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DIE ROTWEISSROTEN BABENBERGER

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Halten Sie mich bitte nicht für respektlos, aber an dieser Stelle sei mir als altem Wiener eine kleine Verniedlichung erlaubt, denn die Babenberger waren die ersten Herrscher in unserem Raum, die eine gewisse Popularität im Volk genossen. Also, es geht um die Poldln!


»Poldl« oder noch salopper »Poidi« belieben die Ostösterreicher gerne ihre Leopolds zu herzen. Insgesamt sechs Babenberger dieses erlauchten Namens geboten bis Mitte des 13. Jahrhunderts über Österreich, dazu kamen noch drei Heinrichs, zwei Friedrichs, ein Adalbert und ein Ernst. Sie alle bekamen neben Ordnungszahlen von den Chronisten mehr oder weniger heroische Beinamen wie »der Schöne«, »der Widerspenstige«, oder »der Siegreiche« verliehen.

Ihre Herrschaft darf man sich nicht wie aus einem Mittelalter-Märchenbuch zum Ausmalen vorstellen. Da saß kein alles überblickender Herrscher auf einem Thron, sondern die Markgrafen und Herzöge brauchten zum Regieren regionale Gehilfen, sogenannte Ministerialen, die in ihren Landstrichen obwalteten. Bisweilen waren diese Dienstadeligen – wie die berühmten Kuenringer auf ihrer Burg im Waldviertel – nur bessere Raubritter, die fast immer in die eigene Tasche arbeiteten, sich dann und wann einmal verselbständigten oder gar gegen die Landesherren erhoben.

Die Babenberger sahen auch bestimmt nicht so aus wie auf den Bildern, die wir von ihnen kennen, denn die populärsten und prächtigsten Darstellungen stammen aus dem 15. Jahrhundert, sind im Stift Klosterneuburg zu sehen und zeigen Herren mit Modebärten des Spätmittelalters.

Es war vor allem dem persönlichen Ehrgeiz dieser markgräflichen Familie zu verdanken, dass aus ihrem unwichtigen Stück Land, das an Bedeutung gegen Steiermark und Kärnten abfiel und im Vergleich mit mächtigen Königreichen wie Böhmen und Ungarn geradezu lächerlich wirkte, ein selbstständiges Herzogtum wurde. Sie pokerten hoch, drohten manchmal aus der Kurve zu fliegen, fingen sich aber durch politisches Geschick immer wieder.

Und das kam so: Wir erinnern uns noch an den Patronus der Antike, den Fürsten, der gottbegnadet auf Erden herrscht. Im Hochmittelalter hat er sich endgültig in weltliche und geistliche Macht aufgespaltet, und die beiden streiten miteinander, wer von beiden wessen Oberherr ist, sprich die erste Geige spielt: Papst oder Kaiser!


Im sogenannten Investiturstreit befetzen sich Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII. Da macht der Babenberger Leopold II. den Fehler, sich für die Sache des Papstes zu engagieren. Prompt nimmt ihm der Kaiser seine Mark weg und schenkt sie den Böhmen, die auch sogleich einfallen, doch der Babenberger kann die Mark trotzdem halten. Sein Sohn macht alles wieder gut. Markgraf Leopold III. schlägt sich auf Seite des Sohns Heinrichs IV., der gegen seinen Vater rebelliert und schließlich als dessen Nachfolger zu Heinrich V. wird. Dem treuen Gefolgsmann Leopold III. gibt er seine Schwester zur Frau, und das Prestige der Babenberger steigt enorm.

Leopold III. ist an Prominenz kaum zu übertreffen. Er macht der Kirche viel Freude, gründet Klöster wie Klosterneuburg und Heiligenkreuz. Dafür wird er später zum Schutzheiligen Österreichs erklärt.

Wir erinnern uns, dass man damals nicht heiliggesprochen wird, weil man etwa ein Gutmensch gewesen ist, sondern weil man alles richtig gemacht hat. Und das hat Leopold III., denn immerhin hat er Frieden zwischen weltlicher und geistlicher Macht gestiftet und damit der göttlichen Ordnung gedient. Seine postume Heiligsprechung (1485) ist so etwas wie ein Großer Goldener Verdienstorden.

Zu Lebzeiten verlegt er seine Residenz von Melk nach Klosterneuburg und beginnt die lange Tradition der Heiratspolitik österreichischer Herrscher: Seine Kinder heiraten nach Italien, Ungarn, Böhmen, Polen und Byzanz, also in das oströmische Kaiserreich.

Im großen deutschen Reich streiten derweilen die verfeindeten Häuser der Welfen und der Hohenstaufen miteinander. Der staufische Kaiser nimmt den Welfen das Herzogtum Bayern weg und überträgt es dem Babenbergergrafen Leopold IV. Auf ihn folgt eine vorerst etwas ungünstige Gestalt namens Heinrich, die aber trotzdem letzten Endes Erfolg hat. Als nämlich des vierten Poldis Nachfolger Heinrich II. Markgraf von Österreich und Herzog von Bayern wird, hat sich das Rad schon wieder weitergedreht, denn der neue Kaiser Friedrich Barbarossa will die Welfen versöhnen und gibt ihnen Bayern zurück.


»Ja so mir Gott helf!«, soll der ausgebootete Babenberger ausgerufen haben, der als »Heinrich Jasomirgott« große Karriere gemacht hat. Denn als Trostpflaster wird sein Österreich von Bayern endgültig unabhängig und vom Kaiser zum eigenen Herzogtum erklärt. Es ist sowohl in männlicher als auch weiblicher Linie vererbbar, und der Herzog muss dem Kaiser nur in jenen Fällen mit Militär zu Hilfe kommen, da der Krieg Österreich selbst unmittelbar betrifft – ein Sechser im Lotto der damaligen strengen und vor allem teuren Heerfolgeregelungen.

Im »Privilegium minus« vom 17. September 1156 ist das alles festgeschrieben, und der frischgebackene Herzog legt sich eine neue Hauptstadt zu, nämlich Wien.

Mit seiner byzantinischen Frau hält Heinrich Jasomirgott nun stolz Hof in seinem neuen Stadtschloss (noch heute »Am Hof« benannt) und ruft gelehrte iro-schottische Mönche für die Gründung eines Schottenstifts in die Donaumetropole. Wien wird der wichtigste Ort einer Wirtschaftsregion, die weit über das Herzogtum hinausreicht. Entlang der Donau öffnen sich west- wie ostwärts die Tore zur Welt, flankiert von höchst ertragreichem Land, das mit neuen Geräten wie einem Pflug mit Eisenrädern effektiv bearbeitet wird. Als die Wiener dann später auch noch das Stapelrecht erhalten, ist das gleichbedeutend mit einem Handelsmonopol an der wichtigsten Wasserstraße zwischen dem Deutschen Reich und Ungarn bis hinunter nach Byzanz.

Die Erfolgsstory geht weiter, als die Babenberger nach dem Gewinn des westlichen Mühlviertels von Bayern durch einen raffinierten Vertrag, die »Georgenberger Handfeste«, vom kinderlosen Herrn Otakar das reiche Herzogtum Steiermark erben. Es bringt den Babenbergern fette Erträge aus dem Erzberg und öffnet die südliche Handelsroute nach Venedig. Da schert es den glücklichen Doppelherzog Leopold V. wenig, dass er vom Papst vorübergehend exkommuniziert wird, weil er 1192 einen prominenten Christenmenschen und Kreuzfahrer entführt und in Dürnstein eingesperrt hat. Als Gegenwert für den englischen König Richard I. Löwenherz bekommt Leopold so viel Lösegeld, dass er darum eine Straße von Wien in die damals steirische Metropole Wiener Neustadt bauen lassen kann. Er lässt neue Stadtmauern hochziehen und neue Münzen prägen.


Zerstritten hätten sich Poldl der Fünfte und der Engländer wegen einer leidigen Eitelkeitsaffäre auf den Mauern der Festung Akkon während des Dritten Kreuzzuges, heißt es. Jenem Leopold, »dem Tugendhaften«, verdanken wir angeblich die österreichische Farbkombination Rot-Weiß-Rot, da sich diese Couleur ergeben hätte, als von seinem blutgetränkten Gewand nur der Schwertgurt, die Binde, einen weißen Streifen freigelassen hätte – der Bindenschild war geboren! Eine martialische Legende – lernen Sie sie gut auswendig!

Tatsächlich waren die Farben Rot-Weiß-Rot einfach die Fahne der Kärntner Herzöge aus dem Geschlecht der Eppensteiner, und die Babenberger hatten sie so friedlich geerbt wie die ganze Steiermark. Aber vergessen Sie die Wahrheit gleich wieder! Die Blutoper aus Akkon ist viel süffiger und griffiger …

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