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12.

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Alles um Ryan herum hatte sich in einen dunklen Schleier gehüllt. Seine Augen waren geschlossen, seine Glieder kraftlos, die Welt hatte sich gegen ihn verschworen. Er konnte zwar nichts sehen, aber... doch... er war sich sicher. Er war noch am Leben!

Es fühlte sich an wie Liegen. Liegen auf einem harten, kalten Untergrund. Er hatte keine Schmerzen, war wie ein Unbeteiligter, ein Zuschauer. Es hatte beschissen angefangen, aber warum bitte musste es dann auch beschissen enden? Und warum jetzt? Es hätte so viele Gelegenheiten gegeben, damals, als er einer kleinen Bodeneinheit der Taliban in die Hände gefallen war. Als sie ihn mit einer Autobatterie und zwei verrosteten alten Kabelzangen folterten. Er war ihnen heute noch dankbar, dass sie an ihm keine Messer benutzt hatten. Ein Freund von ihm hatte nicht so viel Glück gehabt, sie schnitten ihm beide Ohren und drei Finger ab. Er litt heute noch an Depressionen und akuten Angstzuständen. Ryan war darüber hinweggekommen, es hatte an ihm keine Spuren hinterlassen, abgesehen von ein paar kleinen, braun schrumpeligen Stellen an Oberkörper und Schenkeln. Es war vorbei, geschehen, vielleicht sogar nie passiert. Das machte das Vergessen wesentlich einfacher, als den Beweis dafür jeden Tag aufs Neue im Spiegel zu sehen.

Ryan versuchte, seine Augen zu öffnen, musste sehen, was um ihn herum war, ob er sich noch in Gefahr befand. Der erste Versuch scheiterte. Seine Augen verweigerten sich ihm, als hätte sie jemand mit Bleigewichten beschwert. Nächster Versuch. Erfolglos. Noch würde er nicht aufgeben. Schlussendlich hatte er es doch immer geschafft. Es war nur eine Frage der Zeit und Anstrengung! Nach einer Ewigkeit des Kräfteringens bildeten sich endlich Risse, aus Rissen wurden Spalten, aus Spalten immer rundere Löcher.

Das Licht, das ihm beim Öffnen seiner Augenlieder entgegen strahlte, war so grell, dass er absolut nichts erkennen konnte. Seine Rezeptoren gewöhnten sich nur Langsam an die Helligkeit, doch nach und nach konnte er immer mehr Umrisse wahrnehmen. Da war eine Lampe, kreisrund. Er war nicht mehr auf dem Boot, das war sicher. Er schwitzte, spürte ein Stechen in der Beuge seines rechten Arms, konnte aber nicht die Kraft aufbringen den Kopf zu drehen, um nachzusehen, was des Ziehens Ursprung war. Und er war müde, so müde.

Dann war da wieder Mia. Sie beugte sich über ihn und sah ihn an. Er wollte, dass dieser Anblick nie endete! Sie war da! Doch als sie ihn von oben herab betrachtete und ihre Hand auf die seine legte, verließen ihn die Kräfte. Dunkelheit drängte von allen Seiten herein und verschluckte dabei gnadenlos jeden Lichtstrahl, der sich ihr in den Weg stellte. So lange, bis nichts mehr übrig war. Nur stumpfe Schwärze.

Augenreisser

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