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1.1.4 Mit mehr als zwei Sprachen aufwachsen

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Mehrsprachigkeit ist Normalität in vielen europäischen Gesellschaften, auch in Deutschland. Alle Kinder lernen hier eine erste schulische Fremdsprache und viele verfügen bereits mit dem Schuleintritt über eine oder mehrere nicht deutsche Herkunftssprachen.

Mehrere Sprachen zu erlernen bedeutet keinesfalls eine Überforderung. Migrantenkindern, die in einer deutschen Grundschulklasse im Englischunterricht schon mit der zweiten Fremdsprache konfrontiert werden, bietet sich gar ein besonderer Vorteil. Auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, als hätten gerade sie es besonders schwer: Erfahrungsgemäß gehen diese Kinder besonders motiviert an die neue Sprache heran. Sie haben – anders als beim Erlernen der deutschen Sprache – einen vergleichbaren Ausgangspunkt wie ihre deutschen Mitschülerinnen und Mitschüler, da diese ebenfalls ohne nennenswerte Vorerfahrungen mit dem Englischunterricht beginnen.

Zudem wird der elementare Sprachaufbau über das Hörverstehen in einem fast durchweg einsprachigen, meist besonders visuell gestützten Unterricht betrieben. Die deutsche Sprache spielt in dieser Hinsicht eine untergeordnete Rolle für die Grundschulkinder nicht deutscher Muttersprache. Voraussetzung für den Erfolg dieses zusätzlichen Spracherwerbs ist aber, dass zweisprachige Migrantenkinder in Kindergarten und Grundschule angemessen und kontinuierlich v. a. durch Sprachkurse in ihrer Erst- und Zweitsprache gefördert werden. Dies hat mit den sich entwickelnden kognitiven Fähigkeiten der Grundschulkinder zu tun: Nur wer auf eine vollständig aufgebaute Muttersprache als Referenzsprache – bei bilingual aufwachsenden Kindern deren zwei – zurückgreifen, die neue Sprache mit ihr kontrastieren und an ihr reflektieren kann, kann auch ein kommunikativ kompetenter Mehrsprachler werden.

Sollen also gute Kompetenzen in mehreren Sprachen erworben werden, reicht es nicht aus, sich zunächst ausschließlich auf die Förderung von Deutschkenntnissen zu konzentrieren. Wie Deutsch müssen gleichrangig Muttersprachen aus Herkunftsländern gefördert werden, muss eine altersgemäße Entwicklung als Grundlage für den Erwerb weiterer Sprachen gesichert werden. Ein Verzicht auf fremdsprachliche Angebote in der Grundschule, scheinbar zugunsten der Vermittlungszeit für die deutsche Sprache, ist kontraproduktiv für das europäische Ziel Mehrsprachigkeit.

Fachdidaktik für die Grundschule

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