Читать книгу 100 Dinge, die jeder Golfer wissen muss - Kurt W. Zimmermann - Страница 20
014Wann und wie verliere ich absichtlich?
ОглавлениеAm besten auf den Punkt brachte es der ehemalige US-Präsident George W. Bush. Er sagte: „Es ist schon erstaunlich, wer alles im Golf gegen mich gewinnt, seit ich nicht mehr Präsident bin.“
Ich war in Deutschland und der Schweiz lange als Unternehmensberater unterwegs. Dabei spielte ich immer mal wieder mit meinen Auftraggebern, also den Vorsitzenden des Vorstands und der Geschäftsleitung – sozusagen auch eine Art von Präsidenten. Was ist das schlauste Verhalten in dieser Situation? Selber gewinnen wollen? Absichtlich verlieren?
Es gibt für Unternehmensberater zwei goldene Regeln. Erstens: Man sollte nicht unbedingt mit einem Aston Martin oder einem Mercedes-Maybach auf dem Firmenparkplatz vorfahren. Sonst denken alle, der Berater ist zu teuer. Zweitens: Man sollte nicht unbedingt allzu gut Golf spielen. Sonst denken alle, der Berater ist arbeitsscheu.
Einen mittelgroßen BMW kann man zur Not mieten und sich so auf dem Parkplatz ein wenig verstellen. Noch einfacher ist es, sich auf dem Golfplatz zu verstellen.
Es gibt kaum eine andere Sportart, wo es so leicht ist, absichtlich zu verlieren. Man spielt dann einfach absichtlich so schlecht, wie man spielt, wenn man unabsichtlich schlecht spielt. Die wesentlichen Elemente sind Drives ins Rough und ins Wasser, Schläge in den Boden, unpräzise Annäherungen und zu kurze Putts.
Ich habe nur gegen einen Gegner freiwillig verloren, und zwar zweimal. Er war der Chef eines Unternehmens bei Frankfurt und einer meiner besten Kunden. Er war zehn Jahre jünger als ich und auf dem Platz zehn Mal ehrgeiziger. Er hielt sich für einen sognannten Winner-Typen, und zwar in allen Lebenslagen. Er hatte für sein Können ein viel zu tiefes Handicap, aber ein tiefes Handicap war ihm aus Prestigegründen wichtig. Weiß der Teufel, wo er dieses Handicap her hatte.
Es ist schwierig, zu verlieren, wenn man zusätzlich das zu tiefe Handicap des Gegners zu neutralisieren hat. Aber er kam mir insofern entgegen, indem er es mit dem Zählen nicht so genau nahm und mitunter eine Sechs als Fünf deklarierte. Ich schrieb natürlich die Fünf sofort auf die Karte.
Ich tat mein Bestes und schaffte jeweils eine knappe Niederlage.
Amüsant war nun, wie er mich hinterher gönnerhaft tröstete. Erst sagte er: „Sie hatten heute wirklich nicht Ihren besten Tag. Aber machen Sie sich nichts draus – so ist Golf nun mal.“
Beim zweiten Mal sagte er: „Sie hatten heute wirklich viel Pech bei Ihren Schlägen. Aber machen Sie sich nichts draus – so ist Golf nun mal.“
Sie halten mich nun womöglich für einen Charakterlumpen, und ich kann das durchaus verstehen. Ich möchte zu meiner Verteidigung nur anführen, dass meinem Ego Golf nicht dermaßen wichtig ist, dass mein Ego ständig gewinnen muss.
Ich rate Ihnen darum, es mir gleichzutun. Lassen Sie Ihren Golffreund, den Sie im Matchplay sonst immer schlagen, an seinem Geburtstag einmal gewinnen. Verlieren Sie am Valentinstag einmal vorsätzlich gegen Ihre Frau. Lassen Sie Ihren Vorgesetzten gewinnen. Sie werden drei Leute glücklich machen, und Ihr Ego wird es überleben.
In meinem Fall bekam ich den Anschlussauftrag, hinter dem ich her war. Aber womöglich hatte es mit meinen Darbietungen auf dem Platz nichts zu tun. Beim Mittagessen nach der Vertragsunterzeichnung sagte der Vorstandsvorsitzende in Frankfurt zu mir: „Sie sind zwar kein sehr guter Golfspieler, aber dafür ein ziemlich guter Unternehmensberater.“
„Danke“, sagte ich.