Читать книгу Der Sarekmann - Lennart Hagerfors - Страница 10
ОглавлениеWas macht berge für menschen so verlockend? Was läßt manche Menschen unglücklich werden, wenn sie sich im Schatten des Berges aufhalten? Trotz meiner Neigung zu Schwindel – oder vielleicht gerade deswegen – haben Höhen mich stets angezogen. Ich könnte jedoch kaum ständig in Gebirgsgegenden leben. Das würde zu große Anforderungen an mich stellen.
Die Ebene und der Wald sind die Landschaft der Routine. Das heißt Arbeit, Dörfer, Städte. Das heißt Menschen, die sich versammeln, Feste veranstalten, sich quer über eine Dorfstraße hinweg streiten, sonntags Gottesdienste abhalten. In Kriegszeiten ziehen gewaltige Armeen gegeneinander auf, und kaum einer weiß, worum gekämpft wird.
In den Bergen leben die Menschen abgesondert, und sie sprechen ungern miteinander. Die Männer sind oft bewaffnet und kämpfen aus persönlichen Gründen. Keiner hält Gottesdienste ab, hier spricht der einzelne mit seinem Gott. Hierher kommt man nicht, um die Mühen der Arbeit mit anderen zu teilen, sondern um einen Ausblick zu haben, um jemand anderem eine Landschaft zu zeigen, zu sagen: «Ab diesem Augenblick, an diesem hohen Aussichtspunkt, wird sich alles verändern.» Ein Vater spricht mit seinem Sohn über die Berufung, nicht über die Einteilung der Arbeit oder die Aufteilung des Erbes. Er spricht nicht vom Wachstum der Pflanzen, sondern von Leben und Tod.
In der Ebene treten sich Erzfeinde in Zwisten und Prozessen gegenüber. Auf dem Berg treten sie sich mit der Waffe in der Hand gegenüber, und nur einer von beiden kommt wieder herunter. In der Ebene sinniert der Mensch darüber, was aus seinem Leben werden soll. Auf dem Berg sinniert er darüber, was das Leben ist. Die Ebene kann im besten Fall Menschen hervorbringen, die Mitgefühl haben, die Verständnis zeigen für den, der anders ist, die imstande sind, so etwas wie Demokratie aufzubauen, im schlechtesten Fall Menschen, die von der Tyrannei der Diktatur gelähmt sind. Solche Menschen sind in den Bergen selten. Dorthin flüchtet einer, der sich der Ordnung der Ebene versagt.