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Mama Cynthia

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Mama Cynthia hatte ihren Imbissstand binnen kürzester Zeit von einem unter vielen in einen Geheimtipp verwandelt. Hier schmeckten den Kunden sogar die Gerichte, die in ihren Augen selbst die eigene Mutter nicht gut genug zubereiten konnte.

Ich war Mama Cynthia eines Tages wortwörtlich vor die Füße gefallen. Nackt lag ich vor ihr im Staub, die Augen geschlossen, in der Hand eine leere Erdnusspackung, an der ich immer wieder geleckt hatte, bis nichts mehr von dem Salz am Papier zu finden war. So hat es Mama Cynthia mir oft geschildert. Die Menschen liefen an mir vorbei, ohne stehen zu bleiben. Mama Cynthia aber beugte sich zu mir hinunter, hob mich hoch und schnalzte kopfschüttelnd mit der Zunge. Dann nahm sie mich mit zu sich nach Hause. Da sie allein und abseits lebte, konnte niemand dagegen protestieren, dass ein Straßenkind nun in die Nachbarschaft einzog. Als es mir nach zwei Wochen besser ging, nahm Mama Cynthia mich mit an ihren Imbissstand. Ihren Standnachbarn erzählte sie, ich sei eine ihrer Nichten aus dem Dorf und sei gekommen, um ihr bei der Arbeit zu helfen.

Von da an lebte ich bei Mama Cynthia. Bald konnte ich mir nicht mehr vorstellen, wie mein Leben davor gewesen war. Ich war glücklich darüber, einen Schlafplatz und genügend Nahrung zu haben. Und natürlich war es auch schön, dass ich in Mama Cynthia jemanden hatte, der sich um mich sorgte. Wir redeten nicht viel miteinander, dafür gab es zu viel Arbeit. Abends aber, wenn der Lärm des geschäftigen Marktes abebbte, sang Mama Cynthia viele Lieder, die ich in mich aufsog. In diesen Momenten verspürte ich so etwas wie Glück – ein leichtes, süßes und helles Gefühl, das man nur genießen, nicht aber festhalten konnte.

Eines Tages aber tauchte ein Mann in ihrem Häuschen auf, Onkel Jehu. Er kam immer öfter vorbei und während er drinnen war, musste ich auf der Veranda Platz nehmen. Sechs Wochen später kaufte Mama Cynthia mir nach einem langen Tag am Imbissstand eine Flasche Cola und bedeutete mir, mich neben sie zu setzen.

»Hope«, hob sie an, »du warst mir eine große Hilfe im letzten Jahr, ich bin froh, dass wir uns getroffen haben. Ich werde den Stand jetzt aber verkaufen und mit Onkel Jehu nach Uyo ziehen, er hat dort ein Restaurant. Wir werden heiraten, da ist kein Platz für dich. Ich segne dich und werde Gott bitten, dass er dich beschützt.«

Ich sagte nichts und schaute Mama Cynthia nur mit großen Augen an.

»Verstehst du, Hope? Ich gehe fort und du musst wieder schauen, wie du alleine zurechtkommst. Ich kann dich nicht mitnehmen, Onkel Jehu möchte es nicht. Es wäre schlecht fürs Geschäft, wenn bei uns ein Straßenkind wohnen würde.«

Ich blickte zu Boden. Es gab nichts zu sagen, nichts zu tun.

»Wir haben noch drei gemeinsame Tage und die Miete für das Häuschen ist noch für zwei weitere Monate bezahlt, du wirst also nicht gleich obdachlos. Du findest schon was.« Mama Cynthia tätschelte mir beruhigend die Schulter. Drei Tage später fuhr Onkel Jehu mit einem Laster vor und zusammen beluden sie ihn mit Mama Cynthias Habseligkeiten. Dann fuhren sie davon.

Mein Leben für die Hexenkinder

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