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Entscheidung ~ neue Wege

2016 fasste ich endlich den Entschluss, meinen Vertrag mit der Mineralölgesellschaft zu beenden.

~ Meine gesundheitliche Situation brachte mich an den Punkt, endlich Stopp zu sagen und den Kreislauf des Hamster rades zu durchbrechen. ~

Ich fühlte, dass es richtig war und dass diese Entscheidung mich auf einen neuen Pfad führte. Mein Entschluss löste in mir eine große Erleichterung aus. Ich wollte nur noch gesund und von dieser hohen Verantwortung befreit werden.

~ Starkes Kopfzerbrechen machte mir allerdings, wie ich es meinem Team erklären sollte. Ich wollte sie nicht im Stich lassen! ~

Ich erinnere mich noch sehr gut an diesen Nachmittag, an dem ich eine Mitarbeiterversammlung einberief. Ich hatte ein anderes Thema vorgeschoben, um im Vorfeld keine Unruhe zu stiften.

Alle saßen zusammen und diesmal war eine besondere Spannung im Raum spürbar. Sonst gab es immer mal jemanden, der Kaffee verteilte oder einen lustigen Spruch machte und meistens musste ich erst einmal alle Anwesenden um ihre Aufmerksamkeit bitten. Doch diesmal war es anders. Es fiel mir schwer, die passenden Worte für den Einstieg zu finden. Diese Stille in mir war auch neu für mich. Ich wollte es doch selbst noch nicht wahrhaben, was da gerade vor sich ging, und dann sollte ich darüber sprechen? Ich benötigte eine Portion Mut, denn wenn diese Firma eines nicht brauchte, dann war es Pessimismus.

~ Diese Firma war neben meiner Tochter mein absoluter Lebensinhalt. Ich fühlte mich dort immer am richtigen Platz, trotz aller Widrigkeiten, die wir manchmal auszustehen hatten. In den vielfältigen Aufgaben fand ich so viele Möglichkeiten, mein volles Potenzial zu entfalten. Zumindest war das in den ersten Jahren der Fall. ~

Ich hatte gute Möglichkeiten mich zu entfalten und vor allem konnte ich auf meine wertvollen Erfahrungen zurückgreifen, die mich darin unterstützten, stets lösungsorientiert zu arbeiten. Die Mitarbeiter meines Teams waren mir sehr vertraut und in den letzten Jahren sind sie weitaus mehr für mich geworden als nur Mitarbeiter. Wir kannten uns gut und wussten uns zu nehmen und die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen einzuordnen und zu akzeptieren. Ich schaue gern zurück auf diese Menschen, die im Laufe der Jahre an allen Herausforderungen, die unser Job mit sich brachte, gewachsen sind und ihre Persönlichkeit entwickelt haben.

Nunmehr verwunderte es mich auch gar nicht, dass sie bereits Bescheid wussten über mein Befinden. Ihre Reaktionen zeigten es mir. Mit sanften Worten begann ich, kam dann aber relativ schnell auf den Punkt, bevor ich den Versuch eines Rückziehers machen konnte. Ihre Reaktionen berührten mich sehr. Einige begannen zu weinen. Ich beruhigte sie mit dem sanften Trost, dass ich mindestens noch ein halbes Jahr bleiben würde, um den Nachfolger gut auf den Betriebsübergang vorzubereiten. Und ich sagte ihnen auch, dass ich für sie da sein werde, sofern sie in den ersten Wochen meines Weggangs Unterstützung bräuchten. Sie kannten mich und wussten, dass ich zu meinem Wort stehe.

~ Ich spürte damals eine große Erleichterung in mir, diese Last bald nicht mehr tragen zu müssen. Und ohne überhaupt zu wissen, wohin mein neuer Weg mich führt, wusste ich, dass es der richtige Weg sein wird. ~

In dem Moment, als ich den Schmerz mit meinen Mitarbeitern teilen durfte, fühlte ich mich freier. Ich gestand mir endlich ein, dass ich sie brauchte. Und ich spürte, dass ich Hilfe erfuhr.

Meine Mitarbeiter übernahmen ganz freiwillig noch mehr Verantwortung und Aufgaben. Ich war sehr berührt davon, dass sie sich plötzlich an so viel neues Terrain trauten und sich selbst immer wieder herausforderten. Die Zeit bis zu meinem Abschied, der natürlich gebührend gefeiert wurde, empfanden wir alle als sehr schön und fast familiär. Ich verbrachte trotz der vielen Arbeit ausreichend Zeit mit meinen Mitarbeitern und Stammkunden. Wir führten tolle Gespräche und ich konnte nun viel gelassener sein.

~ Uns war es einfach nur wichtig, die verbleibende Zeit miteinander zu genießen. ~

Ich spürte nach der Arbeit wieder so was wie Ausgeglichenheit. Nicht dass mir plötzlich alles egal war, nein, ganz und gar nicht, denn ich hatte den Anspruch, meinen Betrieb absolut korrekt an die Nachfolge zu übergeben, doch ich war deutlich entspannter.

Es gab noch viel zu erledigen und dennoch fühlte sich auf einmal alles so leicht an für mich. Meine Vorfreude auf die neue Freiheit und die Möglichkeit, mir nun endlich meinen langjährigen Traum zu erfüllen, den Camino Francés zu laufen, ließen mich kraftvoll sein bis zum letzten Tag.

~ Rückblickend betrachtet lag in dieser Krise eine wahrlich große Chance für uns alle. Ich durfte alte Glaubenssätze loslassen und meine Mitarbeiter wuchsen über sich selbst hinaus. ~


Hingabe von Hermann Hesse über das Sich-fallen-lassen

Man hatte vor tausend Dingen Angst,

vor Schmerzen ….. vor dem eigenen Herzen,

man hatte Angst vor dem Erwachen,

vor dem Alleinsein …. namentlich vor dem Tode.

Aber all das waren nur Masken und Verkleidungen.

In Wirklichkeit gab es nur eines,

vor dem man Angst hatte:

das Sich-Fallen-Lassen,

den kleinen Schritt hinweg.

Über all die Versicherungen, die es gab.

Und wer sich einmal,

ein einziges Mal hingegeben hatte,

nur einmal das große Vertrauen geübt und sich dem

Schicksal anvertraut hatte, der war befreit.

Er gehorchte nicht mehr den Erdgesetzen,

er war in den Weltraum gefallen

und schwang im Reigen der Gestirne mit.

Hermann Hesse

Seit diesem Tag hat sich in meinem Leben sehr viel verändert. Ich sage nun viel öfter JA zu mir, und Nein zu den Dingen, die mir nicht guttun. Denn es ist mein Leben, das ich in voller Selbstverantwortung und Selbstfürsorge leben möchte.

Ich erlaube mir zu träumen und setze mir Ziele, die ich liebe und die mich begeistern. Ich muss nicht den Erwartungen anderer entsprechen, um ihnen zu gefallen. Alles, was sich gut anfühlt, kommt aus meinem Herzen und ist mein Weg. Wenn ich der Freude folge, kommt alles ins Fließen und ich werde weiter geführt zu Neuem und Großartigem.

Viele Menschen haben Ängste. Sie verstecken sie hinter Fassaden, so wie ich es selbst lange tat. Doch wenn du dich authentisch zeigst, machst du deinen Mitmenschen Mut, es dir gleich zu tun.

~ Versteck dich nicht und steh zu deinen Schwächen – sie gehören zu dir! Erst die Annahme deines wahren Selbst führt dich zu innerem Frieden, zur Selbstliebe und zu einem tiefen Mitgefühl für deine Mitmenschen. ~

Mein Team hat sich enorm entwickelt und der eine oder andere gewann den Mehrwert von Selbstvertrauen. Ich bin voller Dankbarkeit und Wertschätzung für meine Weggefährten und ihren erbrachten Einsatz. Und ein klein wenig stolz bin ich auch, dass sie sich darauf eingelassen haben, diesen Weg mit mir gemeinsam zu gehen und an meiner Seite zu wachsen. Sie haben sich meiner Unternehmensführung angeschlossen und waren mir treu.

~ Wir haben uns viel gegeben und voneinander gelernt und können uns heute Freunde nennen. Das ist für mich eine große Ehre. ~

~ Danke für euer Vertrauen. Schön, dass es euch gibt. ~


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