Читать книгу Pultstar - Martin Geiser - Страница 43

9

Оглавление

Wenn ich meine Aufzeichnungen überfliege, die ich seither gemacht habe, breitet sich in mir Entsetzen aus. Habe ich das tatsächlich alles geschrieben? Ist das wirklich das Werk von einer einzigen Person, so wirr, so zusammenhangslos, ja, beinahe schizophren?

Und dann der nächste Gedanke: Wird das jemals jemand lesen? Bestimmt. Zumindest die Gendarmen, die mich finden werden, werden die Aufzeichnungen im Computer entdecken, sie ausdrucken und analysieren, vielleicht wird auch die Presse mit Auszügen bedient werden. Es soll doch die Weltöffentlichkeit erfahren, wie der Wahnsinnige denkt, der den großen Victor Steinmann umgebracht hat.

Doch eigentlich spielt das keine Rolle. Ich schreibe, weil ich sonst nichts anderes tun kann, weil ich hoffe, meine Gedanken etwas ordnen zu können, die Vergangenheit aufzuarbeiten, mir Gewissheit geben zu können, dass mein Handeln richtig war – für mich jedenfalls!

Sollen die Leser, die diese Niederschrift zu lesen bekommen, einen Einblick in mein Leben kriegen und selber zu einem Urteil kommen!

Ich werde nicht mehr da sein, werde die Stürme der Entrüstung nicht mehr mitbekommen. Seit ich hier unten in Südfrankreich bin, lese ich keine Zeitung, schaue nicht fern und surfe nicht im Internet. Ich weiß nicht, was über Vaters Tod geschrieben wird, habe keine Ahnung, ob die Polizei schon eine Spur hat. Gewiss wird man nach dem Sohn suchen, man wird sich fragen, wo er sich aufhält und warum er sich nicht meldet. Natürlich bin ich verdächtig für sie und eigentlich staune ich schon, dass Vaters Ferienhaus in Gigaro noch nicht durchsucht worden ist.

Es ist mir egal. Für mich gibt es kein Hier und Jetzt, nur die Gedanken an das Vergangene, an zerronnenes Glück und an grenzenlose Wut sind gegenwärtig.

Die Hilflosigkeit, nichts mehr ändern zu können und trotzdem die ständig herumschwirrende und mich quälende Frage, wo eine alternative Entscheidung meinem Leben eine andere Richtung hätte geben können. Die Selbstzweifel und das Bewusstsein, keine andere Wahl gehabt zu haben, mein Schicksal zu beeinflussen, überwältigen mich regelmäßig wie ein mächtiger und todbringender Tsunami.

Meine Aufzeichnungen – kein großer Bogen, keine Symphonie, nur Vater und ich. Ich und Vater. Variationen, wenn man so will, über ein einziges Thema: Musik.

Pultstar

Подняться наверх