Читать книгу Big Ideas. Das Soziologie-Buch - Маркус Уикс - Страница 19
Weber und Marx
ОглавлениеMax Webers Analyse erwies sich in mancherlei Hinsicht als vorausschauender als die von Karl Marx. Weber sagte die Langlebigkeit, den globalen Triumph der kapitalistischen Ökonomie über alle traditionellen Wirtschaftsweisen als Resultat der Rationalisierung voraus. Er sah auch die Abhängigkeit der modernen technologischen Gesellschaft von einer effizienten Bürokratie voraus und Probleme weniger als Resultat ihrer Struktur, sondern vielmehr ihres Managements und ihrer Kompetenz kommen: Eine allzu rigide Bürokratie führte, so Weber, paradoxerweise nicht zu größerer, sondern verminderter Effizienz.
Als noch bedeutsamer erwies sich Webers Erkenntnis, dass Materialismus und Rationalisierung einen seelenlosen »eisernen Käfig« hervorbrachten und zur Tyrannei führen konnten. Wo Marx die Vision der Emanzipation der Arbeiter und die Errichtung eines utopisch-kommunistischen Staates entwarf, erkannte Weber, dass in modernen Industriegesellschaften jedermanns Leben – egal, ob Arbeiter oder Eigentümer – von den fortdauernden Konflikten zwischen unpersönlicher Effizienz der Gesamtorganisation und individuellen Bedürfnissen und Wünschen geprägt wurden. Diese Erkenntnis hat sich gerade in den letzten Jahrzehnten bewahrheitet – in denen ökonomisch-»rationale Kalkulationen« die Verdrängung von Einzelunternehmen durch Supermärkte und Einkaufszentren in Hauptgeschäftsstraßen ebenso bewirkten wie die Verlagerung von Fertigungsindustrien und Büroarbeiten aus dem Westen in Niedriglohnländer. Dabei blieben Hoffnungen und Wünsche der Individuen vielfach im eisernen Käfig der Rationalisierung gefangen.
Die Bedingungen in Produktionsanlagen der Halbleiterindustrie – wo Arbeiter Schutzanzüge und -masken tragen – verhindern die Interaktion und sind ein Symptom der Rationalisierung.
Max Weber
Max Weber – neben Karl Marx und Émile Durkheim einer der Gründerväter der Soziologie – wuchs in einer Erfurter Mittelschichtfamilie auf. 1888 promovierte er und lehrte anschließend in Berlin, Freiburg und Heidelberg. Seine Kenntnisse in Ökonomie, Geschichte, Politik, Religion und Philosophie legten das Fundament für sein breit gefächertes soziologisches Gedankengebäude.
Max Webers wissenschaftliches Vermächtnis ist überragend. Sein persönliches Leben indes war auch von Sorgen geplagt, und 1897 erlitt er nach dem Tod seines Vaters einen Zusammenbruch. Obwohl er 1920 mit nur 56 Jahren viel zu früh starb, gehört seine Beschreibung der Rolle des Protestantismus beim Aufstieg des Kapitalismus bis heute zu den großen Erkenntnissen der Soziologie.
Hauptwerke
1904/05 Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus
1919 Wissenschaft als Beruf
1921/22 Wirtschaft und Gesellschaft; Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie (3 Bände)