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II. Richtervorbehalte und Handeln der Strafverfolgungsbehörden bei Gefahr im Verzug
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In Abweichung von der vorstehend (Rn. 7) skizzierten Grundposition werden Gerichte auch vom BVerfG dann der öffentlichen Gewalt i.S.d. Art. 19 Abs. 4 GG zugeordnet, „wenn sie außerhalb ihrer rechtsprechenden Tätigkeit auf Grund eines ausdrücklich normierten Richtervorbehalts tätig werden. In diesen Fällen handeln die Gerichte zwar in voller richterlicher Unabhängigkeit, aber nicht in ihrer typischen Funktion als neutrale Instanzen der Streitentscheidung. Vielmehr treffen sie Entscheidungen, die, auch soweit sie funktional Ausübung vollziehender Gewalt sind, im Interesse eines besonderen rechtsstaatlichen Schutzes nicht der Exekutive oder jedenfalls nicht ihr allein überlassen werden.“[43] Als prozedurale Schutzvorkehrungen sollen die in der Strafprozessordnung vorgesehenen Richtervorbehalte regelmäßig vor allem den Ausschluss rechtlichen Gehörs im Vorfeld der Anordnung von (heimlichen) Ermittlungsmaßnahmen kompensieren und gewährleisten, dass die Interessen des Betroffenen bei der Entscheidung über derartige Maßnahmen hinreichend berücksichtigt werden.[44] Hieraus ergeben sich Konsequenzen auch für die Ausgestaltung des richterlichen Bereitschaftsdienstes; dieser muss tagsüber – auch außerhalb der üblichen Dienststunden – uneingeschränkt erreichbar sein und nachts jedenfalls dann, wenn ein über den Ausnahmefall hinausgehender (konkreter) Bedarf besteht.[45] Die Rechtstatsachenforschung zeichnet allerdings ein eher ernüchterndes Bild von der Intensität, mit welcher die Ermittlungsrichter den ihnen (einfachgesetzlich, aber auch von Verfassungs wegen) zugewiesenen Prüfauftrag in der Rechtswirklichkeit wahrnehmen.[46]
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Sehen die Strafverfolgungsbehörden wegen „Gefahr im Verzug“ von der vorherigen Befassung eines Richters ab und ordnen die Ermittlungsmaßnahme selbst an, so ergibt sich aus Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. dem betroffenen Freiheitsgrundrecht, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eilkompetenz der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegen.[47] Der Begriff der „Gefahr im Verzug“ ist in diesem Zusammenhang restriktiv auszulegen, da dem Richtervorbehalt eine grundrechtssichernde Schutzfunktion zukommt und der Verzicht auf eine richterliche Anordnung die Ausnahme bilden sollte.[48] Gefahr im Verzug ist danach nur dann gegeben, wenn die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Ermittlungsmaßnahme gefährden würde. Der Verzicht auf die Befassung des Ermittlungsrichters muss stets mit einzelfallbezogenen Tatsachen begründet werden und darf regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn die Strafverfolgungsbehörden bereits erfolglos versucht haben, eine richterliche Entscheidung herbeizuführen.[49] „Reine Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder lediglich auf kriminalistische Alltagserfahrung gestützte, fallunabhängige Vermutungen“ reichen zur Darlegung der Eilbedürftigkeit nicht aus.[50] Die Strafverfolgungsbehörden dürfen die Gefahr im Verzug auch nicht dadurch selbst herbeiführen, dass sie den Antrag an den Ermittlungsrichter so lange hinauszögern, bis die Gefahr eines Beweismittelverlustes eingetreten ist.[51] Wird der zuständige Ermittlungsrichter durch die Stellung eines Antrags auf Erlass einer Durchsuchungsanordnung mit der Sache befasst, so endet die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden; diese kann erst wieder aufleben, wenn sich nachträglich tatsächliche Umstände ergeben, die nicht auf die Prüfung des Falles durch den Ermittlungsrichter zurückgehen.[52] Ein Beweisverwertungsverbot stellt allerdings nach der – zu Recht kritisierten[53] – neueren Rechtsprechung des BVerfG „von Verfassungs wegen eine begründungsbedürftige Ausnahme dar“ (s.a. → StPO Bd. 7: Lindemann, § 2 Rn. 5, 27) und soll daher in den hier in Rede stehenden Fällen lediglich bei einer bewussten oder willkürlichen Missachtung des Richtervorbehalts in Betracht kommen.[54]
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Für eine effektive ex post-Kontrolle von den Strafverfolgungsbehörden angeordneter Ermittlungsmaßnahmen sind die Gerichte auf eine möglichst umfassende Sachverhaltskenntnis angewiesen. Im Wege der Vorwirkung ergeben sich daher aus Art. 19 Abs. 4 GG Dokumentations- und Begründungspflichten für die handelnden Beamten; diese haben unter Bezeichnung des Tatverdachts und der gesuchten Beweismittel diejenigen Umstände darzulegen, auf die sie die Gefahr des Beweismittelverlusts stützen.[55] Nach der durch das BVerfG gebilligten fachgerichtlichen Rechtsprechung führt allerdings die fehlende Dokumentation allein nicht zu einem Beweisverwertungsverbot.[56]