Читать книгу Wie kommunizieren Start-ups? - Lydia Prexl - Страница 23
4.2 UnternehmenskommunikationUnternehmenskommunikation als One-Woman-Show
ОглавлениеMareike Schindler-KotschaSchindler-Kotscha, Mareike Head of Communications & Marketing bei HD Vision Systems |
Für HD Visi onVision Syste msHD Vision Systems entwickelst du Marketi ngMarketing und Kommunikati onKommunikation in Personalunion strategisch weiter. In vielen anderen Unternehmen sind Marketing und Kommunikation getrennte Bereiche. Wieso ist das bei euch anders?
Mareike · Die pragmatische Antwort lautet: Weil wir noch zu klein sind, um die beiden Themen konsequent zu trennen. Dass ich beide Bereiche verantworte, bedeutet daher, dass wir beiden Bereichen Priorität einräumen. Tatsächlich ist es auch inhaltlich eine sinnvolle Kombination, denn wir verstehen sowohl die KommunikationKommunikation als auch das MarketingMarketing als informierende Kanäle. Dass ich mich um beide Seiten kümmere, ist damit sogar ein Vorteil – es gibt weniger Brüche in unserer gesamten Außendarstellung, die Story ist einheitlicher.
Was ist die größte externe Herausforderung in deiner Doppelrolle? Was die größte interne?
Mareike · Als ich letztes Jahr bei HD VisionVision SystemsHD Vision Systems angefangen habe, bin ich mitten in der CoronakriseCoronakrise mit einer quasi unbekannten Start-up-MarkeMarke gestartet. Diese zunächst in die ZielgruppeZielgruppe zu bringen – und das mit rein organischen Maßnahmen – war schon eine echte Herausforderung. Natürlich ist das längst nicht abgeschlossen, aber so langsam wandeln sich meine Aufgaben hin zum Aufbau eines konkreten Markenimages. Mit unserer eher konservativen Zielgruppe ist das nicht ganz einfach, insbesondere aufgrund unserer organisatorischen Verschiedenheit. In diese Herausforderung spielt auch die Start-up-typische Ressourcenknappheit hinein. Bis auf eine Werkstudentin mache ich alles in Personalunion: PRPR, Content-MarketingMarketing, Marketing, interne KommunikationKommunikation … da wird es nie langweilig! Ein glasklarer Fokus ist dabei unabdinglich.
Intern ist meine größte Herausforderung, alle Informationen zu verbreiten. Wir arbeiten seit CoronaCorona hybrid, was die Wissensvermittlung zusätzlich erschwert. Wissen alle, welchen Produktumfang wir derzeit bieten? Welche Features der nächste große Release bringt? Aber auch Informationen wie: Wer hat neu bei uns angefangen und wie können wir diese Personen bei ihrem Start optimal unterstützen? Hier probiere ich immer wieder neue Formate aus.
Du sagst über dich, Content-Marketi ngMarketing sei die Basis deines Schaffens. Inwiefern?
Mareike · Ich bin davon überzeugt, dass Menschen keine nervige WerbungWerbung wollen. Warum auch? Wenn überhaupt, suchen sie Informationen zu ihrer persönlichen oder beruflichen Situation, zu einem Produkt, einer TechnologieTechnologie. Menschen verstehen gerne, was um sie herum passiert – auch wenn sie kein aktives Kaufinteresse haben. Entsprechend beinhaltet Content-MarketingMarketing für mich kein Squeeze-Marketing, sondern Texte, Bilder und Videos, die einen echten MehrwertMehrwert für die Rezipient:innen stiften. Dieser Mehrwert ist für mich die Grundlage all meines Schaffens und genau das kann ich über Content-MarketingContent-Marketing erreichen.
Ihr habt ein erklärungsbedürftiges Produkt, das nur für eine kleine Zielgrup peZielgruppe an Unternehmen relevant ist. Was, würdest du sagen, sind Spezifika der B 2BB2B -Kommunikati onB2B-Kommunikation ? Und wie schlägt sich das in deiner Arbeit nieder?
Mareike · B2BB2B-Käufer handeln überlegter, in unserer Branche zieht sich der Erwägungsprozess nicht selten ein ganzes Jahr. Da es sich dabei um zentrale Investitionen für die Unternehmen handelt, ist dieses Verhalten nur logisch und konsequent. Entsprechend braucht es in der B2B-KommunikationB2B-Kommunikation eine vertrauensvolle und informierende Begleitung über diesen Prozess hinweg, der zunehmend online und anonym stattfindet. Hier muss man die richtigen Angebote für jeden Zeitpunkt machen.
Erschwerend kommt hinzu, dass wir es heute nicht mehr mit einem:r prototypischen Entscheider:in zu tun haben. Aktuelle Buying Center bei uns bestehen aus etwa fünf bis zehn relevanten Personen mit jeweils individuellen Bedürfnissen: Der Werkleiter braucht andere Informationen zu einem System als die IT-Administratorin, die es ins NetzwerkNetzwerk integrieren wird. Hier alle relevanten Informationen in hoher Qualität rund um den gesamten Kauf- und Anwendungsprozess zu liefern, ist meine Kernaufgabe. Nur so baue ich in der KommunikationKommunikation das notwendige Vertrauen auf.
Wie erreicht ihr diese Zielgrup peZielgruppe ?
Mareike · Wir setzen vor allem auf abgestimmte Online-Inhalte. Dazu zählen etwa unsere WebseiteWebseite mit verschiedenen Downloadangeboten wie E-Guides, Checklisten und Whitepapers. Über SEO und Social MediaSocial Media holen wir uns TrafficTraffic auf die Seite. Wer bereits in Kontakt zu uns getreten ist, den informieren wir regelmäßig über Mailings und einen NewsletterNewsletter. Weil Fachmagazine für unsere ZielgruppeZielgruppe noch sehr relevant sind, veröffentlichen wir dort regelmäßig Case Studies und Fachbeiträge. Anzeigen schalten wir keine. Auch Messen sind ein wichtiger Branchentreff – sie laufen jetzt allerdings erst vorsichtig wieder an. Schließlich führen wir etwa quartalsweise ein eigenes Webinar durch und nehmen an verschiedenen Online-Vorträgen und Konferenzen teil.
Du hast Fallbeispiele erwähnt. Wie gehst du hier vor?
Mareike · Fallbeispiele sind bei unserem hochtechnologischen Produkt super wichtig! Oft sind sie aber gar nicht so einfach zu bekommen … Wir haben viele Kund:innen aus dem Automotive(-Zulieferer)-Bereich, da herrscht oft Geheimhaltungspflicht. Entsprechend besteht für uns die doppelte Herausforderung, dem Sorge zu tragen und gleichzeitig möglichst präzise über die Anwendung zu berichten.
Wie löst du das?
Mareike · Wenn ich vom Abschluss einer relevanten Anwendung höre, kläre ich mit dem Unternehmens- und Projektmanagement die Eckdaten ab: Ist meine Einschätzung als strategisches Beispiel richtig? Ist der Kunde offen für eine Nennung? Was sind die konkreten Mehrwerte unserer Lösung? Üblicherweise erhalte ich vom Projektmanager bereits jede Menge technische Informationen und Bildmaterial.
Nach dessen Sichtung kommt die Geschichte: Ich überlege mir, welche Erfolgsgeschichte ich unserer ZielgruppeZielgruppe mit der Anwendung erzählen kann. Steht auch hier das Grundgerüst, überlege ich, wo sich die Veröffentlichung lohnt. Alle Fallbeispiele landen stets auf unserer WebseiteWebseite. Idealerweise gibt es ein kurzes Video für Social MediaSocial Media. Außerdem biete ich besonders spannende Themen gerne einer:m Redakteur:in eines Branchenmagazins an. Für uns bei HD VisionVision SystemsHD Vision Systems sind diese Fachmagazine hochrelevant, weil sie unsere ReichweiteReichweite verhältnismäßig unkompliziert vergrößern. Erst wenn auch das geklärt ist, geht es ans eigentliche Schreiben. Darauf folgen schließlich die verschiedenen Veröffentlichungen.
Welche Rolle spielen Tages- und Wirtschaftszeitungen und die sozialen Medi enMedien, die für eine gute B 2BB2B -Kommunikati onB2B-Kommunikation ?
Mareike · Kurz und knapp: Zeitungen sind für uns bisher ein Nice-to-Have, ohne Social MediaSocial Media ginge gar nichts. In den sozialen MedienMedien, die müssen wir im Vergleich zu Tages- und Wirtschaftszeitungen nicht erst eine bestimmte Größe übertreffen, um relevant zu sein. Unsere eigenen Kanäle erlauben uns, verhältnismäßig einfach eigene ReichweiteReichweite aufzubauen. Tages- und Wirtschaftszeitungen sind deswegen aber nicht irrelevant. Gerade die Regionalpresse sollte man nicht unterschätzen. So konnten wir über einen Beitrag in der hiesigen PressePresse etwa schon eine regionale Größe auf uns aufmerksam machen – unser VertriebVertrieb hatte es vorher noch nicht zur entscheidenden Person geschafft. Und alles nur, weil diese morgens in der Regionalzeitung schmökert.
Welche Rolle spielen Fachkonferenzen? Und wie ist hier eure Strategie?
Mareike · In der industriellen Bildverarbeitung und Automatisierung allgemein sind der fachliche Austausch und aktuelles Wissen zentral – entsprechend wichtig ist es für unsere ZielgruppeZielgruppe, sich auf Fachkonferenzen zu informieren. Durch CoronaCorona haben sich Online-Formate stärker durchgesetzt. Das ist eine tolle Möglichkeit für uns als kleines Start-up, uns ohne großen Aufwand daran zu beteiligen. Entsprechend führen wir möglichst viel online durch oder nutzen Synergie-Effekte. In unserer Branche funktionieren viele Fachkonferenzen über die Vorab-Einreichung eines Exzerpts. Die passendsten und spannendsten Beiträge erhalten den Zuschlag – Kosten fallen auf Rednerseite dann oft nicht an. Bisher haben wir noch für keinen Vortrag bezahlt. Ausschließen würde ich es für die Zukunft aber nicht.
Üblicherweise spricht bei HD VisionVision SystemsHD Vision Systems immer unser CEOCEO – als promovierter und habilitierter Physiker mit Schwerpunkt auf Lichtfeld-Bildverarbeitung ist er absoluter Experte für alles Technische rund um unsere TechnologieTechnologie. Außerdem hat er aus seiner Zeit an der Universität Heidelberg jede Menge Erfahrung im Halten von Publikumsvorträgen.
Bei Start-ups gibt es meist erstmal eine Innovati onInnovation , ein Produkt, einen Mar ktMarkt . Irgendwann ist die Gründungsgeschichte erzählt, das Produkt bekannt, die technische Neuerung als Thema in allen Facetten beleuchtet. Und dann?
Mareike · Das ist das Schöne am Start-up: Es gibt keinen Stillstand! Hier passiert in einem Vierteljahr manchmal so viel, dass man Produkt oder Unternehmen kaum wiedererkennt. (Kleine) Innovationen gibt es täglich. Wer wie ich mit begrenzten Ressourcen agiert, erlebt üblicherweise sehr viel mehr Berichtenswertes, als tatsächlich umsetzbar ist. Da ist es wichtig, die richtigen Unternehmensprioritäten zu setzen.
Außerdem gilt: Nur weil man etwas vor drei Jahren erklärt oder vorgestellt hatte, muss sich nicht jeder daran erinnern können – oder es damals überhaupt rezipiert haben. Inhalte mehrfach zu verwenden (content recycling) ist auch in der KommunikationKommunikation sinnvoll. Das wiederum schafft Spielräume, neue Formate und Geschichten zu entwickeln, wenn die wichtigsten Geschichten bereits erzählt sind.
Wie misst du den Erfolg deiner Kommunikati onKommunikation ?
Mareike · Im Bereich Analytics und Erfolgsmessung bin ich wohl eher im MarketingMarketing angesiedelt: Ich messe zum einen die Zahl generierter Inbound Leads, als auch verschiedene BrandingBranding-Metriken. Also Kanalreichweiten, User Engagement, WebseiteWebseite-Statistiken, E-Mail-Öffnungsraten und so weiter. Bei HD VisionVision SystemsHD Vision Systems gilt die Devise, dass jede Maßnahme ein konkret messbares Ziel haben sollte. Das ist nicht immer ganz einfach – ich denke gerade an Telefonanrufe als Reaktion auf einen Pressetext. Grundsätzlich finde ich es aber klasse, dass es auch bei begrenztem Budget heute so viele Möglichkeiten gibt, die eigenen Maßnahmen auf Erfolg zu überprüfen. Das fängt mit den Social-Media-Analysen an, geht weiter über Mailing-Statistiken und findet bei GoogleGoogle ein breites Portfolio. Aktuell nutze ich dort vor allem Analytics, die Search Console und Google My Business.
Wie schafft man es, im Alleingang Kommunikati onKommunikation und Marketi ngMarketing für ein hochtechnologisches Start-up zu meistern?
Mareike · Die Antwort darauf lautet eindeutig: Es geht nicht. Sowohl KommunikationKommunikation als auch MarketingMarketing sind heute so vielfältige und anspruchsvolle Aufgaben, dass jede daraus resultierende Teilaufgabe beliebig aufwendig sein kann. Deswegen ist es unabdingbar, sich einen klaren Fokus zu setzen und diesen beizubehalten. Start-up-typisch muss sich dieser natürlich hin und wieder verändern, aber ein Fokuspunkt hilft, bei all den Optionen und Gelegenheiten nicht den Überblick zu verlieren oder sich heillos zu überarbeiten.
Ein Kommunikationsthema, das dir besonders am Herzen liegt?
Mareike · Ein Thema, mit dem wir uns in Deutschland traditionell schwertun, ist das ScheiternScheitern. Egal, wie gut wir uns vorbereiten, analysieren und sorgfältig arbeiten: In Start-ups funktioniert nicht immer alles und das wirkt sich auch auf die KommunikationKommunikation aus. Sowohl interne als auch externe KommunikationKommunikation, externe müssen es dann verstehen, durch diese Phase zu tragen. Ohne zu übertreiben, sollten wir auch die kleinen Fortschritte und Erfolge aufzeigen. Kommunikation im Start-up ist ein kontinuierliches Auf und Ab – ich muss bereit sein, beides anzunehmen und auszugestalten. Nur, wenn ich dabei das gelegentliche Scheitern aushalten kann, wird mir eine gute Start-up-Kommunikation gelingen.