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Seit der Sache mit Tylers Eierbecher letzte Woche redet Jackson jeden Morgen vor der ersten Stunde mit mir. Deutsch III ist drei Türen von meinem Mathekurs entfernt und wir sind beide meistens früh da. Er berichtet von seinen Fortschritten bei der Eingewöhnung und ich versuche nicht die ganze Zeit auf die bezaubernde Locke hinter seinem Ohr zu starren.

Wir reden über Quinlans Probleme in der dritten Klasse. Alle mussten ein Plakat machen, auf dem drei Tatsachen über einen Bundesstaat stehen sollten.

»An die Hausaufgabe kann ich mich noch erinnern«, sage ich. Quin geht auf dieselbe Grundschule, auf der Tyler und ich waren, aber inzwischen gibt es viele neue Lehrer. »Alle wollten Illinois, deswegen hat meine Lehrerin gesagt, niemand bekommt es. Ich habe dann schnell Delaware gemacht und dann noch Illinois.«

»Nicht alle fünfzig?«

»Es gab nicht genug Stifte.«

»Quin wollte aus irgendeinem Grund Maine, aber zwei Mädchen hatten schon Maine, deswegen hat die Lehrerin ihr Ohio gegeben. Ich glaube, das war nett gemeint, weil wir ja da herkommen. Aber Quin hat über ganz Ohio Kackhaufen gemalt, das Plakat hinterher in kleine Stücke geschnitten und sie dem Klassen-Meerschweinchen in den Käfig gestreut. Dann hat sie die Lehrerin als Vollidiotin beschimpft und ist gegangen.«

Nach dem, was Jackson mir über den Anruf der Schule bei seiner Mom berichtet hat, fand das wohl niemand sonst so lustig wie ich. Obwohl ich so etwas nie gemacht hätte. Selbst wenn ich alles hinterher hätte wegradieren können, hätte ich mich nicht getraut, Kackhaufen zu malen. »Deine kleine Schwester hat echt Eier.«

»Eklig. Aber wahr.«

»Warte mal, warum hatten denn zwei Mädchen Maine? Konnte man sich zusammentun?«

»Wenn zwei Schüler denselben Bundesstaat hatten, wohl schon.« Er zuckt mit den Schultern.

»Vielleicht wollte Quin ja nur mit jemandem zusammenarbeiten. Vielleicht wollte sie deshalb Maine.« Was ist das für eine Lehrerin, die eine neue Schülerin nicht mit jemandem zusammentut?

»Na ja, keiner wird jetzt noch mit ihr zusammenarbeiten wollen, nachdem sie sich so verhalten hat.« Er klingt entnervt, als würde so was nicht zum ersten Mal passieren. Und er hat recht, Maine hin oder her, niemand mag das Kind, das auf Ohio scheißt und es dann über die Tiere im Klassenzimmer verteilt.

»Sie hätten sich mit ihr zusammengetan, wenn sie Delaware gewählt hätte. Coole Leute entscheiden sich für Delaware.«

»Ich würde mich immer mit dir zusammentun«, sagt er und alle meine inneren Organe setzen einen Moment lang aus. »Du würdest die ganze Arbeit machen.«

»Stimmt«, sage ich und hoffe, dass die ganze Schule so ein Plakat als Hausaufgabe bekommt, damit Jackson und ich zusammen Delaware bearbeiten können.

»Das habe ich fast vergessen.« Jackson kniet sich hin, um seinen Rucksack aufzumachen. »Ich habe was für dich.«

Ich vermute, es ist irgend so was Langweiliges wie eine Mitteilung von seiner Mutter an meine, aber eigentlich hoffe ich auf Brummbär. Ich habe nicht nach ihm gefragt und werde das auch nicht tun. Ich werde den Zwerg nur wiedersehen, wenn ich bei Jackson einbreche. Oder eingeladen werde. Ha.

Max Cleave bleibt neben uns stehen und fragt: »Kommst du nachher mit zu den Käfigen?«

Jackson steht auf und ich kann sehen, dass er ein zerknülltes Küchentuch in der Hand hält. Eindeutig keine Mitteilung, aber auch nicht die beste Art, einen Miniatur-Bergarbeiter aus Glas aufzubewahren. Vielleicht hat Quinlan noch etwas anderes gestohlen? Vielleicht gibt er mir Tylers Eierbecher zurück?

»Ja. Wir treffen uns beim Westeingang.« Der Schulgong ertönt zum ersten Mal, um die Rindviecher in den Unterricht zu treiben. Ich weiß gar nicht, was meine Neugier mehr weckt – zu erfahren, was Jackson in der Hand hält, oder was er mit Max Cleave vorhat.

Jackson beobachtet mich dabei, wie ich Max beim Weggehen beobachte. »Baseball. Schlagtraining. Ich werde wohl im Frühling versuchen, in die Mannschaft zu kommen.«

»Ich dachte, du spielst Tennis?«

Er zuckt mit den Schultern. »Wäre vielleicht schön, mal wieder in einer Mannschaft zu spielen.«

Das scheint für ihn alles so einfach zu sein. Von einer Sportart zur nächsten, von einer Mannschaft zur nächsten, von einer Schule zur nächsten, von einem Freund zum nächsten.

Die Flure leeren sich. Ein Lehrer am anderen Ende des Gangs macht gerade die Tür zu seinem Klassenraum zu und wirft uns einen bösen Blick zu.

Jackson hält mir das zusammengeknüllte Küchentuch hin. »Ich hoffe, er ist nicht zu zerquetscht.« Ich nehme es entgegen und mache es auf. Darin ist ein Schokomuffin. Den ich bekommen habe. Von Jackson Oates. »Hat meine Mutter gebacken.« Ich blinzele den wunderschönen Muffin an und will ihn mir am liebsten auf einmal in den Mund stopfen und gleichzeitig nicht einen Bissen davon essen. »Ich dachte, die magst du vielleicht«, ergänzt er, weil ich noch immer nichts gesagt habe. Natürlich mag ich ihn. Ein selbst gebackener Muffin voller Schokolade, der nach Butter und Vanille und braunem Zucker duftet. Außerdem hätte es auch das Meerschweinchen aus Quins Klassenraum sein können, am Spieß gebraten, und ich würde es trotzdem mögen, weil Jackson Oates es in ein Küchentuch gewickelt und mir mitgebracht hat. Doch dass es ein Muffin ist, übersteigt alles.

»Danke«, bekomme ich heraus.

»Guten Appetit«, sagt er auf Deutsch. Und dann ist er weg und ich trage den Muffin wie ein Meerschweinchenbaby in den Matheunterricht. (Ein sehr leckeres Meerschweinchenbaby.)

Meine Augen sind hier oben

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