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Beispiel: Extinktion (Löschung)

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Durch kontingente Verstärkung wird ein gewünschtes Verhalten aufgebaut, etwa indem eine Lehrerin Pluspunkte an die Schülerinnen und Schüler ihrer Klasse vergibt, die sich durch Melden am Unterricht beteiligen. Dies wird zu einer erhöhten Frequenz des freiwilligen Meldens führen. Setzt die Lehrerin den Verstärker der Pluspunkte nach einer Weile wieder ab, so sinkt auch die Rate der freiwilligen Meldungen wieder. Dieser Vorgang der allmählichen Löschung des neu erlernten Verhaltens wird als Extinktion bezeichnet – häufig (auch in diesem Fall) ist das unerwünscht.

Im Prinzip handelt es sich beim Ausnutzen des Extinktionsphänomens um eine »milde« Form der Bestrafung durch Entzug eines als positiv empfundenen, bislang gewährten Folgereizes. Die zuvor kontingente Vergabe des Verstärkerreizes wird abgesetzt, was über kurz oder lang zu einer geringeren Auftretenswahrscheinlichkeit des ursprünglich verstärkten Verhaltens führen wird. In pädagogischen Situationen haben sich vor allem zwei Formen dieser indirekten Bestrafung bewährt, die verordnete Auszeit und die auferlegten Folgekosten. Bei der Auszeit (Time Out) wird den Lernenden für eine bestimmte Zeitdauer eine sonst übliche Verstärkung vorenthalten. Dieses Verfahren ist besonders dann geeignet, wenn die Schüler ein eigentlich erwünschtes (und daher zu verstärkendes) Verhalten mit unerwünschten Verhaltenselementen mischen (z. B. wenn sie sich zwar freiwillig melden, dabei aber stets geräuschvoll mit den Fingern schnalzen). Hält die Auszeit so lange an, bis das erwünschte Verhalten wieder ohne die unerwünschten Beigaben gezeigt wird, ist das Ziel der Maßnahme erreicht. Nicht selten kommt es vor, dass unerwünschte Verhaltensweisen der Kinder von ihren Eltern oder Lehrern unabsichtlich verstärkt werden, weil nämlich ein Kind für ein unerwünschtes Verhalten jene Aufmerksamkeit bekommt, die ihm sonst verwehrt bliebe. Auch hier kann die Methode der Extinktion zum Einsatz kommen, indem das unerwünschte Verhalten künftig systematisch ignoriert wird.

In ähnlicher Weise funktioniert das Prinzip der Folgekosten (Response Costs). Im Fußball findet es Anwendung, um zu verhindern, dass ein torschussbereiter Spieler von der in Bedrängnis geratenen abwehrenden Mannschaft regelwidrig behindert wird. Lässt sich die Verteidigung dennoch zu einem Foul im Strafraum hinreißen, kommt es zu erheblichen Folgekosten für den Übeltäter und sein Team (Elfmeter, Platzverweis, ggf. sogar eine Sperre in nachfolgenden Spielen). Will man das Prinzip der Folgekosten auf die Schule übertragen, bedarf es eines klaren Regelwerkes zu den Unterrichtsabläufen. Erst wenn sich die Schüler des Ausmaßes der für sie unangenehmen Folgekosten bewusst sind, ist mit einem Unterlassen des unerwünschten Verhaltens zu rechnen.

Wie Kazdin (2001) ausführlich dargelegt hat, lassen sich auch die Skinner’schen Lernprinzipien der sogenannten differenziellen Verstärkung zur Verringerung unerwünschter Verhaltensweisen einsetzen. Auf den ersten Blick erscheint dies paradox; dient doch die Verstärkung dem Aufbau und der Stabilisierung von Verhalten und nicht dem Abbau bzw. seiner Elimination. Mit der Technik der differenziellen Verstärkung alternativen Verhaltens lässt sich ein unerwünschtes Verhalten tatsächlich reduzieren, indem nämlich grundsätzlich alle gezeigten Verhaltensweisen verstärkt werden, mit Ausnahme der unerwünschten, die man unterbinden möchte. Angewendet auf unser oben erwähntes Beispiel könnte das etwa folgendermaßen aussehen: Der üblicherweise beim Melden stets mit den Fingern schnalzende Schüler wird dann wieder durch Zuwendung (oder Pluspunkte) verstärkt, wenn er das Ausmaß des Schnalzens deutlich gedrosselt hat.

Pädagogische Psychologie

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