Читать книгу Handbuch des Strafrechts - Manuel Ladiges - Страница 47
b) Wichtige verfahrensrechtliche Abweichungen
Оглавление65
Das Verfahrensrecht ist umfangmäßig der größte Teil des JGG. Nach den Regelungen über die Jugendgerichtsverfassung (§§ 33 ff. JGG) und über die Zuständigkeit der Jugendstrafgerichte (§§ 39 ff. JGG) werden in §§ 43 ff. JGG die Verfahrensbesonderheiten geregelt. Erwähnenswert, da prägend für das Jugendstrafrecht als Erziehungsstrafrecht, erscheint hier zunächst die Erweiterung der Einstellungsmöglichkeiten im Bereich des Ermittlungsverfahrens (sogenannte Diversion), wobei zwischen der staatsanwaltschaftlichen Diversion nach § 45 JGG und der richterlichen Diversion nach § 47 JGG unterschieden werden kann. Ziel ist hier, auf die negativen Sekundäreffekte nicht erst einer Bestrafung (im technischen Sinne), sondern auch schon des weiteren Verfahrens möglichst zu verzichten, wenn eine frühzeitige Einstellung des Verfahrens unter als pädagogisch sinnvoll erachteten Umständen (Durchführung bzw. Anregung erzieherisch sinnvoller Maßnahmen) möglich erscheint.
66
Kommt es dagegen doch zu einem Verfahren, so bestehen weitere Abweichungen etwa in der grundsätzlichen Nichtöffentlichkeit des Jugendstrafverfahrens (§ 48 JGG) und in der Einschränkung von Rechtsmitteln (§ 55 JGG). Dabei kann eine Entscheidung, in der lediglich Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel angeordnet oder die Auswahl und Anordnung von Erziehungsmaßregeln dem Familiengericht überlassen wird, wegen des Umfangs der Maßnahmen nicht angefochten werden; außerdem besteht grundsätzlich nur die Möglichkeit, dass gegen eine Entscheidung entweder Berufung oder Revision eingelegt wird, so dass grundsätzlich kein dreigliedriger Instanzenzug möglich ist. Beide Einschränkungen verfolgen das Ziel, dass die angeordnete (erzieherisch gedachte) Sanktion in einem möglichst relativ engen zeitlichen Zusammenhang mit der abgeurteilten Tat wirksam werden kann. Eine Sonderrolle im Jugendstrafverfahren spielen ferner die Erziehungsberechtigten, denen (als Ausfluss des grundgesetzlich gewährleisteten Erziehungsrechts) in § 67 JGG bestimmte Rechte eingeräumt werden.
67
Zuletzt sind im Jugendstrafverfahren einige Vorschriften bzw. Rechtsinstitute des allgemeinen Verfahrensrechts generell ausgeschlossen, bei denen der Gesetzgeber davon ausgeht, dass eine (erziehungsschädliche) Belastung des Jugendlichen die gegebenenfalls mit diesen Instituten erhofften Vorteile überwiegt: So finden nach § 79 JGG gegen den Jugendlichen kein Strafbefehls- und kein beschleunigtes Verfahren statt. Nach § 80 JGG sind Privatklage und Nebenklage gegen ihn ausgeschlossen. Nach § 81 JGG werden auch die Vorschriften über die Entschädigung des Verletzten (§§ 403 ff. StPO) im Verfahren gegen einen Jugendlichen nicht angewendet.