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Gott liebt Mittel

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Wenn Gott in der Bibel mit Menschen kommuniziert, dann tut er das in der Regel nicht unmittelbar, indem er direkt ein Gefühl in ihren Herzen entstehen lässt. Gott kommuniziert viel lieber anhand von Mitteln. Er ist ganz verliebt in die kleinen und großen Dinge dieser Welt, die aus Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und all den anderen Elementen und Atomen zusammengesetzt sind, die ich mir im Chemieunterricht nie merken konnte. Er hat ein Faible für süße Früchte, die an Bäumen wachsen. Er kann sich an dem Anblick eines bunten Regenbogens nach dem Sturm gar nicht sattsehen. Er liebt es, im Matsch zu spielen.

Von den ersten Seiten der Bibel an begegnet uns ein Gott, der seine Liebe in Dinge einhüllt, die wir mit den Augen sehen, mit der Hand fühlen und mit dem Mund schmecken können. Gott liebt diese Mittel. Das beginnt schon bei Adam und Eva. Aus lauter Liebe schafft Gott die ersten Menschen. Er lässt sie aber nicht in einer Geisterwelt leben, sondern in einem wunderschönen Garten. Der Tod war noch nicht da. Denn unsere Vorfahren bekamen von Gott obendrein ein ewiges Leben geschenkt.

Aber wie tat Gott das? Durch ein bloßes Fingerschnipsen? Nein. Gott benutzte dafür ein Mittel. Er stellte in den Garten Eden nicht nur den Baum der Erkenntnis, von dem er Adam und Eva zu essen verbot. Er schuf ebenso einen zweiten Baum, den Baum des Lebens, der so wunderschön aussah, dass man wohl minutenlang staunend vor ihm stehen konnte. An diesem Baum wuchsen Früchte, so lecker und süß, dass es all unser Vorstellungsvermögen überschreitet (vgl. 1. Mose 2,9). Gott schenkte Adam und Eva das Leben. Aber er tat das nicht unmittelbar, sondern durch eine süße Frucht. Gott liebt Mittel, um uns seine Liebe zu zeigen. Hier zeigt er seine Liebe durch Essen.

Die biblische Geschichte nimmt in diesem Sinne weiter ihren Lauf. Als Noah nach der Sintflut die Arche verlässt, liegen hinter ihm düstere Tage, an denen er Gottes Zorn eingehüllt in Wassermassen um Wassermassen gesehen hat. Als er sich jetzt umschaut, sieht er eine Welt in Trümmern. Kein Stein war auf dem anderen geblieben. Wie würde es mit diesem Gott in Zukunft weitergehen?

Doch Gott beseitigt alle Unsicherheit. Er macht Frieden. Aber er zeigt Noah diesen Frieden nicht, indem er durch ein Fingerschnipsen ein Gefühl in seinem Herzen entstehen lässt. Gott unterschreibt den Friedensvertrag in den Farben Rot, Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Dunkelblau und Violett. Er malt Noah den schönsten Regenbogen der Welt vor Augen. Es geht in erster Linie nicht darum, dass Noah Gottes Frieden fühlt, sondern dass er ihn sieht. Gott liebt Sichtbares. Er liebt die Reflexion von Licht im Regentropfen, um seinen Frieden zu zeigen.

Gott liebt es, anhand von Mitteln zu kommunizieren. Das ist nicht anders, als Gott Mensch wird. Denn der Königssohn liebt es, im Matsch zu spielen.

Eines Tages bleibt Jesus auf seinem Weg zum Tempel plötzlich stehen (vgl. Johannes 9). Da sitzt dieser Mann. Sein ganzes äußeres Erscheinungsbild, die alten Kleider und die bettelnde Hand, sie schreien nur so vor Armut. Seine etwas unsicheren Bewegungsabläufe und seine Körperhaltung verraten noch mehr. Er ist blind, kann darum nicht arbeiten und ist zum Betteln verdammt.

Wer Jesus kennt, ist von dem weiteren Fortgang der Geschichte nicht überrascht. Jesus heilt. Das Licht der Welt schenkt diesem Mann das Augenlicht. Überraschend und reichlich gewöhnungsbedürftig ist jedoch, wie Jesus das tut.

Jesus heilt nicht durch ein Fingerschnipsen, sondern durch ein Mittel. Er spuckt auf den Boden. Der Speichel verbindet sich mit der Erde und es entsteht etwas Matsch. Diesen Matsch streicht er dem Blinden auf die Augen. Das klingt zunächst einmal einfach nur eklig. Aber versetzen wir uns in diesen Blinden hinein. Er kann nicht sehen, was auf ihn zukommt. Aber er kann jetzt fühlen, wie sich Jesus seinen Augen zuwendet. Jesus gibt etwas von sich spürbar auf seine Augen. Jesus lässt ihn wieder sehen – durch ein Hilfsmittel.

Durch das Christentum geistert das Bild eines mittellosen Gottes. Aber nicht durch die Bibel. Sie erzählt von einem Gott, der Mittel benutzt, um uns seine Gnade zu zeigen. Ja, »Gott ist Geist« (vgl. Johannes 4), aber wir Christen sind manchmal viel zu geistig unterwegs und denken: Je mehr Gott dieser physischen Realität enthoben ist, desto besser. Aber Gottes Geist liebt die Mittel dieser Welt.

Warum tut Gott das? Er bräuchte all diese Hilfsmittel nicht, denn schließlich ist er allmächtig. Er könnte uns mit seiner Güte ganz direkt überschütten.

Die süße Frucht, der Regenbogen, der Matsch. Es ist nicht so, dass in den Dingen dieser Welt eine magische Kraft wohnen würde. Für sich genommen ist all das ganz gewöhnlich. Aber der Gott, den uns die Bibel vorstellt, hat sich entschieden, sie als Mittel zu benutzen, um uns seine Liebe zu zeigen.

Das ist heute nicht anders. Es sind vor allem Wasser, Brot und Wein, die Gott als Mittel benutzt, um Gnade in dein Leben zu schmuggeln. In dem Brot des Abendmahls schenkt Gott dir ewiges Leben. In dem Kelch kannst du seine Vergebung schmecken (vgl. Matthäus 26,28). Durch das Wasser der Taufe fließt seine Erlösung in dein Leben (vgl. Markus 16,16 und 1. Petrus 3,21).

Gott braucht diese Hilfsmittel nicht, aber wir brauchen sie. Unser Herz, das trotzige und verzagte Ding, in dem oft alles durcheinandergeht, braucht das. Wir brauchen etwas, das von außen kommt, an dem wir unseren Glauben festmachen können.

Im Zweifel für Gott

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