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Lebensmittelunverträglichkeiten

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Der Begriff der Lebensmittelunverträglichkeiten umfasst Allergien (z. B. gegen Erdnüsse), Intoleranzen (wie bei Laktose oder Gluten), aber auch Überempfindlichkeitsreaktionen, etwa gegenüber bestimmten Zusatzstoffen. Diese Reaktionen werden in der öffentlichen Wahrnehmung oft vermischt oder verwechselt. Zum Vergleich: Etwa 20 Prozent der Erwachsenen in den Industrieländern berichten über Unverträglichkeitsreaktionen, Lebensmittelallergien treten aber nur bei 1 bis 5 Prozent auf.71

Die Häufigkeit von Unverträglichkeiten und Allergien nimmt weltweit zu. Laut der Deutschen Zöliakie Gesellschaft e. V. ging man bis vor einigen Jahren davon aus, dass im Durchschnitt etwa einer von 1000 bis 2000 Deutschen von Zöliakie (einer Entzündung des Darms durch das in manchen Getreidesorten enthaltene Klebereiweiß Gluten) betroffen ist, neuere Untersuchungen zeigen, dass die Häufigkeit tatsächlich etwa bei 1:100 liegt. Allerdings liegt dabei nur bei 10 bis 20 Prozent der Betroffenen das Vollbild einer Zöliakie vor.72

Immer wieder allerdings nehmen Menschen nur an, dass sie an einer Unverträglichkeit leiden – etwa weil sie diffuse Symptome nach dem Essen oder Verdauungsbeschwerden wahrnehmen. Sie kaufen daher vorsorglich gluten- oder laktosefreie Produkte, weil sie diese für generell gesünder und besser halten. Auch aus diesem Grund stellen Lebensmittel, die auf bestimmte Inhaltsstoffe verzichten, einen Wachstumsmarkt dar: Die weltweit größte Ernährungsmesse Anuga erklärte „Frei von …“ zum Trendthema und zur stärksten Marktkategorie 2019. Bereits ein Jahr zuvor trug fast ein Viertel aller neu eingeführten Lebensmittel einen entsprechenden Hinweis.73

Während allergenfreie Produkte für Menschen mit nachgewiesenen Allergien natürlich existenziell sind, ist es gesundheitlich unsinnig, die Ernährung ohne eine klare medizinische Diagnose umzustellen. Gleichzeitig belastet es den Geldbeutel, denn die Spezialprodukte sind in der Regel deutlich teurer.

Manchmal kann sich hinter einer vermeintlichen Unverträglichkeit auch eine beginnende Essstörung verbergen: Die Selbstdiagnose „Intoleranz“ (ohne ärztliche Bestätigung) bestärkt diejenigen, die ihr Essverhalten ohnehin kontrollieren möchten, sich intensiv mit dem Thema Ernährung zu beschäftigen. Gleichzeitig bietet es ihnen eine willkommene Gelegenheit, auch nach außen hin zu vertreten, dass diese oder jene Lebensmittel für sie schädlich sind – der Körper „verbietet“ diese ja geradezu. Auf diese Weise kann eine Essproblematik versteckt bzw. verleugnet werden – vor anderen oder sogar vor sich selbst.

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