Читать книгу Alles ist in mir - Manuela Müller - Страница 28
ОглавлениеPlötzlich Unternehmer
Als mein Mann und ich im Jahr 1998 in die berufliche Selbstständigkeit gingen, gaben wir alles an Kraft und Herzblut in dieses neue Projekt. Wir hatten nun endlich die Chance, all unseren Fleiß und die damit verbundene Zeit in unsere eigenen Pläne zu investieren. Wir beide zogen am gleichen Strang und hatten uns für die richtige Aufgabe entschieden. Jeder von uns hatte seinen Verantwortungsbereich und die damit einhergehende Entscheidungskompetenz. Wir arbeiteten viel und machten das Unternehmen sehr schnell erfolgreich. (Wenn Arbeit Freude macht, vergisst man oft die Pausen.) Mit der Selbstständigkeit konnten wir uns einige Jahre als Unternehmerpaar hervorragend verwirklichen und enorm daran wachsen. Wir führten in Spitzenzeiten bis zu zehn Mitarbeiter. Obwohl das Geschäft 24 Stunden am Tag geöffnet war, konnten wir doch unmöglich immer präsent sein. Nur im Kopf waren wir es die meiste Zeit. Irgendwelche Themen, die die Firma betrafen, gab es am Abendbrottisch immer.
~ War das notwendig und überhaupt gut für unsere kleine wachsende Familie? Funktionierten wir nur noch als Geschäftspartner und weshalb haben wir es nicht bemerkt? ~
♡
~ Ich hab mir die Fragen in den Jahren nach unserer Scheidung oft gestellt. Ich gab mir selbst viel Schuld und habe die Schuldgefühle sehr lange zugelassen. ~
Trotz einiger Widrigkeiten in unserer Ehe wagten wir einige Jahre später einen beruflichen Neubeginn. Nach über sieben Jahren sahen wir am damaligen Standort nicht mehr die Möglichkeit, dort auch künftig noch als erfolgreiches Unternehmerpaar zu fungieren, da die Franchiseverträge geändert werden sollten. Wir erhielten 14 Tage Bedenkzeit, den neuen Vertrag zu unterschreiben. Diese Tage bedeuteten Achterbahnfahrt und Gedankenkarussell zugleich. Wir waren uns nicht immer einig, was wir tun sollten. Mal wollte der eine von uns, dass wir den Vertrag unterschreiben, und dann wieder nicht. Es ging alles viel zu schnell. Es war zu viel Angst im Raum und wir hatten keinen Plan B. Mein Körper lief auf Hochtouren und schüttete eine Menge an Cortisol aus. (Cortisol ist ein Stresshormon, was den Körper vor negativen Folgen von starkem Stress schützt. Wird das Hormon dauerhaft ausgeschüttet, etwa bei chronischem Stress, kann es auch negative Auswirkungen haben.)
Wir entschieden gemeinsam, diesen Vertrag nicht zu unterschreiben. Die neuen Regelungen gaben uns nicht mehr den Gestaltungsspielraum, den wir als erfolgsorientierte Unternehmer brauchten. Der bestehende Vertrag gab uns sechs Monate Zeit, die wir noch zu absolvieren hatten, bis zum Ende der Kündigungsfrist!
~ Diese sechs Monate Ungewissheit erlebte ich als eine der schlimmsten Zeiten meines bisherigen Lebens. ~
Unsere Tochter war gerade erst geboren und während dieser besonderen Zeit stellte sich so viel Unsicherheit ein. Da waren Angst erzeugende Zukunftsgedanken, Gewohntes und lieb Gewonnenes loslassen, Uneinigkeit und Streit und eine riesengroße Verantwortung für ein kleines Mädchen, das einfach nur gut behütet aufwachsen sollte.
~ Und im Außen durfte mal wieder niemand etwas von meinen Ängsten bemerken, also unterdrückte ich meine Gefühle erneut. ~
~ Das Grübeln machte mich traurig, es raubte mir meine Kraft. ~
~ Was kann die Seele eines Menschen eigentlich alles aushalten? ~
Wir hatten uns gut eingerichtet mit allem. Wir bewohnten eine schöne neue Eigentumswohnung, hatten eine entzückende Tochter und mittlerweile wenigstens ein Großelternpaar in der Nähe.
Doch das war nicht der Plan, der für uns vorgesehen war. Es sollte uns auf andere Wege führen und heute verstehe ich auch, weshalb.
~ Das Leben kann nur rückwärts verstanden werden! ~
Irgendwann sahen wir Licht. Wir haben in den sechs Monaten, in denen wir noch eine gesicherte Existenzquelle hatten, extrem viel recherchiert und nach Lösungen für einen neuen Weg gesucht.
Glücklicherweise hatte jemand das Internet erfunden. Wir hatten einige Pläne, die uns zuerst Mut machten, aber nach genauerem Durchleuchten überhaupt nicht zu uns passten. Wir dachten sogar daran, ein Hotel auf der Insel Rügen zu kaufen. Wir sind da auch mal hingefahren und haben das Objekt besichtigt. Doch bereits der Anblick von außen hatte uns verschreckt und heute bin ich sehr froh, auf mein Bauchgefühl gehört zu haben. Es fühlte sich einfach nicht stimmig an.
~ Rückblickend betrachtet habe ich ziemlich oft auf mein Bauchgefühl gehört und das war auch gut so. ~