Читать книгу Der Sarekmann - Lennart Hagerfors - Страница 17

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Der mann, der genau dort stand, wo ich meinen Begleiter treffen sollte, starrte in das dunkle Wasser des Gebirgsbachs. Die Säule aus Licht, die aus dem hellblauen Loch in der Wolkendecke auf ihn herabstürzte, war ein Zeichen: Hier ist der Ort, hier ist der Mann!

Sobald ich ihn entdeckt hatte, verließ ich instinktiv den Pfad und schlich mich vorsichtig durch Heidekraut und steiniges Gelände. Ich bewegte mich an einem Lagerplatz der Lappen entlang, der verlassen schien.

Der Mann hatte mich nicht entdeckt, er begann sich auszuziehen, als befände er sich daheim im Schlafzimmer. Während er sich auszog, näherte ich mich ihm vorsichtig, und als er sich aufrichtete und zu dem Hang emporspähte, den ich heruntergekommen war, blieb ich stehen. Er entdeckte mich nicht, sondern stürzte sich nackt in den eiskalten Bach. Das Wasser sah tief und dunkel aus, aber hier, kurz vor der Mündung in den Pietsaure, floß es langsam.

Er stellte sich aufrecht hin und watete prustend an Land. Das Wasser reichte ihm nur bis an die Knie. Die Sonne glitzerte in den Tropfen auf seinem braunen, muskulösen Körper.

Während er sich abtrocknete, ging ich die letzten Meter auf ihn zu. «Kalt, wie?» brüllte ich, als er gerade versuchte, die Beine in die Hosen zu zwängen. Er zuckte zusammen und verlor das Gleichgewicht. Mit ein paar ungelenken Schritten versuchte er sich wieder aufzurichten, doch es gelang ihm nicht, und er fiel wieder ins Wasser. Ich stieß einen Schrei aus und hob zu einer Entschuldigung an, brach aber mittendrin ab. Ich erkannte den Mann, der mit starrem, erschrockenem Blick im Wasser saß und nach Luft schnappte. Es war Kelly.

Mühsam hangelte er sich auf die kleine Uferwiese, fluchend und stammelnd. Schließlich stieß er hervor: «Du bist hier?» Auf meine Frage «Hast du lange gewartet?» antwortete er nicht, sondern starrte mich mit seinen hellen Fischaugen an. Er war irritiert. Das war deutlich zu merken, als er sich wieder anzog. Ich nahm den Rucksack ab, setzte mich auf einen Stein und verfolgte interessiert seine Bewegungen. Trotz seines Unwillens, der so stark war, daß man ihn fast riechen konnte, war es bemerkenswert, mit welcher Kraft und Koordination er sich bewegte. Der Rucksack und die Ausstattung schienen wie maßgeschneidert, seine Bewegungen wirkten eingeübt, jedes Fach, das sich in dem Rucksack öffnete, jedes Kleidungsstück, das er anzog, alles erinnerte an einen Elitesportler, der kurz vor dem Start seine Ausrüstung überprüft.

Jetzt beleuchtete uns eine sanfte Nachmittagssonne. Schräg hinter Kelly, etwa fünfzig Meter entfernt, sprangen ein paar Rentiere über den Bach. Die Luft war nach dem Regen frisch und klar. Die Wolken glitten als zarte Schleier über uns hinweg und verschwanden Richtung Osten. Es war beinahe windstill. Ich bückte mich und pflückte ein paar Blaubeeren, die ganz in der Nähe wuchsen, warf sie aber weg, nachdem ich sie betrachtet hatte. Dies war die bizarrste Idylle, die ich je erlebt hatte.

«Wollen wir essen?» fragte ich. Kelly stand in Gedanken versunken da und starrte auf den Berg Rasek südlich von uns. Ich wiederholte die Frage, und er nickte zerstreut. Ich holte den Kocher heraus, füllte ihn mit Brennspiritus, zündete ihn an und rührte Wasser aus dem Fluß in eine Packung gefriergetrocknetes Curryhuhn mit Reis. Der Curryduft stieg aus dem Topf auf wie der Geist aus der Flasche: ein bunter exotischer Fremdling, der schlecht in die nordische Fjälluft paßte.

Wir aßen schweigend. Es schmeckte erstaunlich gut. Dann fragte ich ihn, warum er mich gesucht habe. Er stritt es ab. Mit harter Stimme sagte er, seine Zusammenarbeit mit Usk sei «ein abgeschlossenes Kapitel».

Ich lachte, nahm es als einen Scherz, als eine der vielen Mystifikationen dieser Wanderung.

Dann hatte Kelly offenbar beschlossen, nett zu sein. Er sah mich an und lächelte. «Das ist die Freiheit», sagte er und deutete hinaus auf die Fjällwelt. «Hier gibt es keine Verpflichtungen, hier haben Zeit und Geld keine Bedeutung, hier ist man sein eigener Herr, hier kann man sich auf seine eigene Kraft, sein eigenes Urteil verlassen.» Er forderte mich auf, ein Bad zu nehmen, damit ich nicht später am Abend fröre und schlechte Laune bekäme.

Das Wasser sah so verlockend aus, daß ich seiner Aufforderung tatsächlich folgte. Kaum daß ich hineingestiegen war, bereute ich es. Ich hatte mir nicht vorgestellt, daß es so entsetzlich kalt sein würde. Während ich zögernd dastand, begannen die Beine zu schmerzen. Ich spritzte Wasser auf den Oberkörper, hüpfte auf und nieder und warf mich schließlich schreiend hinein.

Hinterher war es herrlich. Kelly scherzte und lachte über mich, er reichte mir das Handtuch und gab mir Ratschläge, wie ich mich anziehen sollte. Er kochte Kaffee und spendierte ein Stück Schokolade. Seine Züge bekamen etwas Jungenhaftes: ein Pfadfinder, der irgendeinen Schabernack ausheckt.

Mit seiner Hilfe baute ich in wenigen Minuten das Zelt auf. Ich kroch hinein, rollte die Unterlage und den Schlafsack aus und bereitete mich auf die Nacht vor. Ich nahm an, er würde das gleiche tun, aber als ich aus dem Zelt trat, hatte er seinen Rucksack gepackt und war gerade dabei, ihn auf den Rücken zu wuchten. Sein Gesicht war wieder ernst. Er sah jedoch etwas komisch aus, da er keine Hosen anhatte. Die waren ja immer noch naß.

Der Sarekmann

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