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blau werden

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WortartAdjektiv + Verb
Verwendungszweckwährend des Wettkampfs
Sozialverträglichkeitunproblematisch
Missverständnissehäufig
Verwendungshäufigkeiteinmal ist schon zu oft
LäufertypusAlles-Riskierer, unbelehrbarer Optimist
GesprächspartnerLaufkumpel
Beliebtheits-Skala1

Gemeinhin wird unter blau sein ein Zustand beschrieben, bei dem man nur noch eingeschränkt Herr seiner Sinne ist. Dieser durch ein Zuviel an Alkohol hervorgerufene Zustand widerfährt in der deutschen Gesellschaft vielen Männern und Frauen regelmäßig, wobei die Grenzen zwischen ein wenig blau sein und richtig blau sein fließend sind.

Spricht man hingegen beim Laufen von blau sein, dann gibt es keine fließenden Übergänge. Beim Laufen ist dieser Zustand absolut. Hervorgerufen wird dieser durch ein Zuviel von Laktat in der arbeitenden Beinmuskulatur. Das Laktat ist die Milchsäure, die entsteht, wenn die Energie in der Muskulatur unter Ausschluss von Sauerstoff produziert wird. Das ist meistens der Fall, sobald man zu schnell läuft (schneller als das Tempo an der anaeroben Schwelle) oder kurzfristig viel Kraft mobilisieren muss, wie z.B. beim Bergauflaufen. Durch das Laktat werden die Beine schwer und bleiern. Hinzu kommen Schmerzen und ein großes körperliches Unbehagen. Man ist nicht mehr Herr seiner Beine. Man versucht zwar, die Muskeln in den Beinen zu aktivieren. Doch wenn die Muskulatur blau wird, ist sie für die Befehle aus dem Gehirn nahezu unempfänglich. Das Laktat in den Beinen verhindert, dass man die aktuelle Belastung weiterhin aufrechterhalten kann. Dieser Mechanismus schützt den menschlichen Körper davor, gänzlich zu übersäuern. Würde dieser Schutzmechanismus nicht funktionieren, könnte sich ein Mensch im Extremfall selbst so sehr übersäuern, dass die Zellen im Körper ihren Dienst einstellen würden. Man würde sterben.

Letztendlich beschützt der Zustand des Blauwerdens den Läufer davor, sich selbst ins Grab zu laufen. Natürlich kann man durch regelmäßiges Training die Grenzen verschieben. So können z.B. 800m-Spitzenläufer Laktatwerte tolerieren, die bei einem untrainierten Menschen sofort zum Tod führen würden. Diese hochspezialisierten Läufer haben durch jahrelanges Training ihren Körper so programmiert, dass er auch mit höchsten Laktatspitzen umzugehen weiß. Doch selbst die Weltklasse-Läufer werden spätestens auf der Zielgerade blau und können nur unter höchstem Willenseinsatz ihr Tempo einigermaßen aufrechterhalten. Dass es diesen Läufern in diesem Moment richtig schlecht geht, kann man aber als Betrachter von außen nur bedingt wahrnehmen, da sich der Laufstil kaum ändert. Einzig der Gesichtsausdruck verrät meistens, dass der Körper voll in der Säure steht. Bei nicht ganz so austrainierten Athleten kann man hingegen oftmals am Laufstil erkennen, dass diese gerade gegen die Übersäuerung in ihrem Körper ankämpfen.

Blau werden darf man im Übrigen nicht mit dem berühmten Mann mit dem Hammer verwechseln. Denn diesen vermeintlichen Handwerker lernen eigentlich nur ausschließlich Langstreckenläufer (Marathonläufer) kennen.

Nun kommen wir natürlich zur Frage, die vielleicht den meisten von uns unter den Nägeln brennt. Warum nennt man diesen Zustand blau werden. Hier gibt es keine eindeutige Antwort. Manch einer meint bei Läufern, die gerade gegen hohe Laktatwerte in der Beinmuskulatur ankämpfen, eine bläuliche Färbung ihrer Lippen oder Haut ausmachen zu können. Manch einer sieht die Parallele mit dem durch Alkohol versursachten Zustand. Denn beide Male ist man nicht mehr ganz Herr seiner Sinne. Letztendlich gibt es keine wirklich richtige oder falsche Erklärung.

Die Redensarten blau sein und blau machen gehen vermutlich auf die Gewinnung blauer Farbe im Mittelalter zurück. Damals wurde aus dem Kreuzblütengewächs Färberwaid blaue Farbe gewonnen, indem man die Weidblätter mit Urin bedeckte und in der Sonne gären ließ. Bald fand man heraus, dass diese Gärung noch besser funktionierte, wenn man Alkohol hinzugab. Da Alkohol teuer war, ging man dazu über, dass die Färber den Alkohol tranken und den mit Alkohol versetzten Urin über die Blätter gaben. Danach war die Arbeit getan. In den nächsten Tagen musste das Gebräu nur hin und wieder umgerührt werden. Dabei wurden die Färber natürlich blau. Sie hatten also die nächsten Tage mehr oder weniger frei, machten also blau und waren betrunken vom vielen Alkohol.

Wenn sich Läufer übers Blauwerden unterhalten

Läufer: „Meine Beine waren schon nach der Hälfte des Rennens völlig blau.“

Übersetzung: „Meine Beine waren bereits nach der Hälfte des Rennens schwer und völlig kraftlos. Ich konnte mein Tempo nicht mehr halten und musste das Tempo deutlich reduzieren.“

Läufer: „Der geht gerade völlig blau.“

Übersetzung: „Dieser Sportler bewegt sich gerade oberhalb seines Leistungsmaximums und muss jetzt dafür büßen. Er wird eindeutig langsamer.“


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