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c) Mieszko I. und die Herrschaftsbildung der Piasten
ОглавлениеVon den Fernhandelswegen, die durch slawisches Siedlungsgebiet liefen, profitierte auch ein Fürst, der in der Zeit Ottos des Großen unvermittelt als mächtiger Nachbar des ottonischen Reichs in der schriftlichen Überlieferung begegnet. Im Jahr 963 stachelte Gero († 965), der tatkräftige Markgraf Ottos I., einen nördlichen Slawenstamm gegen Mieszko I. († 992) auf und zwang diesen mit einem Feldzug dazu, für den westlichen, dem ottonischen Reich nahe gelegenen Teil seines Herrschaftsgebietes Tribut zu zahlen, also eine lockere Form der Abhängigkeit anzuerkennen. Etwas mehr erfahren wir wenige Jahre später von einem jüdischen Kaufmann aus dem arabischen Spanien, Ibrahim ibn Ja’kub, der von seinen Reisen berichtet. Er kennt Mieszko als „König des Nordens“, der ein Gebiet zwischen den Pruzzen im Norden, der Kiewer Rus im Osten, den Böhmen im Süden und einem weiteren Reich im Westen beherrsche; zur Verfügung stehe ihm eine militärische Gefolgschaft von 3000 Mann – ein für damalige Verhältnisse enorm schlagkräftiges „stehendes Heer“.
Dieser mächtige Fürst kann nicht aus dem Nichts aufgetaucht sein, sein Aufstieg wird aber von der schriftlichen Überlieferung nicht beleuchtet. Ein Chronist des 12. Jahrhunderts weiß von einem Bauern namens Piast als Stammvater der polnischen Fürsten zu berichten, der in Gnesen zuhause war; daraus lässt sich schließen, dass sich die Herrschaftsbildung der Piasten von Gnesen aus vollzog, indem immer weitere Nachbargebiete in die fürstliche Herrschaft einbezogen wurden. Auf eine solche umfassendere Fürstenherrschaft in der Zeit Mieszkos deuten archäologische Befunde hin: demnach sind ältere Burgen, die als Zentren kleinerer Siedlungseinheiten fungierten, im 10. Jahrhundert durch größere Burgen abgelöst worden, die an zentralen Orten des fürstlichen Herrschaftsbereichs errichtet wurden. Solche Burgen dienten nicht nur als militärische Zentren, sondern auch als Sammelstellen für Abgaben der Bevölkerung. Diese Abgaben wurden mit Münzgeld bezahlt, das nicht selbstgeprägt, sondern über den Handel in das Siedlungsgebiet eingeflossen war. Mit solchem Geld wurde die militärische Gefolgschaft (družiny) des Fürsten bezahlt, die zum großen Teil aus Söldnern fremder Herkunft, etwa aus Skandinaviern, bestand. Erst seit der Jahrtausendwende wird in lateinischen Quellen für das Herrschaftsgebiet der Piasten der Name „Polen“ verwendet, der wahrscheinlich mit dem schon früher bezeugten Stammesnamen der Polanen zusammenhängt. Spekulativ bleibt die These von Johannes Fried, nach der Kaiser Otto III. den Volksnamen „Polen“ im Zusammenhang mit seiner Gnesenfahrt im Jahr 1000 (s. Kap. III, 4, c) geprägt habe.