Читать книгу Höllentrip - Manuela Martini - Страница 25
Kapitel 21
ОглавлениеDie Leute werden sich schon noch an mich gewöhnen, dachte Shane, als er durch die Tür schritt und der bärtige Wirt ihm einen unfreundlichen Blick zuwarf. Drei Männer an der Theke drehten sich träge zu ihm um.
„Ein FourX.“ Shane stellte sich neben sie, ohne sie jedoch zu beachten.
„Na, Detective“, sagte der Wirt jetzt grinsend, „lassen die Ermittlungen Zeit für ein Bier?“
„Auch ein Detective muss essen und trinken“, erwiderte Shane ebenso grinsend.
Der Wirt stellte ihm ein Bier auf den Frottee-Untersetzer.
„Wie geht’s voran?“, fragte nun der Mann neben ihm.
„Gut“, antwortete Shane.
Eine Weile herrschte Schweigen bis der Mann sagte:
„Es geht auch um Geld, hört man.“
Es war also bereits durchgesickert.
„Barry könnte es gut gebrauchen!“, redete der Mann weiter, „nachdem er Ashwood einschläfern lassen musste!“
„Das stimmt“, nickte nun der andere Mann an der Theke, ein kleiner, drahtiger mit rotem Gesicht und hohem Hut, „in Dalby könnte er sich ein neues kaufen.“
Der Wirt stellte lautstark eine Flasche auf den Tresen. Seine Augen funkelten. „Sagt’ mal, habt ihr sie nicht alle?“, donnerte er los, und die Männer fuhren zusammen wie zurechtgewiesene Jungen.
„He, he, das war doch nicht so gemeint“, begann der mit dem roten Gesicht, „das heißt doch nicht, dass Barry mit der Sache was zu tun hat!“
Shane musterte die Männer, einem nach dem anderen.
„Barry Denham“, begann Shane, „war am Samstagabend, an dem Abend als Romaine Stavarakis zum letzten Mal gesehen wurde, hier. Zuvor hat er sie im Supermarkt getroffen. In welcher Verfassung war er?“
Zunächst antwortete niemand, bis der Wirt sagte:
„Mir ist nichts aufgefallen. Er war wie immer.“
Die Männer sahen Shane feindselig an, während sich der Wirt dem Abtrocknen von Gläsern zuwandte.
Shane sah sie der Reihe nach an:
„Nur dass das klar ist: Ich habe nichts gegen Barry Denham – ich habe lediglich einen Mord aufzuklären.“ Er warf Geld auf die Theke und ging zur Tür.
Die Wut kochte in ihm hoch. Manchmal konnte er es sich selbst nicht erklären, wie rasch seine Stimmung umschlug. Ja, manchmal merkte er selbst, wie unberechenbar er war. Er musste was dagegen tun, sicher, aber er wollte nicht. Er wusste, was diese Psychofritzen da in Bewegung setzen konnten – und das wollte er sich nicht antun. Er würde es auch so schaffen.
Als er die Bürotür aufmachte, schlug ihm abgestandene Hitze entgegen.
„Wer verdammt noch mal hat die Aircondition abgeschaltet?“ Er knipste den Schalter der Klimaanlage ein und aus. Doch sie sprang nicht an.
„Hab’ ich schon probiert“, erwiderte Tamara müde.
„Probiert? Du hast es probiert? Und das war alles?“, fuhr er sie an, riss gleich darauf die Tür auf und brüllte den Flur hinunter nach Herb.
Fiona Miller beeilte sich, hinter ihrer Tür zu verschwinden. Der Flur war leer, und Shane hörte nur noch sein eigenes Echo. Irgendwann ging dann doch eine Tür auf und Herb kam auf ihn zu.
„Sagen Sie bloß die Aircondition ist wieder hin?“, sagte Herb als habe er Shanes Rufen gar nicht gehört. „Ich sag dem Handwerker Bescheid.“
Shane nickte und kehrte ins Büro zurück.
„Wenn du dich etwas beruhigt hast...“, begann Tamara, und er ließ sich auf den altersschwachen Sessel fallen. „Erstens: Ich habe mit der Bedienung aus dem Earl’s gesprochen. Romaine war nicht sehr beliebt.“
„Sie hatte ja auch was mit dem Chef“, warf Shane mürrisch ein.
„Zweitens“, redete Tamara weiter, „habe ich bei Romaines Zahnarzt nachgefragt. Die Adresse stand auf der Rechnung, wenn du dich erinnerst.“
„Sicher erinnere ich mich“, sagte er gereizt.
„Ich dachte nur, wir hatten so viele Informationen...“
„Ist okay...“ Er atmete durch und versuchte sich zu entspannen.
„Dr. Ben Horvath, erklärte mir, Romaine habe vor etwa zwei Jahren bei einem Autounfall die vier oberen Schneidezähne verloren. Sie gab an, die Prothese in Brisbane bekommen zu haben.“
„Dann war es also kein abgestellter Liebhaber“, sagte er nur.
Herb kam wieder herein. „Der Handwerker ist bestellt. Ich hoffe, er kommt gleich morgen. Aber ich habe noch etwas anderes.“
„Rücken Sie raus damit!“, sagte Shane ungeduldig.
„Die vermisste Frau, Sie erinnern sich doch...?“
Shane schlug auf den Tisch, dass Tamara und Herb zusammenzuckten.
„Verdammt noch mal, wieso glaubt hier jeder, mich auf mein Erinnerungsvermögen hinweisen zu müssen?“
„Herb hat doch nur...“, begann Tamara vorsichtig, doch Shane schlug noch einmal auf den Tisch.
„Redet verdammt noch mal normal mit mir! Jetzt fangen Sie endlich an, Herb!“
Herb lächelte unsicher, begann dann aber mit seinem Bericht und Shane atmete auf.
„Also, die Frau hieß Patricia Henderson. Sie kam aus Toowoomba und war auf dem Weg zu ihren Eltern nach Charleville. Das letzte, was sie von ihr hörten, war ein Anruf, dass sie ein Problem mit ihrem Auto habe und sie sich verspäten würde. Einen Tag später bekamen sie noch einen Anruf. Herb warf einen Blick auf seine Notizen: „Es ist alles okay, aber die Reparatur dauert noch einen Tag. Wir sehen uns dann. Doch sie traf nie ein und niemand hat je wieder was von ihr gehört.“
„Hat man ihr Auto gefunden?“, fragte Tamara.
„Bis heute nicht.“
Bevor Shane dazu kam, darüber nachzudenken, klingelte es an der Tür der Polizeistation. Die Sekretärin war schon nach Hause gegangen. So stand Herb auf und kehrte mit einem Mann zurück. Den Hut hielt er in der Hand. Shane sah ihn überrascht an. Es war der Kleine mit dem roten Gesicht und dem hohen Hut aus der Kneipe.
„Rob Sangster“, stellte er sich vor und trat von einem Bein aufs andere. Es musste ihn Überwindung gekostet haben, hier zu erscheinen. „Ich war gerade im Pub ...“
Herb schob Sangster einen Stuhl hin. Er nickte dankbar, wischte sich mit einem Taschentuch über Stirn und Nacken. Sie saßen jetzt zu viert in dem engen Raum. Die Luft war so dick, dass man sie eher schlucken als atmen konnte.
„An jenem Samstag, vor anderthalb Wochen ...“, begann Rob Sangster. Shane horchte auf. „Ja?“
„Da hab’ ich Romaine Stavarakis in ihrem Kombi gesehen.“
„Wo?“
Rob Sangster räusperte sich.
„Sie bog gerade von der Farm auf die Hauptstraße Richtung Chinchilla ein. Es war Romaine. Und sie kam von Barrys Farm ... und sie hatte ein ziemlich verheultes Gesicht!“
Keiner sagte etwas und Rob Sangster wollte schon aufstehen, als Shanes Ach, Mister Sangster ihn zurückhielt.
„Warum haben Sie uns das alles erzählt?“
Sangster räusperte sich wieder und blickte unsicher zu Herb: „Fragen Sie ihn“. Dann ging er hinaus. Tamara und Shane wandten sich Herb zu, der die Fingergelenke knacken ließ und dann erklärte:
„Barry hatte mal was mit seiner Frau, das hat er Barry noch immer nicht verziehen.“
„Verständlich“, bemerkte Tamara und goss sich Karottensaft in ein Glas.
Shane stand am Fenster und sah Sangster in einen alten Pick Up einsteigen.
„Ich weiß nicht, aber ich kenne Barry schon recht lange, er ist ein guter Typ, bisschen rau, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er...“ Herb schüttelte den Kopf.
„Man kann sich das von den wenigsten Menschen vorstellen“, warf Tamara ein.
Sie saßen noch eine Weile schweigend da, jeder in seine eigenen Gedanken vertieft, bis Shane aufstand und den Heimweg antrat. So viele Fragen gingen ihm durch den Kopf.
Barry traf Romaine im Supermakt, anschließend besuchte sie ihn auf seiner Farm, verheult fuhr sie wieder weg. Und dann? Was war mit Mike Carney? Er arbeitete auf Barrys Farm. Hat er die Situation ausgenutzt und ist über Romaine hergefallen? Hat er sie getötet? Stammten die Reifenspuren aus der Lichtung von seinem Wagen? Die Fasern, die an Romaines Kleidung und ihrem Körper gefunden wurden, waren Schafhaare. Er dachte an die Schaffelldecke in Mike Carneys Wagen. Die Spurensicherung hatte sich noch nicht gemeldet. Auch das Ergebnis der DNA-Analyse der Haare am Nylonstrumpf stand noch aus.
Wer verdammt war George? Wo war das Geld? Wo war Romaines weißer Kombi? Und welche Rolle spielte Alan Hall?
In Gedanken vertieft war er am Motel angekommen. Das erste, das er von ihr sah, war ihre Hand mit der qualmenden Zigarette, die sie aus dem offenen Seitenfenster eines verbeulten gelben Sedans herausstreckte.
„Ich hab’ mich erkundigt, wo Sie wohnen.“ Cher hatte frischen Lippenstift aufgelegt und ihr langes, lockiges Haar war noch feucht.
„Haben Sie noch ´ne Neuigkeit für mich, Cher?“ Shane stützte sich auf dem Autodach mit beiden Armen ab und sah auf sie hinunter. Sie lachte draufgängerisch und er bemerkte wie sich unter ihrem weißen Oberteil ihre üppigen Brüste abzeichneten.
„Wollen Sie mich nicht auf einen Drink zu sich einladen, Detective?“
Er überlegte einen Augenblick, dann sagte er:
„Keine gute Idee, Cher.“
Sie ließ ihren Blick an ihm heruntergleiten und schnippte die Zigarette aus dem Fenster.
„Schade ...“
„Gute Nacht, Cher.“
„Die Cops sind auch nicht mehr das, was sie mal waren“, seufzte sie, worauf er grinsend an ihr vorbeiging.