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Kapitel 12

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Kookaburras und das Geräusch von Tamaras Dusche nebenan weckten ihn. Montag. Wieder ein strahlend heller Morgen. Auf das Frühstück im Motel verzichtete er. Detective Constable Fiona Miller machte weitaus besseren Kaffee. Er überließ Tamara den Wagen und ging die kurze Strecke zur Polizeistation zu Fuß.

Die Morgenluft war noch frisch aber in einer Stunde schon wäre es so heiß, dass man jede Bewegung draußen vermied. Ein Lieferwagen mit einer Aufschrift, die er wegen der geschwungenen Buchstaben nicht entziffern konnte, fuhr an ihm vorbei. Im Vorgarten auf der anderen Straßenseite mähte ein Mann den ohnehin schon kurzen Rasen. In einem winzigen Sandkasten neben der Haustür hockte ein Kleinkind, schlug eine rote Plastikschaufel auf einen Eimer und schrie. Tamara überholte ihn im Wagen, stieg auf die Bremse.

„Willst du mitfahren?“, fragte sie aus dem offenen Fenster.

„Danke, aber ich brauch’ ein bisschen Bewegung.“

„Verlauf dich nicht!“, rief sie lachend und gab Gas.

Kaum hatte er einen Fuß ins Büro gesetzt als Tamara sagte:

„Alan Hall will mit uns reden.“

Shane sah sie überrascht an. „Hat er schon so früh angerufen?“

Bevor sie antworten konnte, klopfte es und die Sekretärin, eine korpulente Frau in den Fünfzigern, mit rot geschminkten Lippen und blonden Dauerwellen, kam mit einem Tablett herein und stellte eine Kanne Kaffee und einen Teller mit Muffins auf Shanes Schreibtisch. „Sie sollen sich doch bei uns wohl fühlen“, sagte sie und bedachte ihn und Tamara mit einem herzlichen Lächeln, „ich weiß, wie das ist, wenn man von zu Hause weg ist.“

„Danke, Jodi!“, sagte Tamara freundlich, „ich trinke grünen Tee“, und deutete auf ihre Tasse.

„Geben Sie ihn mir“, sagte Shane. Jodi stellte das Tablett auf seinen Schreibtisch. Als die Tür hinter Jodi zufiel, herrschte zwischen ihm und Tamara Schweigen. Nach ein paar Minuten öffnete die Sekretärin erneut die Tür und meldete Alan Hall.

Zwar war Alan Hall genauso gepflegt gekleidet wie gestern, aber sein Gesicht wirkte nicht mehr ganz so glatt und gleichmäßig in seiner Farbe, seine Haltung hatte von ihrer Spannkraft eingebüßt und um seine dunklen, tiefliegenden Augen breiteten sich Schatten aus.

Shane zeigte auf den Besucherstuhl neben seinem Schreibtisch. Hall setzte sich und ohne etwas zu sagen zog er einen Zettel aus seiner ledernen Brieftasche und legte ihn vor Shane auf den Tisch.

Sorry. Romaine.

war in Schreibschrift darauf zu lesen. Shane und Tamara sahen ihn abwartend an.

„Am Freitag – nicht letzten, sondern vorletzten“, begann er langsam, „hatten wir einhundert Personen zu einer Hochzeit. Acht-Gänge-Menü, Champagner, Wein, Spirituosen, Kaffee, Kuchen.“ Er räusperte sich. „Es war ein großzügig arrangiertes Fest. Gewöhnlich schicken wir nach einer so großen Veranstaltung eine Rechnung. Doch der Vater der Braut wollte sofort die Rechnung und bezahlte den kompletten Betrag in bar.“

Er schwieg einen Augenblick und fuhr sich übers Haar.

„Wir sind nicht von der Steuerbehörde“, sagte Shane, und Tamara nickte Hall aufmunternd zu. Er fuhr fort:

„Er zahlte den gesamten Betrag am Ende des Abends, elftausend vierhundertzweiundsechzig Dollar, die er auf zwölftausend aufrundete. Das Geld habe ich im Safe in meinem Büro deponiert – mit den Einnahmen der ganzen Woche. Rund zwanzigtausend Dollar. Als ich am vergangenen Montag das Geld zur Bank bringen wollte, war der Safe leer.“ Er machte eine Bewegung mit dem Kinn auf den Zettel, „bis auf diese Nachricht. Und Romaine ist nicht zur Arbeit gekommen. Sie hatte als einzige Mitarbeiterin einen Safeschlüssel.“

Plötzlich gab es ein Motiv: zwanzigtausend Dollar.

„Mister Hall“, begann Shane und sah ihm direkt in die Augen, „warum sind Sie nicht gleich zur Polizei gegangen?“

Alan Hall war aufgestanden und ging auf und ab.

„Mister Hall! Kriegen wir jetzt eine Erklärung oder sollen wir raten! Romaine ist tot! Sie brauchen sie nicht mehr in Schutz zu nehmen!“

Shane erinnerte sich an das Foto Romaines. Ihre engstehenden Augen, ihre zu große Nase, das aufdringliche Blond ihres Haares. Alan Hall war dagegen elegant, gepflegt, kultiviert. Vielleicht war Romaine genau das, wonach Alan Hall sich sehnte: Unkompliziert, keine großen Ansprüche, direkt.

„War Romaine Stavarakis mehr als eine Angestellte für Sie?“, fragte Shane, „hatten Sie mit Romaine ... “, Hall fiel ihm ins Wort.

„Ja.“

„Sie hatten also ein Verhältnis mit ihrer Angestellten Romaine Stavarakis und haben sich von ihr um zwanzigtausend Dollar betrügen lassen?“

„Ja.“ Hall sackte immer mehr in sich zusammen.

„Mister Hall“, fing Tamara an, „ist Ihnen ein Mann namens George bekannt?“

Alan Hall sank endlich auf einen Stuhl.

„Ich habe am Montag bei Romaine zu Hause angerufen, weil sie nicht erschien. Ihr Cousin war am Telefon. Er sagte, Romaine sei mit einem George verreist.“

„Ich verstehe Sie nicht!“, brauste Shane auf, „warum sind Sie nicht spätestens dann zur Polizei gegangen? Romaine hat Sie nicht nur mit einem anderen Mann betrogen, sie hat Sie auch noch bestohlen. Warum wollten Sie sie da immer noch schützen?“

„Wir hatten nach der Hochzeit eine sehr unschöne Auseinandersetzung. Ich habe mir Vorwürfe deswegen gemacht.“ Sein Gesicht verschloss sich.

„Worüber haben Sie sich gestritten?“, fragte Tamara. Hall fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. „Sie wollte mich heiraten und ich habe nein gesagt.“ Seine Mundwinkel zuckten. Der Mann hat tatsächlich Schuldgefühle oder er ist ein verdammt guter Schauspieler, dachte Shane.

„Und warum wollten Sie sie nicht heiraten?“, fragte Shane.

Fast zu schnell kam die Antwort.

„Ich möchte mich nicht mehr fest binden.“

Romaines Jungmädchenzimmer fiel Shane wieder ein, ihre Rattanmöbel, die bunten Kissen, die Liebesromane, Verlorenes Glück. Romaine war sicher romantisch – wollte eine Hochzeit, im weißen Kleid, vielleicht...

„Gut, Mister Hall“, sagte er, „im Moment haben wir keine weiteren Fragen.“

Tamara begleitete Alan Hall hinaus und Shane überlegte. Hatte Romaine tatsächlich das Geld aus dem Safe genommen, um mit diesem George durchzubrennen – und hatte der sie umgebracht? Aber wenn sie mit George verreisen wollte, warum wollte sie dann kurz zuvor Hall heiraten? Oder verreiste sie mit George um Hall eifersüchtig zu machen? War Romaine nicht romantisch sondern kalt berechnend? Verlorenes Glück. Wie kam er überhaupt dazu, diesen Buchtitel mit ihrer Persönlichkeit in Verbindung zu bringen? Spielte sie Hall etwas vor, um finanziell einen Vorteil zu erzielen? Hatte Alan Hall sie am Safe überrascht? Er sprang auf.

„Mister Hall?“, rief er hinter ihm her, „ich will Ihren Safe sehen!“

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