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Als rotznäsiger Teenager habe ich mir das so vorgestellt und in unserem Haus nachgespielt – natürlich nur, wenn ich alleine und sicher war, dass mich niemand dabei beobachten konnte.

Ich wollte wie mein Vater sein, hatte ihn in den Konzerten gut beobachtet, sein Auftreten, seine Eleganz, alles wie selbstverständlich, völlig natürlich und normal.

Probt ein Dirigent so etwas? Überlegt er sich genau, wie er das Podium betreten, den Applaus entgegennehmen, die Stille abwarten und dann den Taktstock heben will? Oder tut man das einfach so? Ergibt sich das? Muss man sich das erarbeiten?

Immer und immer wieder habe ich das für mich geprobt – der Dirigent vor dem Orchester. Alle Varianten habe ich ausprobiert, so wie ein Schauspieler sich sein Rolle aneignet.

Ich stand vor dem Spiegel, habe mich während des Dirigierens beobachtet, sah mir dabei genau ins Gesicht, habe strenge Blicke ausprobiert, wie ich sie bei Vater gesehen hatte, Blicke, die fordern und strafen können. Aber auch glücklich musste ich von Zeit zu Zeit aussehen, den Instrumentalisten zeigen, dass die letzte Passage sehr gut gespielt worden war. Ich probierte aus, wie es wirkt, wenn ich eher ruhig dirigiere, mich auf das Taktschlagen beschränke, nur hie und da mit der linken Hand einen Einsatz gebe, vielleicht auch mal abwinke, wenn jemand zu laut gewesen ist. Oder wie sieht das aus, wenn ich mich dem Rausch der Musik hingebe, einem Derwisch ähnlich, auf dem Podium hüpfend, tanzend, alles hinaus schreiend.

Wie oft hatte ich mir das durch den Kopf gehen lassen, vor dem Spiegel durchgespielt, alles so, wie ich es meinem Vater abgeschaut hatte – ich wollte werden wie er. Wieso eigentlich? Ging es mir damals als junger Bursche wirklich um die Musik, ging es mir darum, mit dem Klang des Orchesters das Publikum zu verzaubern? Ich glaube nicht.

Es war dieses Gefühl von Macht und Überlegenheit. Der Dirigent als Gott; ein Schöpfer, der von der Natur mit einer außergewöhnlichen Fähigkeit ausgestattet worden ist, die nur den wenigsten Menschen in die Wiege gelegt wird.

Demut walten lassen, wenn man mit frenetischem Applaus belohnt wird. – Ich bin doch nur einer von euch.

Scheißt drauf – klatscht gefälligst, wegen mir seid ihr ja schließlich da, mich wollt ihr sehen – mein Gott, bin ich gut!

Pultstar

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