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Es klingelt zum Unterricht und Jackson ist nicht aufgetaucht. Ich stapfe ins Klassenzimmer und bin enttäuscht. Alle anderen sind aufgeregt. Wir schreiben heute einen Test.

Carlisle Patone hat seinen Bleistift messerscharf angespitzt und schreibt in winziger Schrift, damit er so viel Information wie möglich auf die Notizblätter bekommt, die wir verwenden dürfen.

»Du machst es nur schlimmer. Da wirst du nichts finden können«, warne ich ihn.

»Du hast leicht reden«, sagt Carlisle und überträgt weiter Unsinn von seinem Heft auf seinen Pfuschzettel. Jemand sollte Carlisle erlösen und ihn wieder in den normalen Mathekurs stecken.

Drei Jungs reichen sich lachend einen Taschenrechner hin und her. Die meisten von uns haben in der fünften Klasse entdeckt, welche Wörter man auf einem Taschenrechner lesen kann, wenn man ihn umdreht. Aber es gibt noch immer ein paar Idioten, die es witzig finden, sich Gleichungen auszudenken, deren Antworten blödsinnige Wörter ergeben, auch auf einem multifunktionellen Taschenrechner, der sowieso eine Tastatur mit Schrift hat.

377304 – HOELLE

7353 – ESEL

5508 – BOSS

38537 – LESBE

Was ich nicht verstehe: Es ist Menschen möglich, einen Schimpansen derart realistisch am Computer zu animieren, dass mein Großvater denkt, die Filmstudios würden tatsächlich Affen dazu abrichten, auf dem Rücken eines Pferdes zu kämpfen. Wieso kann Texas Instruments dann keinen grafikfähigen Taschenrechner erfinden, auf dem man nicht »BOOBS« liest, wenn man die Zahlen 58.008 auf den Kopf stellt? Oder korrekterweise »BOO.BS«.

Vielleicht sind die Ingenieure bei Texas Instruments pubertierende Jungs. Pubertierende Jungs, die zu schlau für Schulmathe waren, direkt auf eine besondere Mathe-Uni gehen mussten und dann Jobs als Taschenrechnerhersteller bekommen haben.

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Kyle Tuck auf mich zeigt. Wahrscheinlich hat er gerade eine Gleichung gefunden, die 58.008 ergibt. Boobs, Brüste – vor allem besonders große oder besonders kleine und ganz besonders meine – sind eine unendliche Quelle der Belustigung für Kyle.

Dafür, dass Kyle so schlau ist, ist er ganz schön dumm.

Der Test ist einfach. Bei zwei Aufgaben muss ich auf meinen halb voll geschriebenen Notizzettel zurückgreifen. Ich bin als Zweite fertig, ganze vierzig Minuten vor Carlisle. Ich hole mein Handy aus meiner Tasche und spiele unterm Tisch Zombie-Sudoku (das ist einfach Sudoku, aber anstatt mit Zahlen muss man die Kästchen mit neun Varianten von Untoten füllen.) Natürlich dürfen wir keine Handys im Klassenzimmer haben, aber was soll ich sonst tun?

Ich sehe sofort, dass Jackson mir ein Foto geschickt hat. Ich tue so, als würde ich meine Schnürsenkel binden, damit ich nah genug an mein Handy komme, um es mir anzugucken.

Es ist ein Foto von seiner Stirn und über seinen Augenbrauen ist eine etwa fünf Zentimeter lange rote Linie, die von einer Reihe Fäden zusammengehalten wird. Tyler hat inzwischen so viele Schnittwunden auf seinem ganzen Körper gehabt, dass ich sofort weiß, dass Jackson fachgerecht genäht worden ist. Und ich schicke einen stillen Dank an Relocation Specialist Kathryn Walsh, weil sie »Beste Notaufnahme« in ihre Liste von Empfehlungen aufgenommen hat. Sie hat wahrscheinlich Jacksons wunderschöne Stirn gerettet.

Was ist passiert?

Q-Monster.

Quinlan war das?

Jep.

???

In meinem Kopf dreht sich alles. Zum Teil, weil ich mich frage, was der brummige Brummbärdieb ihm angetan hat, aber hauptsächlich, weil er mir gerade ein Foto geschickt und sich gemeldet hat. Bevor ich richtig antworten kann, schreibt er:

Kommen grade aus der NA.

Erzähl dir alles beim Mittagessen?

Mittagessen? Er weiß schon, dass er gerade nicht an Max Cleave schreibt, oder? Und auch nicht an den Taco-Foodtruck?

»Greer? Sehe ich da ein Handy?«

Die ganze Klasse, die, die schon fertig sind, und die, die noch nicht fertig sind, starrt mich an, als würde ich gerade mit einem blutigen Messer in der Hand über einem Mordopfer stehen.

»Bring es mir, bitte.«

Ich lasse den Kopf hängen, damit niemand meinen Gesichtsausdruck sehen kann, gehe nach vorne und händige Ms Tanner mein Handy aus. Seit Menschengedenken habe ich keinen Ärger in Mathe oder in irgendeinem anderen Kurs gehabt. Alle denken jetzt, ich bin rot im Gesicht, weil ich mich schäme. Sie irren sich.

Ms Tanner legt mein Handy in einen Korb auf ihrem Schreibtisch, der extra dafür gedacht ist.

Aber nicht, bevor ich ein Sandwich- und ein Daumen-hoch-Emoji geschickt habe.

Meine Augen sind hier oben

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