Читать книгу DEUTSCH LAUFEN - Markus Brennauer - Страница 7

abziehen

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WortartVerb
Verwendungszwecknach einem Wettkampf
Sozialverträglichkeithoch
Missverständnisseselten
Verwendungshäufigkeitmanchmal
LäufertypusVerlierer oder Gewinner
Gesprächspartnerguter Lauffreund
Beliebtheits-Skala7

Es gibt für Kinder kaum etwas Spannenderes als eine Packung Panini-Fußballbilder zu öffnen, um herauszufinden, ob sie die Fotos der Profikicker für ihr Sammelalbum brauchen können. Falls ja, ziehen sie die Konterfeis der Fußballer ab und kleben diese ein. Ein Fußballer, der abgezogen wird, hat es also geschafft, mit seinem Hobby Geld zu verdienen. Dieses Privileg ist nur den allerwenigsten Läufern vorbehalten, so dass diese Bedeutung von abziehen sicherlich nicht gemeint sein kann.

Nein, wer als Läufer oder Läuferin abgezogen wird, hat eher das Gegenteil erreicht, hat nicht die sportliche Spitze erklommen, sondern muss eine Niederlage verkraften. Denn im Läuferjargon bedeutet abziehen, dass man gerade eben von einem anderen Läufer überholt und im Wettkampf geschlagen wurde. Man kann aber auch im Training abgezogen werden. Nicht selten ist der letzte Lauf eines Intervalltrainings, wenn man es in der Gruppe absolviert, eine Art Ausscheidungsrennen. Hier gibt es keine Freunde mehr, keine Entschuldigungen. Es wird mitunter ein Kampf Mann gegen Mann oder Frau gegen Frau ausgetragen. Wenngleich es natürlich meist die Männer sind, die so einen Lauf als willkommene Gelegenheit wahrnehmen, um das Alpha-Männchen bis zum nächsten gemeinsamen Training zu küren. Da wird taktiert und auf den letzten Metern alles gegeben, um die Mitstreiter abzuziehen.

Allerdings kann man nicht immer von abziehen sprechen, nur weil man vor den anderen das Ziel erreicht hat. Meist beinhaltet der Ausdruck, dass der Sieg oder die Niederlage dementsprechend deutlich ausgefallen ist. Ist der Läufer, von dem man geschlagen wurde, in der Regel vor einem im Ziel, spricht man nicht von abziehen. Ist der Abstand zu diesem aber größer als üblich, dann ist der Gebrauch dieses Verbs angebracht.

Genauso angebracht ist dessen Verwendung, wenn man von jemandem besiegt wird, der in der Regel nicht vor einem das Ziel erreicht. Mit abziehen wird nämlich oftmals der etwas überraschende Charakter einer Niederlage betont.

Falls man dieses Verb im Falle einer Niederlage selbst verwendet, zollt man seinem Kontrahenten zeitgleich eine gewisse Art von Respekt. Damit möchte man zum Ausdruck bringen, dass man von der Leistung des anderen mehr als nur beeindruckt ist. Dabei kann man allerdings kaum Rückschlüsse auf die eigene Leistung ziehen, denn das Wort abziehen ist in dieser Hinsicht nahezu wertneutral.

Verwendet man es dagegen als Sieger, so will man damit zum Ausdruck bringen, dass man an diesem Tag wirklich in sehr guter Form war und die Konkurrenz etwas überraschend relativ deutlich schlagen konnte. Ob man damit seine Gegner ein wenig demütigen möchte, hängt dabei vom Tonfall ab. Auf jeden Fall drückt man damit auch seine Freude darüber aus, dass man der oder die Schnellste war.

Eine weitere Besonderheit ist, dass man abziehen nur rückwirkend verwendet. Erst nach einer Trainingseinheit oder nach einem Wettkampf kann man nämlich beurteilen, ob man jemanden abgezogen hat oder abgezogen wurde. Deshalb würde man nie den Satz „ich werde morgen die anderen abziehen" verwenden. Man darf durchaus sagen, dass man morgen gewinnen möchte. Selbst die Aussage „ich werde morgen gewinnen" ist zulässig. Aber abziehen kann man nur nach einem Wettkampf oder Training verwenden.

Wenn sich Läufer übers Abziehen unterhalten

Läufer: „Heute im Training habe ich die anderen ganz schön abgezogen.“

Übersetzung: „Heute im Training war ich besser als die anderen. Obwohl die anderen ebenfalls gut drauf und richtig schnell waren, konnte ich meine Teamkameraden abhängen. Das war ein wenig überraschend für mich. Ich freue mich total darüber.“

Läufer: „Gestern hat mich Regina abgezogen.“

Übersetzung: „Bei den Intervallläufen gestern war Regina immer einige Meter vor mir im Ziel. Ich habe immer versucht, zeitgleich mit ihr das Ziel zu erreichen, was mir aber nicht gelang. Das hat mich echt überrascht, denn normalerweise kann ich schon mit ihr mithalten. Aber gestern war sie richtig gut drauf. Damit hatte ich nicht unbedingt gerechnet.“

anaerobe Schwelle


WortartAdjektiv + Nomen
VerwendungszweckTrainingsfachsimpelei
Sozialverträglichkeithoch
Missverständnissemöglich
Verwendungshäufigkeitöfter als man denkt
LäufertypusBestzeitenattackierer
GesprächspartnerLaufcoach, Trainingsphysiologe
Beliebtheits-Skala8

Eigentlich sollte sich dieses kleine Lexikon kaum oder gar nicht mit irgendwelchen trainingswissenschaftlichen Inhalten beschäftigen. Doch um den Begriff der anaeroben Schwelle kommt man einfach nicht herum. Denn zu oft benötigt man diesen, um andere lauforiginäre Ausdrücke erklären zu können. Deshalb soll zunächst dieser Terminus aus der Trainingslehre auf die einfachste Art und Weise erklärt werden.

Wenn Läufer von der anaeroben Schwelle sprechen, meinen sie schlicht und einfach das Lauftempo, bei dem das Laufen gerade noch Spaß macht. Zumindest gilt das für die ersten Minuten bei diesem Tempo. Spätestens nach 15 oder 20 Minuten weicht der Spaß allerdings oftmals der Anstrengung und dem unangenehmen Gefühl, dass man seinen Körper ziemlich fordert. Wenn man langsamer als das Tempo an der anaeroben Schwelle läuft, kann man sich meist problemlos während des Laufens unterhalten. Läuft man hingegen schneller, sind nur Halbsätze oder einzelne Wörter möglich. Zudem muss man die Belastung relativ bald vorzeitig abbrechen.

Spaß ist natürlich immer ein subjektiver Begriff, den jeder von uns anders wahrnimmt und interpretiert. Manch einem macht es gerade erst dann Spaß, wenn die Lunge und die Oberschenkel brennen und man sich selbst bis ans Limit fordert. Einem anderen vergeht vielleicht schon der Spaß, sobald sich die ersten Schweißtropfen bilden, weshalb er oder sie das Lauftempo reduziert. Wer sich also mit der recht schwammigen Erklärung nicht zufrieden geben will und zudem wissen möchte, warum einem der Spaß an der anaeroben Schwelle schnell vergehen kann, sollte unbedingt weiterlesen.

Die anaerobe Schwelle wird oftmals wie folgt definiert: Es stellt das Tempo dar, welches man höchstens eine Stunde durchhalten kann. Diese Definition ist zwar schon wesentlich objektiver als der Versuch, diesen trainingswissenschaftlichen Begriff mit Spaß zu erklären. Doch auch hier gibt es Interpretationen-Spielraum. Denn woher soll man wissen, welche Geschwindigkeit man heute zu dieser Tageszeit bei diesem Wetter, in der aktuellen Tagesform auf dieser Strecke laufen kann? Es gibt zu viele Einflussfaktoren, die die Laufgeschwindigkeit bestimmen. Vor allem für unerfahrene Läufer ist diese Definition unbefriedigend und nicht allzu hilfreich. Denn diese können ihren Körper nicht so einschätzen, wie es nötig wäre, um die jeweilige Geschwindigkeit genau zu treffen. Erfahrene Läufer müssen über das richtige Lauftempo gar nicht erst nachdenken. Sie laufen einfach los und spüren, was heute möglich ist.

Wer aufmerksam gelesen hat, hat sich sicherlich an dem Wort „höchstens“ gestört. Denn eine ganze Stunde an der anaeroben Schwelle zu laufen, das schaffen nur die wirklich austrainierten, sehr erfahrenen Läufer. Nachwuchsläufer bzw. Laufanfänger können an ihrer anaeroben Schwelle hingegen nur 35 – 45 Minuten laufen. Spätestens jetzt wird sich bei vielen von Ihnen ein großes Fragezeichen über Ihren Köpfen materialisieren. Ist die anaerobe Schwelle nicht für alle Menschen gleich definiert?

Darauf gibt es aus wissenschaftlicher Sicht eine klare Antwort, nämlich ja. Denn hier wird als anaerobe Schwelle die Laufgeschwindigkeit bezeichnet, bei der der Körper das aus dem Energiestoffwechsel anfallende Laktat (Milchsäure) gerade noch beseitigen kann. Laktatabbau- und Produktion sind im Gleichgewicht. Das Laktat entsteht in der Muskulatur, sobald die für die Muskelarbeit notwendige Energie nicht mehr ausschließlich mit Hilfe von Sauerstoff und Fett bzw. Kohlenhydraten gewonnen werden kann. Wenn die Energie nun unter Ausschluss von Sauerstoff … STOPP! Wir wollten ja jetzt nicht zu tief in die Materie einsteigen.

Es reicht zu wissen, dass hohe Laktatmengen zur Übersäuerung führen. Und genau das führt zu einem unangenehmen Gefühl. Der Spaß am Laufen verfliegt.

Die anaerobe Schwelle ist also weit mehr als eine rein wissenschaftliche Festlegung. Wenn Läufer von der Schwelle sprechen, meinen sie schlicht und einfach ein bestimmtes ansprechendes und forderndes Lauftempo. Wie sie nun genau diese Geschwindigkeit festlegen, bleibt jedem selbst überlassen. Die einen machen einen so genannten Laktattest im Labor, die anderen laufen einen Wettkampf. Manch einer gibt einfach mal im Training 50 Minuten Vollgas. Und es soll sogar Läufer geben, die einfach nur in sich hinein zu hören brauchen.

Wenn sich Läufer über die anaerobe Schwelle unterhalten

Läufer: „Meine Schwelle ist katastrophal.“

Übersetzung: „Im Moment ist meine Laufform nicht gut. Ich habe in den vergangenen Wochen nicht wie sonst trainieren können, deshalb kann ich nicht so schnell laufen wie ich es gerne hätte.

Läufer: „Du musst unbedingt an deiner Schwelle arbeiten.“

Übersetzung: „Du musst in den nächsten Wochen ein bis zwei Mal pro Woche an deiner anaeroben Schwelle laufen. Dadurch wird sich deine Laufform deutlich verbessern. Am besten läufst du jeweils 8 – 12 Kilometer in einem Tempo, das du ungefähr 50 – 60 Minuten durchhalten kannst. Dabei musst du diese 8 – 12 Kilometer nicht am Stück laufen, sondern kannst diese in Intervalle unterteilen.

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