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1 WIE ALLES BEGANN

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Don’t waste your life! – Vergeude nicht dein Leben! Dieser Satz verfolgt mich. Es ist der Titel eines Buches von John Piper, einem amerikanischen Theologen. 2008 las ich es zum ersten Mal. Über die Jahre verblassten die einzelnen Details der Kapitel. Doch im Gedächtnis blieb mir der flammende Appell, dieses einzigartige Leben, das mir geschenkt worden war, nicht zu verschwenden, sondern so zu leben, dass mehr davon übrig bleibt als nur ein ökologischer Fußabdruck.

Don’t waste your life! Der Buchrücken klagt mich an, fordert mich heraus, motiviert mich. Er zieht mit mir von Stuttgart nach Barcelona, Amsterdam, Köln, Kaiserslautern, dann nach München, Lübeck, Bonn und wieder zurück nach Stuttgart. Schreit, mahnt und wartet darauf, dass ich endlich etwas tue.

Eine Vorstellung davon, wie für mich konkret die Nichtvergeudung des Lebens aussehen sollte, hatte ich nicht. Aber ich war mir sicher, dass Gott mir früher oder später zeigen würde, was ich tun sollte.

Nach dem erfolgreich bestandenen Zweiten Juristischen Staatsexamen hatte ich mich im Januar 2012 beim Bundesverfassungsschutz beworben. Deutschland zu beschützen, gegen die Feinde der freiheitlich demokratischen Rechtsordnung zu kämpfen, das wäre doch etwas! Damit würde ich mein Leben garantiert nicht vergeuden, sondern sinnvoll für meine Heimat einsetzen!

Aber es kam anders: Das Bundesverwaltungsamt in Köln wollte mich gerne als Referatsleiterin einsetzen und so kam ich vom unteren Ende der Auswahlliste des Bundesverfassungsschutzes auf den ersten Platz der Bundesverwaltungsamts-Liste. Sie würden mich auch sofort verbeamten. Jackpot, dachte ich mir. Und so trat ich im Juli 2012 meinen Dienst in der Bundesverwaltung an. Ich konnte Deutschland schließlich auch als gute Verwaltungsjuristin dienen.

Doch die Realität des Behördenalltags holte mich schnell ein: Mobbing, Klüngeleien und Ränkespiele waren an der Tagesordnung. Es ging immer nur um die nächste Beförderung, die nächste Wahl, selten aber um die Sache und um Deutschland. Für mich war es definitiv nicht der richtige Platz. Ich handelte naiv sachorientiert und besaß kein Talent dafür, die verschiedenen Zwischentöne zu deuten, mit denen meine Gegenüber ihre wahren Absichten kundtaten.

Macht nichts, dachte ich mir pragmatisch, neue Stadt, neues Glück. Es kann nicht überall gleich sein. Und so bewarb ich mich weg in der Hoffnung, auf diese Weise meinem Dasein seine Existenzberechtigung zu verleihen. »Herr, bitte gebrauche mich!«, war mein Gebet. »Egal wie, aber lass mich nicht sinnlos vor mich hinleben.«

Mein Leben für die Hexenkinder

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