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B. Die Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) als „formelles Hauptgrundrecht“

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Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm gem. Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG der Rechtsweg offen. Die damit verbundene Garantie wirkungsvollen Rechtsschutzes gegen Akte der öffentlichen Gewalt gilt zu Recht als „wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaats“;[6] Art. 19 Abs. 4 GG wird daher auch als „formelles Hauptgrundrecht“ bezeichnet,[7] das nicht nur formal die Möglichkeit gewährleistet, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes gebietet.[8] Nach der Rechtsprechung des BVerfG hat der Bürger einen substantiellen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle. An der Verwirklichung dieses Anspruches hat der Gesetzgeber die Ausgestaltung des Rechtsweges auszurichten, und auch die Gerichte dürfen den Bürgern den Zugang zu den durch das Prozessrecht eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren.[9] Voraussetzung für die Gewährung effektiven Rechtsschutzes ist weiter, dass die fachgerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen auf einer zureichenden Aufklärung des zugrunde liegenden Sachverhalts beruht.[10]

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Aus der verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsschutzgarantie resultiert eine Verpflichtung der Gerichte, das Verfahrensrecht so anzuwenden, dass den erkennbaren Interessen des rechtsschutzsuchenden Bürgers bestmöglich Rechnung getragen wird.[11] Gleichwohl folgt aus dem Grundgesetz regelmäßig kein einklagbarer Anspruch auf die Strafverfolgung Dritter.[12] Ausnahmen von diesem Grundsatz werden mit dem Hinweis auf die staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1, 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG begründet, die eine wirksame Verfolgung von Gewaltverbrechen und vergleichbaren Straftaten gebiete.[13] So erkennt das BVerfG einen Anspruch auf effektive Strafverfolgung in Fällen an, in denen „der Einzelne nicht in der Lage ist, erhebliche Straftaten gegen seine höchstpersönlichen Rechtsgüter – Leben, körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung und Freiheit der Person – abzuwehren“, und in denen „ein Verzicht auf die effektive Verfolgung solcher Taten zu einer Erschütterung des Vertrauens in das Gewaltmonopol des Staates und einem allgemeinen Klima der Rechtsunsicherheit und Gewalt führen kann“.[14] Gleiches soll für Straftaten gegen Personen gelten, denen gegenüber der Staat (etwa aufgrund ihrer Inhaftierung im Strafvollzug oder der Unterbringung im Maßregelvollzug) besondere Fürsorge- und Obhutspflichten wahrzunehmen hat, sowie in Fällen, in denen der Vorwurf im Raume steht, ein Amtsträger habe in Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben Straftaten begangen.[15] Die (verfassungsrechtliche) Verpflichtung zu effektiver Strafverfolgung – deren Erfüllung der gerichtlichen Kontrolle gem. §§ 172 ff. StPO unterliegt – bezieht sich dann auf das Tätigwerden sämtlicher Strafverfolgungsorgane; diese haben „eine wirksame Anwendung der zum Schutz des Lebens, der körperlichen Integrität, der sexuellen Selbstbestimmung und der Freiheit der Person erlassenen Strafvorschriften sicherzustellen“.[16]

Handbuch des Strafrechts

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