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Die süße Versuchung
ОглавлениеVom Schoko-Croissant am Morgen über die Kekse im Büro und den Kuchen zum Kaffee bis zu Gummibärchen abends vor dem Fernseher – so natürlich die Vorliebe für Süßes ist, so unnatürlich hoch ist inzwischen der Zuckeranteil in unserer Nahrung. Sogar industriell verarbeitete Nahrungsmittel, die auf den ersten Blick gar nicht sehr süß wirken, enthalten oft erstaunlich hohe Zuckermengen, wie Tiefkühlpizza oder Toastbrot, Salatsaucen oder Ketchup. Problematisch ist, dass wir uns dadurch an immer mehr Zucker gewöhnen. Die Empfindlichkeit gegenüber dem extremen Geschmack lässt nach, wir süßen umso stärker nach.
Die Einfachzucker in Süßigkeiten, Eis oder Gebäck können direkt verwertet werden, geben schnell Energie und wirken aufmunternd. Was für Leistungssportler sinnvoll sein kann, wird im Überangebot des Alltags eher zum Verhängnis. Denn körperlich richtet zu viel Zucker Schaden an: Der Blutzuckerspiegel schnellt in die Höhe, die Bauchspeicheldrüse schüttet Insulin aus, um den Zucker verfügbar zu machen. Ebenso schnell aber fällt der Blutzuckerspiegel wieder, und das Insulin steht ohne Nachschub da – neuer Süßhunger entsteht. Mit der Zeit erschöpft sich die Bauchspeicheldrüse, der Körper legt überschüssige Energie in Fettreserven an. Ein dauerhaft hoher Zuckerkonsum kann so zu Diabetes und Übergewicht führen.
Aus diesem Grund fordert die gemeinnützige Verbraucherorganisation foodwatch e. V., dass stark gezuckerte Getränke nach dem Vorbild Großbritanniens auch in Deutschland mit einer Sonderabgabe belegt werden, damit die Hersteller den Zuckergehalt reduzieren. Künstliche Süßstoffe sind allerdings auch keine Lösung: Sie verstärken den Süßhunger eher noch. Der Körper erwartet durch den Geschmack einen Energieschub und wird enttäuscht – was dazu anregen kann, noch mehr zu essen. Studien deuten darauf hin, dass sich synthetische Süßstoffe negativ auf Stoffwechsel, Appetit, Geschmackswahrnehmung und Darmflora auswirken und damit sogar eher zu einer Gewichtszunahme führen könnten.38
Verzichten wir eine Weile auf süße Speisen und Fertigprodukte, die viel Zucker enthalten, erholt sich das Geschmacksempfinden. Schon wenig Süße nehmen wir wieder viel stärker wahr, die Gier nach Zucker sinkt. Heißhungerattacken oder auch extreme Energietiefs, wie das berüchtigte „Suppenkoma“, schwinden, der Energiehaushalt wird stabiler.