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Dann gibt es andere Bilder, welche mich mit bestechender Klarheit heimsuchen, als ob sie nur wenige Tage zurückliegen würden. Da sind zum Beispiel die Erinnerungen an meine Großeltern Gertrud und Bruno, bei denen ich aufgewachsen bin. Es sind Momente voller Glück und Unbeschwertheit, heiße Sommertage an der Aare, wo mich meine Großmutter das Schwimmen gelehrt hat, und klirrende Wintertage, an denen Großvater mit mir Schlitteln gegangen ist und wir gemeinsam einen Schneemann gebaut haben. Ich spüre noch seine kalten Hände, mit denen er mich nach Hause geführt hat, weil unsere gestrickten Handschuhe vom Herumtollen im Schnee komplett durchnässt gewesen sind und sich meine Finger deshalb wie Eiszapfen angefühlt haben. Ich höre noch, wie Großmutter deshalb mit ihm geschimpft hat und Großvater sie darauf in die Arme genommen und sich mit ihr um die eigene Achse gedreht hat. Ich bin daneben gestanden und habe geschrien, dass ich auch Karussell fahren wolle.

Es waren Momente voller Nähe und Geborgenheit.

Ich sehe Großvater, wie er schmunzelnd auf mich zukommt, mich am Oberkörper packt, mich hochhebt und mit mir Flugzeug spielt. Vor Verzückung kreische ich und lache laut. »Nein, Großvater, nicht Flugzeug, Karussell habe ich gesagt!«

»Ich bin vorher schon mit Großmutter Karussell gefahren, Fabrice. Davon wird mir immer so schwindlig, darum fliegen wir jetzt ein bisschen durch die Wohnung.«

Großmutter hat uns einen herrlichen Pfefferminztee gekocht, damit wir uns nach unserem Winterausflug wieder aufwärmen können und stellt einen selbstgemachten Gugelhupf dazu, mein Lieblingskuchen.

»Hast du viel Rosinen hineingetan, Großmutter?«, frage ich, nachdem ich mich nach unseren Flugmomenten an den Tisch gesetzt habe.

»Fabrice, deine Großmutter weiß doch, was du gern hast«, sagt Großvater und schneidet den Kuchen an.

Und dann sitzen wir da, zu dritt am Tisch mit Tee und Kuchen, und ich erzähle, was wir draußen alles erlebt haben und erkläre, wie ich morgen gedenke der Schnellste zu sein, wenn ich mich mit meinen Freunden zu einem verabredeten Schlittenrennen treffen werde.

»Vergiss aber deine Klavierübungen nicht, Fabrice«, mahnt mich Großmutter, wissend, wie wichtig es meinem Vater ist, dass ich den Klavierunterricht ernst nehme und sowohl die Lektionen bei meinem Klavierlehrer seriös vorbereite, als auch Vaters Übungen, die er mir zusätzlich aufgegeben hat, nicht vernachlässige.

Ich nickte ernst und stopfe mir ein mächtiges Stück Gugelhupf in den Mund, viel zu groß für mich, so groß, dass ich fast keine Luft mehr bekomme, husten muss, und unzählige Kuchenbrösel wieder auf dem Teller landen. Großvater klopft mir auf den Rücken, nennt mich einen Vielfraß und will wissen, ob ich verstanden habe, was Großmutter gesagt hat.

»Üben ist wichtig«, keuche ich, mich langsam vom Hustenanfall erholend.

Seit ich Vater in der Sibelius-Probe erlebt hatte, betrachtete ich ihn als einen übermächtigen Geisterbeschwörer, der mit magischen Gesten aus dem Nichts Töne hervorbringen konnte, ähnlich wie der Zauberkünstler, den ich im Fernsehen gesehen hatte und der ein Kaninchen aus seinem Zylinder erscheinen ließ.

Mir erschien die Musik damals als etwas Geheimnisvolles, etwas Zauberhaftes und Magisches, dem ich unbedingt auf den Grund gehen wollte und ich betrachtete meine Klavierstunden als die erste Stufe auf einem langen Weg zum Hexenmeister. Ich war mir sicher, dass ich dieses Ziel unbedingt erreichen wollte und hatte daher einen hohen Grad an Selbstmotivation, mich ans Klavier zu setzen und die Tonleitern rauf und runter zu spielen.

Wenn Vater zwischen seinen Konzerten mich wieder zu sich nach Hause holte und ich ihm stolz am Klavier meine Fortschritte präsentieren konnte, so war er fast immer voll des Lobes für meine Leistungen, was mich natürlich zusätzlich enorm anspornte und mir bestätigte, dass die vielen Übungsstunden ihren Zweck erfüllt hatten.

Ich war auf Kurs auf meinem langen Weg zum Hexenmeister.

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