 verstärkt den Verbraucherschutz durch die gesetzliche Vermutung, dass ein Sachmangel, der sich binnen 6 Monaten ab Gefahrübergang zeige, schon beim Gefahrübergang vorhanden gewesen sei.

Nimmt man das Gesetz beim Wort, was bei einem Verbraucherschutzgesetz riskant ist, müsste der Käufer, der ein Mängelrecht geltend macht, behaupten und beweisen, dass sich der Mangel binnen 6 Monaten ab Gefahrübergang gezeigt habe, und der Verkäufer müsste diese Vermutung widerlegen[366].

Aber diese Wortauslegung ist zu eng, denn § 477 ist zugunsten des Käufers richtlinienkonform auszulegen[367] und lautet dann: Zeigt sich binnen 6 Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand oder eine Mangelerscheinung, wird vermutet, dass der Mangel zumindest im Keime schon bei Gefahrübergang vorhanden gewesen sei[368]. Der Käufer muss nur die Mangelerscheinung behaupten und beweisen, nicht den Mangel selbst und schon gar nicht die Ursache der Mangelerscheinung[369]. Der Verkäufer aber muss die gesetzliche Vermutung des § 477 nach § 292 ZPO widerlegen und das Gegenteil beweisen, nämlich dass bei Gefahrübergang nicht der Hauch eines Mangels vorhanden gewesen sei, der Schaden also erst später, etwa durch einen Bedienungsfehler des Käufers entstanden sei[370]. Die gesetzliche Vermutung des § 477 gilt für alle Sachmängelrechte des Verbrauchers[371].

Die gesetzliche Vermutung des § 477 gilt ausnahmsweise nicht, („… es sei denn …“) wenn die Art und Weise der Kaufsache oder des Mangels mit der Vermutung nicht zu vereinbaren ist. Auch dafür trägt der Verkäufer die Beweislast. Kann er diese Ausnahme beweisen, wird nicht mehr vermutet, dass der Mangel schon beim Gefahrübergang vorhanden gewesen sei. Jetzt muss der Käufer beweisen, dass die Kaufsache schon beim Gefahrübergang mangelhaft gewesen sei.

Beispiele

- Die Unfallschäden an der Karosserie des gekauften Gebrauchtwagens sind so umfangreich und augenscheinlich, dass der Käufer sie schon bei einer oberflächlichen Besichtigung hätte entdecken müssen, wenn sie bereits bei der Übergabe vorhanden gewesen wären (BGH NJW 2005, 3490; 2006, 1195).
- Das gekaufte Pferd leidet an einer unsichtbaren Krankheit (BGH NJW 2006, 2250: anders die sichtbare saisonale Allergie).
Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen

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