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2. Bonnesource, Normandie, 15. August 1990

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Christine war es auch gewesen, die Leo auf die Französin Sandrine Martin und deren Untersuchungen über Giftstoffe im Calvados gebracht hatte. Diese Geschichte fiel ihr wieder ein, als Leo von seiner neuen Aufgabe erzählte, am LEAG ein Labor zum Nachweis von krebserzeugenden Substanzen aufzubauen.

Leo hatte vorher weder von Sandrine Martin gehört, noch wusste er etwas über Calvados. Christine begann ihm von ihrer Recherche zu erzählen, die sie einen Monat zuvor in Frankreich durchgeführt hatte. Genauer gesagt war es in der Normandie gewesen, für eine Reportage, bei der es um die traditionelle Herstellung von Cidre und Calvados ging. Cidre ist ein moussierender Apfelmost, der in Frankreich vor allem in der Normandie und der Bretagne hergestellt wird. Calvados ist ein aus Cidre gebrannter, hochprozentiger Alkohol, der traditionell von den Bauern in der Normandie erzeugt wird. Vor etwa dreißig Jahren hatte dieser, nicht nur die Verdauung anregende Tropfen, internationale Popularität erlangt und machte den alten Traditionsbränden Cognac und Armagnac Konkurrenz. Aus manchem bescheidenen normannischen Obstbauern wurde ein reicher Spirituosenproduzent, denn mit der Herstellung und dem Verkauf von Calvados ließ sich eine Menge Geld verdienen. Das lag unter anderem auch daran, weil die Marke Calvados durch europäische Gesetze geschützt und ihre Herstellung auf eine kleine Region Frankreichs begrenzt war.

Erst gegen Ende ihrer Reportage war Christine auf den Namen Sandrine Martin gestoßen. Christine hatte sich für eine Woche entlang der malerischen Route du Cidre bewegt. Diese sogenannte Apfelweinstraße war ein etwa vierzig Kilometer langer Rundweg, der durch die wichtigsten Produktionsorte der Region führte.

Zum Abschluss ihrer Reihe von Interviews sprach sie mit Théodore Leroy, seines Zeichens conseiller général im Department Calvados. Dieser Titel ließ sich am besten mit Generalrat übersetzen, ein hochrangiger Gemeindevertreter im Department, der alle sechs Jahre durch Wahlen neu bestätigt werden musste. Leroy empfing Christine auf seinem Landsitz in Bonnesource, einem kleinen Ort im Herzen des Departments Calvados, das den gleichen Namen wie der dort hergestellte Apfelbranntwein trug. Die in dieser Region aus Äpfeln hergestellte Spirituose durfte sich zudem noch mit dem Prädikat Calvados du Pays d‘Auge schmücken.

Théodore Leroy war ein Mann Ende fünfzig mit längeren, gewellten, graumelierten Haaren und einem geschwungenen Oberlippenbart. Er war ein guter Unterhalter, ein Bonvivant, aber zu Christines Enttäuschung wusste er nicht mehr über die Tradition des Cidre und Calvados, als was sie nicht schon vorher erfahren hatte. Christine überlegte bereits, wie sie sich am besten verabschieden könnte, aber dann nahm das Gespräch mit dem Generalrat eine unerwartete Wendung.

Leroy war durch Christines Gesellschaft gesprächig geworden. Er begann sich bitter über eine Frau zu beklagen, die von einer Universität aus Paris mit der Absicht hierher geschickt worden war, den Calvados in den Dreck zu ziehen. Genauso drastisch hatte er es ausgedrückt. Auf die Frage von Christine, was es denn nun mit dieser Frau aus Paris auf sich hätte, strich sich der Generalrat mit seinem linken Zeigefinger über seinen geschwungenen Oberlippenbart. Er stand auf, ohne ein Wort zu sagen, und kam mit einer Flasche und zwei Gläsern an den Tisch zurück.

„Probieren Sie zuerst, Mademoiselle Bergmann, bevor wir weiter über diese infamen Unterstellungen reden. Dann sagen Sie mir, was Sie als Ortsfremde von unserem Calvados halten.“

Christine hatte Calvados schon vorher probiert. Allerdings machte sie sich nicht allzu viel aus hochprozentigen Getränken. Doch in diesem Moment bemerkte sie, dass es Théodore Leroy mit der Verkostung ernst war. Sie würde kein weiteres Wort mehr aus ihm herausbekommen, bevor sie nicht mit ihm angestoßen hatte. Der Generalrat füllte zwei tulpenförmige, sich nach oben verjüngende Gläser mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit aus der Flasche, die er danach auf dem Tisch vor ihr abstellte. Er schwenkte sein Glas mit einer übertrieben wirkenden Geste und hielt Christine dazu an, es ihm nachzutun.

„In diesen speziellen Gläsern kommt das Aroma des Calva, so wie wir ihn hier nennen, am besten zur Geltung. Nehmen Sie erst den Duft auf, bevor Sie kosten, Christine. Ich hoffe, Sie erlauben mir, Sie bei Ihrem Vornamen zu nennen?“

Christine nickte, hob ihr Glas und sagte höflich: „À la votre, Théodore“.

Sie nahm das starke, nach Äpfeln duftende Bouquet des Calvados auf, bevor sie ihn kostete. Es war doch überraschend, wie gut dieser Calva schmeckte. Auch, wie sanft er sich in ihrem Gaumen ausbreitete und nach dem Trinken nicht das brennende Gefühl hinterließ, welches sie mit Spirituosen allgemein in Verbindung brachte. Einen Calvados dieser Qualität hatte sie bisher noch nicht kennengelernt. Aber trotzdem konnte Christine sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, zu dieser Tageszeit mehr als ein Probiergläschen zu trinken. Als Théodore Leroy ihr erneut einschenken wollte, verwies sie auf die Fahrt nach Rouen, die sie noch vor sich hatte und auf die Alkoholkontrollen, die in letzter Zeit von der Polizei besonders intensiv auf den Landstraßen durchgeführt wurden. Leroy nickte ihr mit bekümmerter Miene zu, sagte, er kenne dieses Problem leider sehr gut und trank, wie zur Bekräftigung seiner Worte, sein zweites Glas Calvados in einem Zug.

Nachdem er sich bereits ein drittes Glas einschenkt hatte, welches er aber zunächst nicht anrührte, begann er mit glänzenden Augen zu erzählen. Jedoch kam er nicht sofort auf Sandrine Martin zu sprechen. Vielmehr redete er von der Schönheit des Pays d’Auge, von den bäuerlichen Traditionen, der Naturverbundenheit der Menschen und von den gastronomischen Schätzen, mit denen die Region von sich reden lassen konnte.

„Das alles ist reine Natur, keine Chemie, alles ist rein biologisch erzeugt“, bekräftigte Leroy und klopfte dabei mit seinem Fingernagel auf die Flasche.

Christine, die ihn nach seinen Worten zuerst für einen Sympathisanten der französischen Grünen gehalten hatte, erfuhr bald, dass er Mitglied einer neu gegründeten Partei war, die sich PCP (Parti des Chasseurs-Pêcheurs) nannte. Sie wusste, dass es mit der PCP so eine Sache war. Diese Partei vertrat vor allem die Interessen von fanatischen Jägern und Anglern und setzte sich aus Leuten zusammen, die mit den Grünen in erbitterter Feindschaft lebten. PCP Vertreter galten als nicht zimperlich, wenn man den Tierschützern zeigen musste, wo es lang ging. Es gab Berichte von Bauern, die sich mit Jägern angelegt hatten, als diese sturzbetrunken mit einer Meute Hunde über die Felder zogen und das Weidevieh in panische Flucht trieben. Von Jägern, die den protestierenden Bauern bedrohlich mit der Schrotflinte vor dem Bauch herumfuchtelten. Eine Abgeordnete der Grünen hatten sie mitten in Paris zuerst angepöbelt und dann geohrfeigt. Kurz gesagt, es waren Leute fürs Grobe. Christine verkniff sich gegenüber Leroy ihre Meinung über die PCP. Sie brachte ihn, der in seinem Monolog abschweifte und begann, über die letzten Kantonalwahlen zu reden, mit der Erwähnung des Namens Sandrine Martin auf ihre Frage zurück.

„Eine Nestbeschmutzerin“, entfuhr es Leroy. Er hatte mittlerweile sein viertes Gläschen Calva vor sich stehen und lächelte Christine an, wie um sich für seine heftigen Worte zu entschuldigen.

„Sie müssen wissen, Mademoiselle Martin stammt auch aus der Normandie, genauer gesagt aus Lisieux. Man hat sie in Paris wohl auch gerade deswegen ausgesucht, um uns hier in der Region über die wahren Hintergründe ihrer Mission zu täuschen.“

Da müsste er aber schon etwas mehr ins Detail gehen, meinte Christine. Als der Generalrat damit gerade beginnen wollte, betrat seine Haushälterin mit einem Tablett in der Hand den Salon und tischte einige kulinarische Köstlichkeiten auf.

„Alles erzeugt im Umkreis, sagen wir, von nicht viel mehr als fünfzig Kilometern“, meinte Théodore Leroy stolz und zeigte auf die Servierschale mit dem Essen. „Nicht wahr, Madame Boulignier?“ Seine Haushälterin mit den streng nach hinten zu einem Dutt frisierten Haaren nickte und lächelte Christine zu.

„Außerdem haben Sie ja heute Nachmittag noch einen längeren Weg vor sich, da ist es gut, neben dem Calva auch noch etwas Festes im Magen zu haben.“

Christine nickte, lächelte und prostete Théodore Leroy diesmal mit einem großen Glas Burgunder zu, den er ihr zum Essen eingeschenkt hatte.

„Nur Wein produzieren wir nicht, da spielt unser Klima nicht mit.“ Leroy lachte und deutete auf das Glas, als er mit ihr anstieß.

Er holte tief Luft, als wollte er die ganze Geschichte in einem Atemzug erzählen. „Mademoiselle Martin kam angeblich von der landwirtschaftlichen Fakultät der Université Paris-Sud, um eine Doktorarbeit über die traditionellen Methoden bei der Herstellung von Calvados anzufertigen. Sie sprach auch bei mir vor und im Gemeinderat fanden alle das Vorhaben für die Region sehr positiv. Da ihre Familie aus Lisieux stammt, gerade mal zwanzig Kilometer von hier entfernt, gewann sie schnell das Vertrauen unserer örtlichen Produzenten. Damit hatte sie Zugang zu allen Stationen der Produktion von der Obstplantage bis hin zur fertigen Flasche, wenn man es so sagen will.“

Leroy rülpste, nachdem er die ersten Bissen, während er weitersprach, zu hastig verschlungen hatte. Er entschuldigte sich und fuhr fort: „Leider erfuhren wir erst spät, was Mademoiselle Martin wirklich vorhatte. Sie war auch nicht von der landwirtschaftlichen Fakultät, sondern Lebensmittelchemikerin und hatte einen ganz anderen Auftrag, als sie vorgab …“

Er machte eine Pause, wie um die Spannung zu erhöhen und sah Christine, die ihm mit wachsendem Interesse zuhörte, bedeutungsvoll an.

„Und was war das für ein Auftrag?“ Christine dehnte ihren Satz immer weiter in die Länge, während Leroy sich zu ihr vorbeugte und sie immer intensiver musterte. Für einen Moment war Christine unsicher, ob er nicht ganz andere Absichten hegte, als sie angenommen hatte.

„Ha!“, rief Leroy plötzlich. „Es hätte allen im Landkreis schon längst vorher auffallen müssen!“

„Sie machen es aber wirklich spannend“, sagte Christine.

„Es hätte allen auffallen müssen, dass sie überall fotografierte, sie konnte gar nicht genug Bilder kriegen. Auf mehreren Höfen in der Gegend war sie gewesen und es war immer das Gleiche.“

„Nun ja“, warf Christine vorsichtig ein, „eine fotografische Dokumentation kann viele Worte ersetzen, nicht wahr?“

Leroy schüttelte heftig den Kopf. „Nein, nein, nein, Mademoiselle. So war es nicht. Da war noch viel mehr. Sie wurde dabei beobachtet, als sie Proben nahm.“

„Proben?“ Christine war erstaunt.

„Ja genau, Proben! Sie hatte immer eine große Tasche bei sich. Wir dachten, die wäre für ihre Bücher und für die Kamera. Aber da waren Reagenzgläser drin und sie nahm Proben von allem! Von den Äpfeln, dem Cidre, dem Wasser, von den Gerätschaften, von allen Stationen der Produktion, bis hin zum fertigen Calvados.“

„Nun ja ...“

Christine wollte etwas sagen, aber Leroy schnitt ihr das Wort ab.

„Ich frage Sie, wozu braucht man solche Proben, wenn man über die traditionelle Herstellung von Calvados berichten will?“

Leroy hielt ihr angriffslustig den Zeigefinger vor das Gesicht. „Aber damals haben wir uns noch nichts weiter dabei gedacht, bis …“

„Bis?“

„Bis herauskam, zu welchem Zweck sie diese Proben genommen hatte.“

„Aha!“

„Jemand, der Name spielt keine Rolle, hatte Zweifel bekommen, bei der Universität in Paris angerufen und sich nach Mademoiselle Martin erkundigt. So bekamen wir heraus, wer diese infame Person war und was sie wirklich vorhatte.“

Christine dachte sich ihren Teil, wer dieser Jemand wohl gewesen war, sagte aber nichts weiter und sah Leroy erwartungsvoll an. Sie hatte gut gegessen und getrunken. Wäre Leroys Geschichte nicht so spannend gewesen, hätte sie sich gerne auf der Terrasse des Landhauses in einem der bequemen Gartenstühle auf ein Nickerchen ausgestreckt.

Sie konnte ein Gähnen gerade noch unterdrücken, als Leroy hinzufügte: „Sie wurde mit dem eindeutigen Auftrag geschickt, Giftstoffe im Calvados nachzuweisen!“

Er sah Christine an, als wollte er ihre Reaktion darauf testen, aber das Einzige, was er bemerkte war, dass ihre Augen noch größer wurden.

„Was denn für Giftstoffe?“

„Ja, das ist eine gute Frage, Mademoiselle. Das Ganze ist sowieso lächerlich, nicht wahr? Wir produzieren hier schließlich keinen Fusel.“ Leroy stieß ein empörtes Lachen aus und zeigte auf die geschwungene Flasche, die auf dem kleinen Tisch vor ihnen stand.

„Haben Sie denn Mademoiselle Martin daraufhin angesprochen?“

Théodore Leroy hatte die Flasche mit dem Calvados in seine Hand genommen und streckte sie Christine entgegen. „Noch einen Calva zur Verdauung? Bei uns nennen wir das ein trou normand. Wenn der Magen voll ist, wird dadurch Platz geschaffen und man kann wieder etwas essen.“

Christine lachte amüsiert und hob abwehrend ihre Hand: „Nein danke, Théodore! Ihr Calva ist wirklich sehr gut, aber ich brauche nichts zur Verdauung. Ein Espresso zum Wachbleiben wäre für mich jetzt genau das Richtige.“

Leroy nickte und klingelte nach seiner Haushälterin. „Ich hoffe, ich habe Ihnen mit dieser Geschichte nicht den Calvados verekelt“, entschuldigte er sich. „Glauben Sie mir …“

„Was sollten das denn nun für Giftstoffe sein?“, hakte Christine nach.

Leroy winkte ab und verzog verdrießlich sein Gesicht. „Als Mademoiselle Martin das letzte Mal hier auftauchte, wussten alle Bauern längst Bescheid. Ich hatte leider keine Gelegenheit, vorher mit ihr über diese leidige Geschichte zu reden.“

Er schwieg einen Moment und starrte vor sich hin.

„Unbedarft, wie sie nun einmal war, ging sie wieder auf den Hof von Patrick Guérin. Der liegt ein paar Kilometer von hier entfernt in der Nähe eines kleinen Dorfes namens Blagny. Dort hatte sie bei ihrem letzten Besuch aufgehört, weil sie zwischendurch immer wieder nach Paris fuhr. Wahrscheinlich, um dort ihre Proben zu untersuchen.“

„Ja und dann?“

Leroy seufzte. „Patrick war davon überzeugt, dass sie von einem Konkurrenten kam und seine Produktionsgeheimnisse ausspionieren wollte, gerade weil er mit seinem Calvados sehr erfolgreich ist. Er meinte, das Gerede von den Giftstoffen wäre nur ein Manöver gewesen, um sein Produkt schlechtzumachen. Als er sie kommen sah, hat er sofort seine Hunde auf sie gehetzt. Sie hatte Glück, dass sie es gerade noch geschafft hatte, ihre Autotür zu schließen und schleunigst zu verschwinden.“

Christine war perplex und Leroy bemerkte das. „Ich hätte mit ihr vorher geredet, aber es hat sich nun einmal nicht ergeben. Patrick ist impulsiv, ein richtiger Haudrauf. Der diskutiert nicht groß. Ich konnte das leider nicht verhindern.“ Leroy machte eine Geste, als wollte er sich dafür entschuldigen.

„Danach habe ich im Namen des Landkreises der Universität in Paris mitgeteilt, dass wir uns hintergangen fühlen und weitere Besuche von Mademoiselle Martin hier unerwünscht sind. Natürlich habe ich keine Antwort von dort bekommen. Soll sie doch ihr Glück in der Bretagne versuchen, die produzieren schließlich auch Cidre!“

„Aber keinen Calvados!“

„Genau!“, gab Leroy zurück, „das wäre ja noch schöner! In der Bretagne brennen sie auch einen Alkohol aus Cidre, den nennen sie Lambig. Haben Sie schon davon gehört?“

Christine schüttelte den Kopf.

„Sehen Sie, das habe ich mir gedacht. Selbst Sie, als Kennerin Frankreichs, haben nichts vom Lambig gehört. Da sehen Sie es. Der Lambig hat gegenüber dem Calvados keine Bedeutung. Dagegen ist unser Calvados ein zertifiziertes, regionales Produkt. Gesetzlich geschützt, sogar durch europäische Verordnungen. Da kann keiner von irgendwoher kommen und versuchen, sein Destillat unter dem Namen Calvados anzubieten.“

„Ja, zum Glück ist das so“, antwortete Christine, die mit ihren Gedanken bereits woanders war. Es wäre doch interessant zu erfahren, was die Chemikerin aus Paris tatsächlich im Calvados gesucht hatte. Wenn es nicht um Betriebsgeheimnisse ging, die sie ausspionieren wollte, was konnten das denn für Giftstoffe sein? Vielleicht handelte es sich um Spritzmittel? Da hörte man doch so einiges. Von Firmen, die tonnenweise Pestizide an die Bauern verteilten, und danach wuchsen auf deren Äckern nur noch die Pflanzen aus dem Saatgut der gleichen Firmen, die die Pestizide herstellten. So schaffte man Abhängigkeiten und hatte außerdem einen Weg gefunden, das gentechnisch manipulierte Saatgut aus eigener Produktion an die Bauern zu verkaufen.

Christine wollte Théodore Leroy nicht weiter nach Sandrine Martin und den Giftstoffen fragen. Es würde ihn nur misstrauisch machen. Rouen lag auf dem Weg nach Paris, von dort ging ihr Rückflug nach Berlin. Sie hatte jetzt alle Stationen für die Kulturreportage zum Calvados abgeklappert. Der Generalrat war die letzte, aber nicht die uninteressanteste Station gewesen. Was sprach dagegen, nach dem Aufenthalt in Rouen einen Zwischenstopp an der Universität Paris-Sud bei Sandrine Martin einzulegen? Vorausgesetzt, die Chemikerin wäre damit einverstanden.

Nachdem Théodore Leroy sie noch über sein Anwesen geführt hatte, musste Christine ihm zweimal versprechen, in ihrer Reportage nicht über die Geschichte mit den angeblichen Giftstoffen im Calvados zu berichten.

„Das beste Beispiel, dass es kompletter Unsinn ist, sind doch wir beide“, hatte Leroy zum Abschied gesagt. „Wir haben Calvados getrunken, und es geht uns doch blendend, nicht wahr, Mademoiselle Christine?“

Nachdem sie sich von Leroy, der immer zudringlicher geworden war, verabschiedet hatte, war Christine nach Rouen gefahren. Dort war sie mit einer französischen Kollegin zum Abendessen verabredet, um die Einzelheiten zu der neuen Sendung zu besprechen.

Fallobst

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