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Kapitel 11

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„Fest steht“, begann Shane zusammenzufassen während er im Büro unruhig auf und ab lief, „Romaine arbeitete als Kellnerin im Earl’s, bis einschließlich Freitag, als diese Hochzeit stattfand.“

Tamara nickte.

„Was sie am Samstag tat, wissen wir noch nicht“, fuhr er fort, „auch nicht, wann oder ob sie überhaupt mit diesem George, dessen vollständigen Namen wir nicht kennen, zusammengetroffen ist.“

„Und wir wissen auch nicht, wann und wo sie ermordet wurde, und wo ihr Auto ist“, ergänzte Tamara. „Ed behauptet, sie am Samstag zum letzten Mal gesehen zu haben – vorausgesetzt, er sagt die Wahrheit.“

Shane massierte sich die verspannten Nackenmuskeln und ging in Gedanken alle Fakten noch einmal durch:

Die Medien waren verständigt, die Kollegen bereit, um Aussagen von Zuschauern und Spielern des Polocrosse-Turniers entgegenzunehmen, die Fahndung nach Romaine Stavarakis’ Auto, einem weißen Toyota Corolla Kombi mit dem Kennzeichen 677 KTE, lief.

Über Sidney Emmerson, dem Bekannten Eds, bei dem dieser behauptete, das Wochenende in Brisbane verbracht zu haben, fanden sich keine Vorstrafen im Computer. Seit einem Jahr lebte er von der Sozialhilfe, davor hatte er als Hilfsarbeiter auf dem Bau gearbeitet. Den Kollegen in Brisbane hatte Sidney Emmerson Eds Alibi bestätigt. Ed Fraser sei von Samstagabend bis letzten Montag früh bei ihm in Brisbane gewesen. Die Spurensicherung hatte die Reifenabdrücke, die in der Nähe der Leiche gefunden worden waren, identifiziert. Es handelte sich um einen herkömmlichen Reifen von Continental. Da Ed Frasers Ford Explorer besonders breite Reifen hatte, schied er aus. Alan Halls Patrol hatte ebenfalls breitere Reifen. Doch die Reifenspuren mussten auch gar nichts mit der Toten zu tun haben.

Shane ließ sich auf seinen Bürostuhl fallen, ein - wie so oft in den abgelegenen Orten, in denen er ermitteln musste - altes, wackliges Modell, das man schnell aus irgendeiner Abstellkammer geholt hatte.

„Warum macht Alan Hall den Mund nicht auf?“, begann er, „verschweigt er uns etwas?“

„Vielleicht war er so schockiert?“ Tamara hob die Schultern. „Es war ja immerhin seine Mitarbeiterin und ...“

„Gefällt er dir etwa?“

„Quatsch!“, sagte sie viel zu schnell.

Natürlich gefiel er ihr, war ja kaum zu übersehen.

Rasch machte sich Tamara am Drucker zu schaffen.

„Sie könnte sich ruhig etwas konkreter ausdrücken!“ Sie reichte ihm einen Ausdruck.

Es handelte sich um Eliza Lees Obduktionsbericht. Shane überhörte ihren Unterton, verdrängte seine Gedanken an Elizas neue Affäre und las den Bericht.

Nach Berücksichtigung der Temperaturen sowie der Bodenbeschaffenheit und der Lage des Fundortes schätzte sie den Todeszeitpunkt auf den Samstag oder Sonntag vergangener Woche. Der Ablageort der Leiche war nicht identisch mit dem Ort des Todes. Neben Verletzungen an den Fersen, die vom Schleifen auf rauem Boden herzurühren schienen, konnte sie auch post mortem zugefügte Blutergüsse an Beinen und Armen feststellen. Weiterhin hatte Eliza Prellungen im Gesicht und an den Armen Romaines entdeckt – die womöglich von einem Kampf vor ihrem Tod stammen könnten. Als Todesursache beschrieb sie das Eindringen eines spitzen, runden, sich verdickenden und gekrümmten Gegenstandes in das Schläfenbein. Der Durchmesser der Verletzung betrug zwölf Zentimeter.

„Sagt dir ihre Beschreibung der Mordwaffe etwas?“, fragte Tamara.

„Nein.“ Im Moment konnte er sich nicht vorstellen, was Romaine Stavarakis’ Schläfe durchstoßen und ihren Tod herbeigeführt hatte.

Sie schwiegen beide. Shane blickte zur Straße hinaus. Das Licht hatte einen wärmeren Ton angenommen, die Schatten verloren ihre Härte. Auf der anderen Seite der Straße stieg jemand in einen geparkten Wagen. Schräg gegenüber blickte eine Frau ins Schaufenster des News Agent Shops und ging dann die Straße hinunter. In der Telefonzelle, die sich vor dem Laden befand, lehnte jemand mit dem Rücken an der Glasscheibe, rauchte und telefonierte.

Inzwischen war es halb sieben abends, und Shane merkte, dass er nicht mehr klar denken konnte.

„Wir sehen uns Morgen“, sagte er und stand auf. „Du solltest auch langsam aufhören.“

Tamara unterdrückte ein Gähnen.

Die Abendluft und das Gefühl wieder freien Himmel über sich zu haben, ließen ihn aufatmen. Vögel zwitscherten, eine leichte Brise ging durch die Büsche der Vorgärten. Wenn Jane Denham keine Fotos gemacht und keinen Hund gehabt hätte, dachte er, wäre die Leiche wahrscheinlich niemals entdeckt worden. Und jeder hätte geglaubt, dass Romaine mit George ein neues Leben begonnen hätte – jeder - bis auf den Mörder. Jetzt erst bemerkte Shane, dass er einfach losgegangen war und vor Herbs Haus stand.

Zwei Stunden später hockte er auf den Stufen vor seinem Zimmer und starrte in die Dunkelheit. Bei Herb und Becky hatte er vier Bier getrunken. Der Mond tauchte hinter eine Wolke. Der Dienstwagen stand nicht vor Tamaras Eingang und ihr Fenster war dunkel.

Er ging hinein, stellte die Aircondition auf die höchste Stufe und ging ins Bad. Müde rannen dünne, warme Strahlen aus dem Duschkopf. Seine Muskeln entspannten sich dennoch. Er trocknete sich mit einem fadenscheinigen Handtuch ab. Beleuchtet vom weißen Neonlicht sah er im Spiegel blass und kränklich aus und unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Er ging zurück ins Zimmer, schaltete das Fernsehgerät an, zappte sich durch vier Programme mit schlechtem Empfang und blieb bei einer Sendung über Polocrosse hängen.

Pferde preschten hinter einem Ball her, Reiter fingen ihn mit ihren Netzschlägern auf, versuchten ihn ins Tor des Gegners zu schleudern. Blitzschnell drehten die Pferde, schlugen Haken, wechselten in Sekunden vom Galopp in den Stand. Donnernde Hufe, aufspritzender Sand. Schwitzende Spieler rangelten beim Einwurf um den Ball, pralle glänzende Pferdeleiber rieben gegeneinander, um dann, sobald einer der Reiter den Ball in seinem Netzschläger gefangen hatte, hinter ihm herzusprengen, ihn vom Tor abzudrängen, fuchtelnde Arme mit Schlägern setzten alles daran, den Ball für sich zu gewinnen. Die Gegner übernahmen den Ball, alle wechselten die Richtung, hetzten nun zum anderen Tor des riesigen Spielfeldes. Zuschauer am Rand des Feldes saßen vor ihren Autos und Pferdeanhängern, zwei Mädchen in Reiterhosen streichelten die Schnauze eines Pferdes, eine von ihnen zog etwas aus der Tasche, wickelte es aus einem Papierchen, legte es auf ihre flache Hand und lachte als das Pferd es mit seinen weichen, fleischigen Lippen aufnahm. Shane starrte auf die Mattscheibe. Das Mädchen hatte dem Pferd ein Stück Zucker gegeben – wie Romaine? Wenn es denn so gewesen wäre – hatte das irgendetwas mit ihrem Tod zu tun? Oder mit ihrem Mörder? Seit anderthalb Tagen ermittelten sie, doch noch immer fehlte eine heiße Spur, eine Fährte, die er aufnehmen konnte, etwas, das sein Jagdfieber erweckte. Doch da war nur diese lähmende Leere in ihm, und er konnte nichts dagegen tun. Auf dem kleinen Tisch unter dem Fenster fand er Teebeutel. Er setzte Wasser auf. Dann machte er einen Schritt nach draußen, um zu sehen, ob bei Tamara nebenan inzwischen Licht brannte. Aber noch immer war alles dunkel. Er schloss die Tür. Das Wasser kochte. Er übergoss den Beutel und legte sich aufs Bett. Der Tee beruhigte seinen Magen und machte ihn schläfrig. Irgendwann ließ ihn ein Geräusch hochfahren. Schlaftrunken richtete er sich auf und horchte in die Finsternis. Er hörte Schritte und eine ins Schloss fallende Tür. Tamara musste gekommen sein. Halb zwei zeigte seine Armbanduhr.

Höllentrip

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