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3.3 Formulieren Sie Ihr Thema möglichst präzise!

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Setzen Sie sich eingehend damit auseinander, worüber Sie schreiben wollen und formulieren Sie Ihr Thema so präzise wie möglich. Abschließend finden Sie ein Beispiel, welches nochmals die große Bedeutung der Forschungsfrage verdeutlicht.

Ob sich ein Autor Gedanken gemacht hat, worüber er schreiben will, erkennt man im Allgemeinen bereits an der Präzision der Themenstellung. Je mehrdeutiger, diffuser (und zumeist länger) das formulierte Thema ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Autor nicht genau weiß:

Welches Thema will (oder muss) ich bearbeiten?

Welche Art von Forschungsfrage will ich beantworten?

Deshalb: Suchen Sie nicht nach beeindruckenden Floskeln und Phrasen, sondern formulieren Sie Ihr Thema so einfach und konkret wie möglich. Der darin angesprochene Sachverhalt sollte ausdrücken, mit welcher Frage Sie sich beschäftigen.

Mit einem gestelzt oder komplex klingenden Thema werden Sie Ihren Prüfer nicht beeindrucken können.

Vor etlichen Jahren bat mich ein Kollege, eine Diplomarbeit zu folgendem Thema zu betreuen:

„Analyse und Optimierungsansätze durch Process Reengineering im Sinne des Customer Relationship Management für die ‚Wohn- und Schmuck-Beratung‘: eine Abteilung im Konfliktfeld zwischen Kundenorientierung und Wirtschaftlichkeit“

Mit Blick auf die Themenstellung, welche äußerst komplex erscheint, ist es zweckmäßig, sich nochmals die Anforderungen an wissenschaftliche Arbeiten zu vergegenwärtigen. Zentraler Gegenstand ist bekanntermaßen, eine eindeutig fixierte Frage – ggf. mit konkretem Bezug zur Praxis – auf wissenschaftlichem Weg zu beantworten. Vor diesem Hintergrund hatte ich den Verfasser der Arbeit damals (frühzeitig) darauf aufmerksam gemacht, dass das von ihm gewählte Thema ambivalent und unwissenschaftlich sei und kein Ergebnis erwarten ließe, das den Anforderungen an eine wissenschaftliche Arbeit entspreche.

Der Diplomand war indessen nicht bereit, das einmal gewählte Thema den Erfordernissen anzupassen. Das Ergebnis war grauenhaft … aber absehbar. Warum? Hier nur einige wenige Gründe für das Scheitern, die sich bereits aus dem Titel ergaben:

• Der darin verwendete Begriff „Analyse“ hat zu keinem anderen Bestandteil einen erkennbaren Bezug.

• Manche Formulierungen sind sprachlich unsauber (z.B. „im Konfliktfeld zwischen“) bzw. ergeben sprachlogisch keinen Sinn (z.B. „Optimierungsansätze durch Process Reengineering“).

• Was hat man unter „Process Reengineering ‚im Sinne des‘ Customer Relationship Management“ zu verstehen?

• Muss zwischen Kundenorientierung und Wirtschaftlichkeit notwendigerweise ein Konflikt bestehen?

• Ein wissenschaftlicher Gehalt (z.B. empirische Analyse zur Prüfung einer bestimmten Theorie; erkennbarer Beitrag zur Kundenzufriedenheitsforschung) ist dem Thema nicht zu entnehmen.

Nehmen wir der Einfachheit halber an, das Thema sei sinnvoll gewesen: Der Diplomand hätte sich dann im Grundlagenteil seiner Arbeit zumindest mit folgenden Fragen beschäftigen müssen:

• Was bedeutet Customer Relationship Management? Allerdings setzte sich der Autor mit diesem zentralen Konstrukt nicht einmal rudimentär auseinander; vielmehr subsumierte er diesem Konzept die Begriffe „Kundenorientierung“, „Kundenzufriedenheit“ und „Kundenbindung“, ohne dies zu begründen oder dafür einschlägige Quellen zu nennen. Dabei übersah er sogar, dass diese Bezeichnungen allenfalls Konsequenzen des Customer Relationship Management sind, keineswegs jedoch Instrumente zur Durchsetzung eines adäquaten Managementkonzepts.

• Was bedeutet „Process Reengineering“? Und welche Optionen nennt die wissenschaftliche Literatur, um Prozesse zu „re-engineeren“? Auch diese Frage blieb unbeantwortet.

• Welche Erkenntnisse liefert die einschlägige wissenschaftliche Literatur in Bezug auf

▷ Analyseinstrumente, mit denen Unternehmen grundsätzlich „Process Reengineering“ betreiben können?

▷ Ansätze zur Optimierung des Customer Relationship Managements?

• Was versteht man unter Wirtschaftlichkeit? Und muss Wirtschaftlichkeit tatsächlich mit Kundenorientierung konfligieren – wie der Autor im Titel seiner Arbeit behauptet?

All diese (und zahlreiche weitere hier nicht zu diskutierende) Defizite geben zu erkennen, dass ein wissenschaftlicher Hintergrund nahezu vollkommen fehlt.

• Die übergroße Mehrheit der im Titel verwendeten Begriffe hat der Verfasser in seiner Diplomarbeit nicht definiert, geschweige denn diskutiert.

• Theorien bzw. theoretische Ansätze erwähnte er nicht einmal.

• Den „State of the Art“ zum Thema „Customer Relationship“ oder gar zum „Customer Relationship Management“ stellte er ebenfalls nicht dar – auch nicht ansatzweise. Neue (oder neuere) wissenschaftliche bzw. empirische Erkenntnisse fehlten vollkommen.

• Die Arbeit war deskriptiv und hatte für die Praxis so gut wie keinen Nutzen, da sich auch Konsequenzen, die aus den empirischen Daten hätten abgeleitet werden können, nur vereinzelt fanden.

• und und und

Viele der skizzierten Mängel wären vermeidbar gewesen, wenn der Verfasser dieser „wissenschaftlichen“ Arbeit von vornherein eine konkrete Forschungsfrage formuliert und bearbeitet hätte. Ergo: Voraussetzung für ein gutes wissenschaftliches Werk ist demnach, dass man genau weiß, worüber man schreibt.

Fassen wir den Inhalt von Kap. 3 zusammen:

• Wir wissen nun, womit wir uns beschäftigen (= Thema).

• Wir wissen außerdem, was wir wissen bzw. wie wir grundsätzlich vorgehen wollen (= Forschungsfrage).

Begeben wir uns nun auf Einkaufstour; wir benötigen erstklassige Zutaten!

Wissenschaftlich schreiben leicht gemacht

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