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Der Darm – Schlüssel zur Gesundheit

Egal ob wir abnehmen wollen oder uns mehr Energie und Gesundheit wünschen – alles hängt maßgeblich von einem intakten Stoffwechsel ab. Der menschliche Stoffwechsel, auch Metabolismus genannt, umfasst zahlreiche komplexe Vorgänge in jeder einzelnen Körperzelle, wo Stoffe ab- und umgebaut und in neue verwandelt werden. Ein gut funktionierender Stoffwechselrhythmus senkt die Gefahr gesundheitlicher Einschränkungen. Ist er hingegen gestört, kann unser Organismus leicht aus seinem gesunden Gleichgewicht geraten. Die einzelnen Vorgänge greifen so eng ineinander, dass eine Störung oft bereits die nächste nach sich zieht. So wird beim metabolischen Syndrom z. B. Übergewicht von Bluthochdruck sowie erhöhten Blutzucker- und Blutfettwerten begleitet.

DIE VERDAUUNGSORGANE

Unsere Verdauungsorgane, allen voran der Darm, spielen dabei eine zentrale Rolle, insofern ist es gar nicht unangemessen, wenn manche Menschen Stoffwechsel und Verdauung zunächst einmal synonym setzen. Die Verdauungsorgane bestimmen in erster Instanz, was schließlich in den Zellen landet, sie geben den Takt und Rhythmus der meisten Abläufe vor. »Der Darm ist der Vater aller Trübsal« soll schon Hippokrates gesagt haben. Der antike griechische Arzt teilt eine Erkenntnis mit, die durch aktuelle Forschungen aber auch in der jahrzehntelangen Praxis am Lanserhof immer wieder belegt wird: Die Gesundheit und Verfassung des Darms und der anderen am Stoffwechsel beteiligten Organe ist von entscheidender Bedeutung für unser gesamtkörperliches Empfinden. Nur ein funktionierendes Verdauungssystem ist in der Lage, alle lebensnotwendigen Nährstoffe aus der Nahrung zu ziehen und dem Körper zur Verfügung zu stellen. Doch der heutige Lebensstil mit der bekannten zeitgemäßen »Fehlernährung« und ein wenig bewusster, oft ungeregelter Essvorgang setzen das System vielfältigen Irritationen und Störungen aus. Beeinträchtigungen wie Völlegefühl, Blähungen, Bauchschmerzen bis hin zu wiederkehrenden Durchfällen oder Verstopfungen gehören zu den typischen Folgen.

SLOW EATING

Verdauung beginnt nicht erst in unserer Körpermitte, sondern bereits im Mund beziehungsweise im Kopf. Bereits wenn wir etwas Appetitliches sehen oder riechen, sendet unser Gehirn Signale, die das sprichwörtliche Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Die Speichelproduktion setzt ein, Botenstoffe werden ausgesandt und versetzen die Verdauungsorgane in Aktivitätsmodus: Magensaft wird produziert, aber auch die Bauchspeicheldrüse wird bereits zur Produktion von Insulin angeregt. Schon beim Kauen beginnen Enzyme im Speichel, die Nahrung aufzuspalten, damit nehmen sie dem Magen Verdauungsarbeit ab. Ziemlich viel sogar: So würde allein das Enzym Alpha-Amylase in unserem Speichel reichen, um die gesamten, durch Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate zu verdauen – wenn wir es ließen. Denn oft wird viel zu wenig gekaut, es werden ganze Brocken geschluckt, die nicht ausreichend mit Speichelenzymen durchsetzt sind. Das erschwert Magen und Dünndarm die folgende Arbeit. Einzelne Nährstoffe können nicht vollständig aufgeschlossen werden, und so landet letztendlich schlecht Gekautes, halb Verdautes im Dickdarm. Dort wird es dann ungenutzt ausgeschieden oder bietet schlimmstenfalls »schlechten« Bakterien, die Darmbeschwerden verursachen, einen idealen Nährboden.

DIE ROLLE DER MAGENSÄURE

Durch die Speiseröhre gelangt die möglichst zu gut eingespeicheltem Brei zerkaute Nahrung in den Magen. Dort erwartet sie zunächst ein Säurebad: Aufgrund ihres extrem sauren pH-Werts von 1,5 bis 2 schaltet unverdünnte Magensäure so gut wie alle eventuell ankommenden Krankheitserreger aus. Der Nahrung beigemengt, fördert sie anschließend im Dünndarm außerdem die Freisetzung weiterer Enzyme, die für das Verstoffwechseln der Nährstoffe sorgen. Ist allerdings zu wenig Magensäure vorhanden, werden Makronährstoffe nicht ausreichend aufgeschlossen, was in Folge auch die Aufnahme von Mikronährstoffen behindert. So kann aus nicht ordentlich zersetztem Eiweiß etwa auch nur weniger vom Spurenelement Eisen vom Körper aufgenommen werden. Fettreiches Essen, gerade in Form von eiweißreichen tierischen Produkten, ist ganz besonders schwer verdaulich und benötigt mehr Magensäure als leichtere Kost.

»

Wir leben nicht von dem, was wir essen, sondern von dem, was wir verdauen.

«

DR. MED. CHRISTIANE MAY-ROPERS, LANSERHOF TEGERNSEE

Wird hier nicht angemessen vorverdaut, können wiederum größere Nahrungsbestandteile in den Darm gelangen, wo sie Fäulnis- und Gärungsprozesse auslösen. Blähungen sind die Folge. Zusätzlich kann ein Übermaß an Eiweiß bei einem Mangel an Magensäure einen sogenannten »Reflux« bedingen, also einen Rückfluss von Säure in die Speiseröhre. Anders als häufig angenommen, ist unangenehmes Sodbrennen in diesem Fall gerade nicht die Folge von zu viel, sondern von zu wenig Magensäure. Es tritt vor allem dann auf, wenn – etwa durch zu viel Trinken während des Essens – die Magensäure verdünnt wird. An die Stelle des eigentlich vorgesehenen chemischen Vorgangs tritt ein mechanischer: Die Magenmuskulatur muss die Hauptarbeit verrichten und den Speisebrei durchwalken und kneten. Dabei wird Magensäure in die Speiseröhre zurückgepresst.

Ein gängiger Diätratschlag, direkt vor dem Essen ein Glas Wasser zu trinken, um so den Magen zu füllen, mag zwar tatsächlich ein Gefühl früherer Sättigung vermitteln. In Bezug auf die Verdauung und die Immunabwehr wirkt dies jedoch eher kontraproduktiv. Darum ist es besser, eine halbe Stunde vor dem Essen gerade so viel Wasser zu trinken, bis kein Durst mehr zu spüren ist. Dafür dann beim Essen möglichst wenig Flüssigkeit zu sich nehmen, um eine Verdünnung der Verdauungssäfte zu vermeiden.

TIPP

Gut gekaut ist halb verdaut – diesem alten Sprichwort folgend lautet das Gebot am Lanserhof: jeden Bissen 30- bis 40-mal kauen und erst dann – eventuell mit etwas Wasser – hinunterschlucken. Das hilft der Verdauung, gibt dem Körper Zeit, das langsam einsetzende Sättigungsgefühl wahrzunehmen und fördert den Genuss: Gründliches Kauen und Zerkleinern setzt Aromastoffe in Lebensmitteln frei und diese können dann wahrgenommen werden.


Ein schönes Ambiente hilft beim Schlankbleiben – nur wer sich Zeit und Ruhe fürs Essen nimmt und jeden Bissen bewusst kaut und schluckt, merkt, wann er satt ist. Erst zwanzig Minuten nach Essbeginn meldet unser Gehirn Sättigungssignale, hastige Esser nehmen deshalb oft mehr Nahrung auf als nötig.

ZEIT FÜR SÄTTIGUNGSSIGNALE

Bereits beim Kauen und Schlucken werden erste Sättigungssignale an das Gehirn gesendet. Zusammen mit den Informationen aus dem Magen sind sie allerdings erst frühestens nach zwanzig Minuten wahrzunehmen. Erst dann meldet das Gehirn: »Satt – es reicht!«. Darum ist es doppelt sinnvoll, gründlich zu kauen und sich Zeit dabei zu lassen. Viel zu viel und viel zu schnell wird das Essen im modernen Alltag oft heruntergeschlungen. Dass die Mahlzeiten noch als verbindendes Ritual am gemeinsamen (Familien-)Tisch zu geregelten Zeiten eingenommen werden können, wird immer seltener. Wir erledigen sie quasi nebenher: im Stehen, zwischen zwei Terminen und als Parallelbeschäftigung zu Fernsehen oder Internet. Dabei wird unwillkürlich viel mehr als nötig verzehrt, wie eine US-Studie jüngst belegte: Rund 150 Kilokalorien zusätzlich konsumierten die Versuchspersonen bei gleichzeitigem Medienkonsum im Vergleich zu Mahlzeiten ohne Begleitprogramm. Feste Zeiten, Ruhe und Konzentration auf das, was auf dem Teller liegt, helfen dabei, das natürliche Sättigungsgefühl wahrzunehmen und das Besteck im richtigen Moment beiseitezulegen. Wer sich Zeit zum Essen nimmt, erspart sich überflüssige Kalorien. Achtsamkeit und feste Essenszeiten lehren uns, nur das zu essen, was unser Körper wirklich braucht. Je nachdem, was wir gegessen haben, benötigt der Magen zwischen ein und zwei Stunden für leicht Verdauliches wie Obst oder Gemüse und sechs bis acht Stunden für Fleisch oder sehr Fettiges. Erst danach wird der Speisebrei in den Dünndarm entlassen, wo sich die Wege der unterschiedlichen Nahrungsbestanteile scheiden. Mithilfe von zusätzlich eingeleiteten Verdauungssäften aus der Bauchspeicheldrüse und der Galle wird im Dünndarm Magensäure neutralisiert. Enzyme spalten Bestandteile der zerkleinerten Nahrung in noch kleinere Moleküle auf: Eiweiße in Aminosäuren, Kohlenhydrate in Monosaccharide (Zucker) und Fette in Fettsäuren und Monoglyzeride. Erst in dieser Form gelangen die Nährstoffteilchen zusammen mit ebenfalls absorbierten Vitaminen und Mineralien über die Darmwand ins Blut, um darin zu den Köperzellen transportiert zu werden. Alles Übrige, für den Organismus nicht unmittelbar Verwertbare, wie etwa Ballaststoffe – in Wahrheit das Gegenteil von unnötigem »Ballast« –, tritt die Weiterreise in den Dickdarm an. Das Wesentliche scheint hier im Dickdarm also schon passiert zu sein. Dies ist der Ort, an dem Nahrungsreste für die Ausscheidung vorbereitet werden. Restwasser und Salz werden entzogen, dafür kommt Schleim für erhöhte Gleitfähigkeit hinzu. Das hier bei Weitem noch nicht alles zu Ende ist, wird sich im Folgenden zeigen. Denn der Darm ist nicht nur für Verdauung zuständig, sondern als Sitz eines eigenen Immunsystems und des Mikrobioms das eigentlich zentrale Organ für unsere Gesundheit.

RICHTIG SATT

Leider ist der Magen kein Tank mit Füllstandanzeige, die signalisiert, dass wir vollständig satt, im Sinne von ausreichend mit Nährstoffen versorgt sind. Offenbar wirken eine Vielzahl von Mechanismen zusammen, um das Sättigungsgefühl auszulösen, deren Einzelheiten bis heute nicht vollständig geklärt sind. Was als gesichert gilt: Neben anderen Auslösern messen sogenannte »Mechanorezeptoren« die Dehnung des Magens und leiten diese Information frühestens nach zwanzig Minuten ans Gehirn weiter. Das reicht aber noch nicht: erst später im Darm erkennen »Chemorezeptoren«, dass ausreichend Nährstoffe aufgenommen wurden. Der Magen kontrolliert also das Nahrungsvolumen, der Darm die Nährstoffmenge. Essen wir einen Berg kalorienarmer Gurken, dehnt sich zwar der Magen, aber der Darm sendet keine Sättigungssignale. Innerhalb kürzester Zeit fühlen wir uns wieder hungrig. Umgekehrt führen kleine Mengen an Nahrungsmitteln mit hoher Kaloriendichte – wie ein Burger oder ein Energieriegel – dazu, dass der Darm zwar genügend Kalorien registriert, die Magenwand aber nicht ausreichend gedehnt wird. So bleibt das erste wichtige Sättigungsgefühl aus und wir essen einfach weiter. Das ist heute leider bei vielen Lebensmitteln der Fall: Sie enthalten trotz kleiner Menge zu viele, oft »leere« Kalorien – sie sind kaloriendicht, aber nicht nährstoffreich. Reichlich ballaststoffreiches Gemüse, gut kombiniert mit Fleisch oder anderem Eiweiß wie in unseren Rezepten im Buch, liefert dagegen viele Nährstoffe bei deutlich geringerer Kalorienzahl. Sie halten deutlich länger satt und langfristig schlanker.

TIPP

Bitterstoffe regen die Verdauung an, fördern die Bildung von Verdauungssäften und unterstützen Leber und Galle. Gleichzeitig stoppen sie Heißhunger und regulieren so den Appetit. Bittere Salatsorten wie Chicorée, Radicchio, Endivien, Friseesalat, Rucola, aber auch Löwenzahn, Artischocken, Meerrettich und sogar Cranberrys sind also nicht nur ein spezieller, oft viel zu seltener Gaumenkitzel, sondern vielfach hilfreich.

Die heilende Kraft der Ernährung

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