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Ich hatte einen Vater, und ich habe ihn geliebt und gleichzeitig auch gehasst. Jetzt ist er nicht mehr da, weil ich es so haben wollte, weil es mein Wille war, und jetzt ist mir nicht mehr so klar, was ich für ihn empfinde. Sollte ich für ihn noch etwas fühlen – Liebe oder Hass – jetzt, wo er nicht mehr da ist? Können diese starken Emotionen plötzlich durch Gleichgültigkeit ersetzt werden?

Ich bin hin- und hergerissen, und es fällt mir auf, dass sich mein Fokus nur noch auf die Vergangenheit gerichtet hat. Ich lebe nur noch in den Erinnerungen, die mir geblieben sind, zum Teil sehr diffuse Bilder, die sich in mein Gedächtnis gebrannt haben und über deren Realitätsgehalt mir manchmal sehr starke Zweifel kommen. Habe ich das wirklich so erlebt? Lasse ich mich von verklärten Wunsch- oder übertriebenen Wahnvorstellungen in die Irre führen? Es scheint keine fein abgestuften Grautöne zu geben, entweder erinnere ich mich mit überbordender Liebe oder verweile in grenzenlosem Hass.

Und dann überwältigt mich plötzlich wieder dieses Gefühl von kompletter Gleichgültigkeit, allem gegenüber, besonders mir selbst. Ich merke, dass die Gegenwart keinen Platz mehr in meiner Wahrnehmung hat, ich spaziere am herrlichen Plage de Gigaro entlang, spüre den feinen Sand unter meinen Füssen, verweile und lasse den Blick hinaus aufs Mittelmeer schweifen und bin trotzdem nicht im Hier und Jetzt. Es sind die Bilder aus der Vergangenheit, die mich in ihren Bann ziehen, meistens verbunden mit Musik, und ich versuche vergeblich, Ordnung in meine wirren Gedanken zu bringen.

Wenn ich die Zeilen durchlese, die ich bisher zu Papier gebracht habe, werde ich zum Teil von starken Gefühlen überwältigt und muss kurz unterbrechen, weil die festgehaltenen Worte neue Erinnerungen freisetzen, die ich sofort wieder niederschreiben will. Es bleibt ein unstrukturiertes Durcheinander, obwohl ich mit meiner Niederschrift ja eigentlich Klarheit schaffen will. Aber ich schaffe es nicht, mich auf den roten Faden zu fokussieren und schreibe auf, was mir in den Sinn kommt. Es muss so sein, sollen doch andere eine vernünftige Ordnung in dieses Chaos bringen, es wird nicht mehr an mir liegen, mich zu erklären und für Verständnis zu sorgen.

Noch viel weniger bewegt mich die Zukunft, sie ist im Vergleich zur Gegenwart, die ich doch immerhin von Zeit zu Zeit wie Blitze durch eine verhangene Wolkendecke hindurch wahrnehme, komplett ausgeblendet, sie ist inexistent; nicht einmal die Frage nach dem Zeitpunkt, wann die Gendarmen vor Vaters Haus am Boulevard Abel Faivre auftauchen werden, vermag mich zu beunruhigen. Bestimmt bleibt mir nicht mehr viel Zeit, doch es liegt nicht an mir, diesen Verlauf zu bestimmen, mein Teil ist vollbracht und solange ich noch Zeit habe, werde ich hier sein, Musik hören, in der Vergangenheit leben und schreiben.

Mehr gibt es für mich nicht mehr zu tun.

Pultstar

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