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Na also“, sagte Kornelia am Morgen befriedigt, als Pölze zu sich kam. Sie stand, gewaschen, gekämmt, im Reitanzug mit blankgeputzten Stiefeln vor Pölzes Bett und lachte, daß man hätte denken können, sie habe vierundsechzig Zähne. Kornelia besaß das schönste Gebiß, das man sich vorstellen kann, weiß mit einem winzigen bläulichen Emailleschimmer und so ebenmäßig, daß nirgends auch nur die kleinste Lücke zwischen den Zähnen zu sehen war. Pölze hatte sie oft mit einem kleinen freundlichen Neid betrachtet.

„Ich war schon bei den Pferden, es geht ihnen gut“, erzählte Kornelia, „und Berti ist angezogen, hat gefrühstückt und sitzt auf dem Arm unserer Frau Wirtin wundermild, die ihm den ganzen Hof zeigt. Die einzige, die noch faul in den Federn liegt, bist du, und wenn du nicht jetzt mit der Schnelligkeit einer Leuchtrakete aufschießt und ganz gesund bist, bin ich ewig böse.“

„Ich bin ja gesund“, sagte Pölze.

Es war wahr. Sie fühlte sich wunderbar wohl und ausgeruht und hatte einen brüllgesunden Hunger.

„Kann man hier irgendwo duschen?“ fragte sie. Kornelia nickte. Während Pölze etwas später unter dem kalten, prasselnden Wasserstrahl stand, mußte sie über sich selbst den Kopf schütteln. Natürlich war es nur ein Handtuch gewesen, das Gespenst, das sie in der Nacht geängstigt hatte. Natürlich war ein Aberglaube nur ein Aberglaube. –

Es gab Eier und Speck und ein wundervolles dunkles Brot zu einem Kaffee, der leider so dünn war, daß man ihn durchaus auch für Tee hätte halten können, aber ...

„Des Lebens ungemischte Freude ward keinem Sterblichen zuteil“, zitierte Kornelia altklug, bei der es in der Schule zur Zeit gerade schillerte, wie sie es nannte. „Halte dich an die Eier, die sind unverfälscht und dazu billig.“

„Ja, leider. Eier kosten ungefähr soviel wie vor dem letzten Kriege“, sagte Pölze, die das oft von Bertram gehört hatte, „alles andere das Dreifache. Mit Eiern ist heutzutage nichts zu verdienen.“

„Alle Bauern klagen“, fügte Kornelia hinzu und köpfte ungerührt das dritte Ei, „sie haben vermutlich schon vor dem Krieg geklagt. So, nun sind wir satt bis abends, nun kann’s weitergehen. Mir juckt die Sitzfläche schon wieder nach dem Sattelleder.“

„Dabei reitest du ohne Sattel“, meinte Pölze vergnügt, „aber mir geht es ähnlich. Komm!“

Sie stand auf und fühlte im selben Augenblick einen ganz schnellen, ganz heißen Schmerz durch ihren Körper zucken. Gleich darauf war es vorbei, und sie wußte nicht einmal so recht, ob er Wirklichkeit gewesen war. „Uh –“, stöhnte es doch noch aus ihr, und Kornelia, die sie an der Hand mit sich gezogen hatte, blickte überrascht zurück.

„Was hast du?“

„Ach, mir war bloß so komisch. Ist schon vorbei. Los!“

Pölze spürte wirklich nichts mehr. Und dann sah sie Berti, der vom Arm der Wirtin aus zu ihr hinstrebte, lachend und zappelnd, nahm ihn und drückte ihn an sich. Im selben Augenblick ging das Telefon.

„Ich gehe schon!“ schrie Kornelia und rannte davon. Gleich darauf erschien sie mit strahlendem Gesicht wieder.

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